Der verborgene Erbe. Billy Remie. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Billy Remie
Издательство: Bookwire
Серия: Legenden aus Nohva 5
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742739742
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– Ihr oder Euer Erbe – werden mich freigeben. Ich werde Euch oder ihn daran erinnern, wenn die Zeit gekommen ist.«

      »Ein Zyklus, sagst du?« Lugrain rieb sich das Kinn, denn auch Zazar hatte ihn davor gewarnt, die Prophezeiung zu erfüllen.

      »Ja. Aber auch Prophezeiungen sind abzuwenden, mein König, jedoch nur, wenn man selbst ein Gott ist … oder zumindest ein halber Gott.« Die Gottheit grinste listig.

      Lugrain verstand sofort, sein Gesicht erhellte sich. »Zazar …«

      Die Gottheit nickte. »Er wird Eure Seele gänzlich befreien. Und ich werde dafür sorgen, dass ihm nichts geschieht, sollte die Zeit dafür reif sein. Ihr habt mein Wort, König.«

      Nun war Lugrain ganz Ohr. »Du schwörst mir, Zazar zu beschützen?«

      »Ja«, versprach die Gottheit. »Mit allen erdenklichen Mitteln. Selbst wenn es bedeuten würde, ihn zum Feind der Götter zu machen. Ich werde dafür sorgen, dass er sicher vor ihnen ist, damit er zu gegebener Zeit den Zyklus brechen kann.«

      Lugrain spürte sein Herz flattern. Seit er gegen Zazars Willen entschieden hatte, sein Leben für seine Heimat zu opfern, fühlte er sich ihm gegenüber schuldig. Er hatte in seiner Traurigkeit über Zazar hinweg entschieden, ihn zu verlassen, um Surrath wiederzusehen. Jetzt hatte er die einmalige Gelegenheit, wenigstens dafür zu sorgen, dass Zazar sicher sein würde.

      Doch das würde seinen Geliebten nicht vor der Einsamkeit schützen, die ihm bevorstand.

       »Das halte ich für töricht, nur damit du es weißt.«

       Bitte, sei ruhig, lass mich denken.

      Er war es Zazar schließlich schuldig. Immerhin hatte Zazar zugestimmt, Lugrains letzten Wunsch wahr werden zu lassen. Er schloss für einen Moment die Augen und ergab sich der Vorstellung, wie so oft seit er Zazar kannte. Er sah ihn bereits in seiner Bettstatt liegen. Nackt. Er sah sich bereits hinabbeugen und den schlanken Hals lecken. Schmeckte bereits die Haut. Spürte bereits die schlanken, kühlen Finger an seinem erhitzten Körper. Fühlte bereits dunkles, kräftiges Haar in seinen Händen … Nach all der Zeit, in der er sich so sehr danach gesehnt hatte, würde Zazar ihm seinen innigsten Wunsch erfüllen. Denn schon übermorgen könnte der Kampf soweit sein. Schon in zwei Nächten könnte er sterben … Und zuvor würde er Zazar noch das egoistische Versprechen abnehmen, nie mehr bei einem anderen Mann zu liegen. Denn diesen Gedanken könnte er nicht ertragen, selbst im Tode nicht.

      Er hatte viele Männer geliebt. Nach Surraths Tod hatte er in vielen Lagern gelegen, er hatte zugelassen, dass die zarten Berührungen von Menschen ihn eine Weile heilten, aber es war immer nur ein schwacher Trost gewesen, nur Ablenkung. Zazar … Zazar war der eine, den er immer begehrt hatte. Der eine, für den er eine seltsame Liebe empfand. Tief und innig, eine geradezu verzweifelte Liebe.

      Doch sein Herz hatte immer nur Surrath gehört.

      Immer.

      Aber Surrath wartete bereits in der Nachwelt. In der Welt, in die Zazar ihnen nicht folgen konnte. Lugrain war innerlich zerrissen, weil er nicht sagen konnte, was er lieber täte. Hier bei Zazar bleiben oder sterben und Surrath wiedersehen.

      Letztlich war es eine Entscheidung, die sein Herz für ihn traf. Er würde sterben. Surrath war der Mann, zu dem er gehörte.

      »In Ordnung«, hörte er sich sagen und öffnete die Augen. »Ich bin einverstanden mit dieser Abmachung.«

      Die Herrin der Gewässer grinste.

      Lugrain hob sein Schwert und legte die Klinge in die andere Handfläche, er zog die silberne Schneide über die Haut. Sie war so scharf, dass er keinerlei Druck benötigte, um Blut hervorfließen zu lassen.

