Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Billy Remie
Издательство: Bookwire
Серия: Legenden aus Nohva 3
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742790316
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in meinen Venen« - ich dachte an das Fieber und mein kochendes Blut - »Ein Drache, zum zähmen, wird schwer zu finden sein ... aber die Hexe ...«

      »Was schwebt dir vor?«, fragte Derrick neugierig.

      Ich hatte mich an etwas erinnert, bevor Janek mich abgelenkt hatte, und nun ließ ich Derrick daran teilhaben: »Mein Vater sprach einst von einer Gruppe Flüchtlinge aus Nohva, die kurz vor meiner Geburt nach Carapuhr gekommen waren. Darunter auch ein magischer Säugling. Einige Jahre, kurz bevor du zu uns gestoßen bist, kam mir zu Ohren, dass aus dem Kind ein magiebegabtes Mädchen geworden ist. Eine so mächtige Hexe, dass selbst mein Vater nach ihr suchen ließ, aber er hatte sie nicht finden können.«

      »Vielleicht sind sie zurück nach Nohva«, vermutete Derrick.

      Zweifelnd schüttelte ich den Kopf. »Auf Nohvas Thron sitzt noch immer ein Verräter. Wenn diese Gruppe Flüchtlinge Anhänger des wahren Königs gewesen waren, und das müssen sie sein, sonst wären sie nicht geflüchtet, sind sie sicher nicht zurückgegangen, um sich hinrichten zu lassen.«

      Derrick war frustriert. »Toll. Und wie willst du die Hexe finden?«

      Ich zuckte mir den Schultern, warf jedoch ein. »Den Soldaten des Königs verrät man vielleicht nicht viel, aber wenn Männer von der Straße nach einer Hexe suchen, wird das gemeine Volk vielleicht ehe Informationen herausgeben.«

      »Du willst in die nächste Stadt und Fragen stellen?«, wollte Derrick wissen.

      Ich nickte zustimmend und sah das Problem nicht.

      »Das wird einiges an Aufmerksamkeit auf uns ziehen.«

      »Mag sein«, stimmte ich zu und trank meinen Met aus. »Aber dieses Risiko muss ich eingehen.«

      Derrick war nicht glücklich damit, aber er nickte einverstanden. Er hatte keine weiteren Ratschläge für mich. »Deshalb hast du Kostja mit einem kleinen Spähertrupp fortgeschickt, sie sollen die nächsten Dörfer auskundschaften.«

      »Je mehr Leute wir befragen, je größer unsere Chancen.«

      »Und je größer die Aufmerksamkeit, die wir auf uns ziehen.«

      »Wir haben uns genug versteckt«, gab ich gelassen zurück. »Soll mein Vater ruhig seine Truppen schicken, die uns nachjagen, wir werden ihnen immer einen Schritt voraus sein.« Hoffte ich jedenfalls. Ich tat gerne so, aber allwissend war ich nun wirklich nicht. Wie jeder andere Mensch konnte ich bei risikoreichen Plänen einfach nur das Beste erhoffen.

      Ich hatte keine Angst vor meinem Vater und seinen Truppen, auch nicht vor den Elkanasai. Das einzige, was mir Sorgen bereitete, war das Fieber in meinem Körper. Ich benötigte diese Hexe also aus zwei Gründen, und der zweite war drängend.

      »Und wenn wir nichts über eine Hexe in Erfahrung bringen können?«, wollte Derrick wissen.

      »Mein Onkel war es, der damals nach ihr gesucht hat«, erinnerte ich mich. »Wenn alles Fragen uns nicht weiterbringt, müssen wir dem ehrenwerten Baron wohl einen Besuch abstatten.«

      »Er wird dich wiedererkennen«, fürchtete Derrick mit seinem Hundeblick, der mich jedes Mal fast einknicken ließ. Aber eben nur fast. Freunde konnten entmutigend sein, vor allem wenn es sich um solche Freunde wie Derrick handelte, die immer alles objektiv sahen.

      »Vermutlich, ja«, murmelte ich gen Boden.

      Derrick erinnerte mich: »Er ist trotz aller Differenzen deinem Vater ein treuer Ergebener. Er ist des Königs Bruder!«

      »Er ist ein Baron, der seinem König wegen seiner Ländereien treu bleibt«, warf ich ein. »Ich werde König sein. Irgendwie. Irgendwann. Wir sollten den Baron eben darauf hinweisen, dass er an die Zukunft denken sollte.«

      »Irgendwie, irgendwann«, wiederholte Derrick. »Genau das wird der Baron vorbringen. Du bist noch kein König, und unsere Chancen, dass du es je sein wirst, sind sehr, sehr gering.«

      Ich starrte vor mich hin, mit bösem Blick, als wollte ich direkt in die Zukunft blicken und sie allein durch die Bedrohung in meinen Augen dazu bringen, mir wohlgesonnen zu sein.

