Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Billy Remie
Издательство: Bookwire
Серия: Legenden aus Nohva 3
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742790316
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ihn ansah.

      »Merk dir das gut«, erwiderte ich. Es war sowohl ein gut gemeinter Ratschlag als auch eine ernstzunehmende Drohung.

      Wir eilten fort von dem Geheimausgang, als wir die Elkanasai hinter uns hörten.

      »Stopp!« Mitten auf einer Wiese blieb ich stehen und drehte mich um.

      Janek tat es mir gleich und spannte den Bogen. Viele Pfeile hatte er nicht mehr. Aber wenn ich sie in der Halle nur lange genug hatte aufhalten können, würde er sie auch nicht mehr benötigen.

      Erst kamen sie vereinzelt aus dem Waldrand hervor, doch sie waren nicht dumm, sie formierten sich neu, ehe sie uns angreifen wollten.

      Dann kamen sie. Eine Wand aus Soldaten, ein Meer, das die Wiese überflutete und unaufhaltsam auf uns zuraste. Hier draußen würden sie mich und Janek einfach überrennen, die enge des Gebäudes war zuvor unser Vorteil gewesen, auf den wir nun nicht mehr zurückgreifen konnten.

      Janek zappelte nervös neben mir.

      Ich starrte die Reihen an, die mit gezogenen Schwertern und Speeren auf uns zueilten, Schilde blitzten im Sonnenschein, der durch die dicken Schneewolken am Himmel brach, und Kriegsgeschrei wehte zu mir hinüber.

      »Komm schon«, flüsterte ich vor mich hin, als sagte ich ein Gebet auf. »Na komm schon!« Immer tiefer versanken meine Schuhe im aufgeweichten Boden, es stank nach Dung auf dieser Wiese. Bald würde es auch nach Tod riechen.

      Und dann hörte ich sie. Die Hufe. Schwere Hufe starker Pferde, die mit donnerndem Galopp hinter uns auftauchten.

      Ich drehte mich um und sah Derrick an der Spitze. In V-Formation flogen sie heran wie ein Gewittersturm, und auch eben so laut. Derrick zog sein Schwert und streckte es mit einem Brüllen in die Luft. Meine Männer, meine Brüder stimmten in den Kampfschrei mit ein.

      Janek atmete neben mir fassungslos aus. »Ich dachte, ihr währt nur eine Handvoll Söldner.

      »Siebenundsiebzig sind doch nicht viel«, gab ich bescheiden zurück. In Wahrheit hätte ich gerne sehr viel mehr Männer gehabt. Wir waren einst auch zahlreicher gewesen, doch das Leben in Carapuhr war hart. Ich konnte meine Brüder nicht so schnell ersetzen wie sie manchmal fielen. Zumal ich nicht jedem dahergelaufenen Anwärter einfach so aufnahm.

      Der Sog des Windes, der von den Pferden verursacht wurde, riss mich fast von den Beinen als sie im vollen Galopp ziemlich knapp an mir vorbeirannten.

      Ich folgte Derrick und meinen Brüdern um mich erneut ins Getümmel zu stürzen.

      Es war nun einfacher zu kämpfen, denn ich hatte mehr Platz und musste mich nicht allein gegen fünf, sechs Angreifer stellen.

      Ein Schwerthieb hier, ein Hieb dort. Eine Pirouette, als würde ich tanzen, eine X in der Luft, um zwei Angreifer gleichzeitig zu verletzen. Ducken, austeilen, abrollen, ausweichen. Alles schon mal getan, alles nichts Neues. Und doch ging ich bedachter vor als in der Halle. Vielleicht weil ich nicht riskieren wollte, einen meiner Männer in meinem Wahn zu verletzen.

      Wir hatten die Meute schon fast ausgelöscht, als ich während des Kampfes Janek beobachtete, der sich nervös umsah, als wollte er schnell fliehen.