      Er streckte die Hand nach unten. »Ein Blutbann.«

      Lachend kam die Gottheit auf die Beine. »Nein, König Lugrain, so bannt man einen Dämon. Aber ich bin ein uralter Gott. Zwar vergessen, aber dennoch göttlicher Natur.« Sie umfing sein Handgelenk mit sanften Fingern, führte seine Hand zu ihrem Mund und leckte keck über die Wunde.

      Ungläubig zog Lugrain seine Hand wieder zu sich heran. Die Wunde war geschlossen, nur ein leichter Striemen blieb auf der Haut zurück.

      »Und wie bannt man einen Gott?«, fragte er befürchtend.

      Die Gottheit flog geradezu auf ihn zu und schmiegte sich an ihn wie ein Seidentuch, das von einer warmen Windböe gegen ihn geblasen wurde.

      »Mit Schmerz und Blut bannt man Dämonen«, hauchte sie und nestelte mit den Fingern an der Schnürung seines Umhangs. »Mit Freude und Liebe einen Gott.«

      Lugrain versteifte sich …

      »Ähm.« Er umfing ihre Handgelenke, entfernte sie verlegen und trat nervös einen Schritt zurück. »Ich fürchte, dazu wird es nicht …«

      »Oh, verzeiht, König.« Sie lachte sich in ihre Hand, ihre Wangen färbten sich rot. Sie sah an sich hinab und bemerkte: »Das ist die falsche Gestalt, nicht wahr?«

      Mit einer schnellen Drehung veränderte die Gottheit ihren Körper. Aus der wunderschönen jungen Frau wurde der anmutige junge Mann der anderen Seite der Statue.

      Lugrain blinzelte, zweifelte allmählich an seinem Verstand.

      »So ist es recht?«, fragte der Gott mit plötzlich dunkler, rauchiger Stimme.

      Lugrain räusperte sich verlegen. »Ich … ähm …«

      »Niemand wird es je erfahren«, versprach er mit dunkler Stimme und löste die Spange der weißen Tunika. Sie fiel raschelnd zu Boden, und er stand nackt da. Das mystische Licht aus dem See der Grotte strahlte auf seinen sagenhaften Körper. Er war wunderschön. Anmutige Muskeln, groß und schlank, wie ein junger Schwertkämpfer. Die Schultern breiter als die umwerfend schmalen Hüften … Lugrain hätte ihn gern von hinten gesehen …

      Er schüttelte den Kopf. Wusste, dass seine Trance teils davon verursacht wurde, dass er sterblicher Natur war und von einem Gott verführt wurde.

      Doch als der Gott an ihn heran schwebte und erneut an seinem Umhang nestelte, hielt Lugrain ihn nicht zurück.

      Der Umhang fiel zu Boden, und Lugrain starrte mit dunkler Lust in die großen Augen des perfekten Gesichts. »Was ist deine wahre Gestalt?«

      »Ich bin ein Gott«, erinnerte er Lugrain schmunzelnd, »genau genommen habe ich keine wahre Gestalt. Ich bin weder richtig männlich, noch richtig weiblich. Ich bin göttlich.«

      Lugrains Finger wanderten wie von selbst in das kühle, dunkle Haar, das ihn vom ersten Anblick an sehr an Bellzazars schönes Haar erinnert hatte. Es war kurz, aber dennoch nicht zu kurz, sodass es ihm ein Leichtes war, in die kräftigen Strähnen zu packen und den Kopf in den Nacken zu zwingen. Vor ihm präsentierte sich eine schlanke Kehle. Er beugte sich vor und fuhr mit der Zunge eine kräftige Sehne entlang nach oben.

      Hatte je ein Sterblicher die Haut einer Gottheit kosten dürfen? Selbst wenn es sich hier nur um einen Gott handelte, an den niemand mehr glaubte?

      Er hob den Kopf und sah in das lüsterne Gesicht, das ebenso begierig zu sein schien wie er selbst es war. »Wie lautet dein Name?«

      Der Gott antwortete schmunzelnd: »Levidetha.«

      »Haben wir eine verbindente Abmachung, Levidetha?«

      »Ja, König Lugrain.« Levidethas Finger fuhren gespreizt über Lugrains Brustpanzer nach oben und zerrten ihn dann an den Schultern zum Altar. »Liegt bei mir, und wenn Ihr gut genug seid, habt Ihr die See gebannt. Kommt, und nehmt mich. Kostet von dem, das nur wenige vor Euch kosten durften. Zeigt mir, welche Macht in einem wahren König steckt, und wenn sie mir groß genug erscheint, lass ich mich bezwingen.«

      »Und wenn nicht?«

      Nicht, dass er Zweifel an seinem Können diesbezüglich hätte.

      Levidetha grinste: »Nur ein wahrhaft mutiges Herz vermag es, einen Gott zu bannen. Seid Ihr nur dem Titel nach ein König,