      »Abwarten«, sagte ich zu Derrick. »Dem Baron werden wir selbstverständlich anderes erzählen. Wir werden ihm unsere besondere Stärke demonstrieren ... und wenn wir ihn nicht überzeugen können, zwingen wir ihn eben.«

      Ich hatte meinen Onkel immer gemocht. Er war ehrenhaft, ein liebender Vater und Onkel gewesen. Er hatte sogar das erste Kind meines Vaters aufgenommen, meine Halbschwester Romy, ein Bastard, und sie wie seine eigene Tochter aufgezogen. Mein Onkel hatte mich immer zum Lachen gebracht, er hatte mir Geschenke mitgebracht, mir und meinen Brüdern, er war auch bei der Geburt der Zwillinge anwesend gewesen, anders als mein Vater. Ich mochte den Baron wirklich sehr, meiner Erinnerungen an ihn waren alle schöne, warme Kindheitserinnerungen. Aber wenn sich der Baron gegen mich stellen wollte, oder mir auch nur im Weg war, würde ich ihn töten. Ich hatte Männer aus geringeren Anlässen getötet, vor meinem Onkel machte meine Konsequenz nicht Halt.

      Derrick nickte und starrte vor sich hin.

      »Es ist spät«, sagte ich trocken. Ein kleiner Hinweis darauf, dass er gehen sollte.

      Aber er ging nicht, er nickte nur erneut zustimmend.

      »Ist noch was?«, fragte ich harsch.

      Derricks Augen sahen in meine. Das Silber, das mir entgegenstrahlte, schimmerte im Schein der Kerzen. Ich war neidisch auf diese einzigartige Augenfarbe.

      »Nein, ich ... ich wollte nur ...« Derrick stammelte und verstummte schließlich. Für den Bruchteil einer Sekunde huschte sein Blick zum Bett.

      Ich lächelte grimmig. »Gute Nacht, Derrick.«

      Er nickte erneut, zum dritten Mal kurz hintereinander. Für einen Moment saß er noch auf meinem Stuhl, er schien verletzt, wie ein getretener Hund. Weshalb, vermochte ich nicht zu erraten. Wenn er sich erhofft hatte, dass ich ihn in jede Einzelheit meiner Pläne einweihte, hatte er sich getäuscht, ich verrate nie alles, was mir im Kopf herumging. Davon abgesehen, wusste ich selbst noch nicht, wie ich diese unmögliche Aufgabe, die mir und ihm bevorstand, absolvieren sollte, ohne dabei drauf zu gehen.

      Derrick räusperte sich, er hatte sich wieder gefangen. Er stand mit einer gleichgültigen Miene auf und verließ mein Zelt ohne ein weiteres Wort.

      Nachdem er gegangen war, fühlte ich mich seltsam allein.

      ***

      Als ich am nächsten Morgen aus meinem Zelt trat, ging es mir noch schlechter als am Abend zuvor. Geschlafen hatte ich wenig, die meiste Zeit hatte mich das Fieber geschüttelt, hinzu war eine fast unüberwindliche Übelkeit gekommen, ich hatte die halbe Nacht damit zugebracht, den Met wieder hervorzuwürgen. Zum Glück hatte sonst niemand etwas davon bemerkt.

      Vor meinem Zelt prasselte das Lagerfeuer, meine Brüder saßen verteilt im Lager und nahmen das Frühstück zu sich. Der Geruch von gebratenem Fleisch und warmen Wein drehte mir fast erneut den Magen um.

      Ich zog den Fellumhang enger, den ich mir um die Schultern geschlungen hatte. Mir war kalt, eiskalt, obwohl mir noch nie zuvor in meinem Leben kalt gewesen war. Zumindest nicht so. Trotzdem floss der Schweiß in Strömen.

      Unter diesem Umhang hatte ich bereits meine Rüstung angelegt, ich versteckte meinen angeschwollenen Unterarm und die dort hervorgetretenen Adern, die seltsam violett leuchteten. Mein Blut war schlecht, ich musste kein Heiler sein um es zu wissen, aber anders als ich gedacht hatte, kam die Endzündung nicht von der Wunde in meiner Schulter, sondern von der kleineren Wunde in der Handinnenfläche.

      »Eure Majestät?«

      Im ersten Moment reagierte ich nicht. Doch dann erinnerte ich mich, wer ich war und fuhr zu dem Mann herum, der mich angesprochen hatte.

      »Janek.« Ich rang mir ein halbherziges Lächeln ab. »Schön, dich zu sehen.« Ich hatte gewusst, dass er nicht gehen würde.

      Er hielt mir einen Becher und eine Tonschüssel entgegen und betonte: »Ihr solltet essen,