      Ich erstach einen Elkanasai und trat einen weiteren direkt in Lazlos Klinge.

      Neugierig warf ich wieder einen Blick zu Janek, doch da war er schon verschwunden.

      Es kitzelte mich im Nacken. Hatte ich mich in ihm getäuscht?

      Wut auf mich selbst flammte auf, ich wurde langsam nachsichtig ... oder einfach zu gutgläubig.

      Wo war Janek hin?

      Nach kurzem Umsehen fand ich ihn auf den Wald zueilen, wieder in Richtung des Dorfes.

      Einem Instinkt folgend, rannte ich ihm nach.

      »Warte! Bruder, nein!«, reif mir Derrick vergebens nach.

      ***

      Ich holte Janek im belagerten Dorf ein. Dort war es nicht sicher, denn uns waren nicht gänzlich alle Soldaten gefolgt, einige wollten das Dorf schützen.

      Janek rannte durch das Tor, er nahm mir etwas Arbeit ab, als er zwei seiner Leute mit dem Dolch erstach.

      Ich stockte, wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Warum rannte Janek zurück zum Dorf, wenn er sich nicht wieder seinen Leuten anschließen wollte? Möglicherweise wollte er einfach nur alle abmetzeln.

      So musste es sein!

      Ich zuckte mit den Schultern und folgte ihm zu den Gebäuden. Hinter mir konnte ich bereits wieder Pferdehufe hören, die über matschigen Boden heran geeilt kamen. Es waren nicht alle meine Brüder, Derrick hatte nur eine Handvoll dabei um mir zu folgen.

      »Namenloser!«, rief Derrick.

      Ich drehte mich zu den herannahenden Reitern um und rief ihm entgegen: »Nehmt das Dorf ein, wir treffen uns am Südtor!«

      »Warte!«

      Aber ich wartete nicht.

      Janek zu verfolgen war nicht einfach. Ein Elkanasai war flink, wie eine Maus. Manchmal bemerkte man sie gar nicht.

      Bei mir sah das jedoch anders aus. Ich als großer Barbar wurde schnell erkannt, wo Janek unbemerkt hindurch huschen konnte.

      Also kämpfte ich, während ich Janek nachrief, und ließ hinter mir eine Spur aus blutigen Leichen zurück. Derrick würde ihnen ohne Zweifel folgen wie ein Huhn verstreuten Brotkrumen.

      »Janek!«, reif ich sauer, weil ich ihn aus den Augen verloren hatte.

      An einer Kreuzung fand ich ihn jedoch wieder und ich rannte ihm durch eine Gasse nach. Nur um dann festzustellen, dass er gehetzt zu den Ställen lief.

      Es roch nach nassem Heu, Pferden und Ziegen, je näher ich kam. Das Scheunentor wankte noch in den Scharnieren, nachdem Janek wie ein Windzug hindurchgefegt war.

      Ich packte die quietschende Tür aus grauem, morschem Holz, weil mir das schrille, lang gezogene Geräusch von aufeinander reibenden Scharnieren noch heute einen Schauer über den Rücken schickte. Es klang wie der Todesschrei von Kindern und Frauen ...

      Ich schüttelte mich, wollte nicht daran denken, und ging in die Scheune.

      Ich fand Janek am Boden hockend mit dem Rücken zu mir und legte ihm die Spitze meiner Klinge auf den Rücken.

      »Es tut mir leid«, flüsterte Janek, ohne mich anzusehen. »Ich wollte Euch nicht in Gefahr bringen, deshalb ging ich allein.«

      »Du sahst, dass ich dir nachrannte«, warf ich ihm ruhig aber schneidend vor. »Du hättest einfach stehen bleiben sollen.«

      »Ich musste schnell nach ihr sehen«, erklärte sich Janek und richtete sich etwas auf.

      Erst jetzt bemerkte ich das Wesen, das er im Arm hielt.

      Irritiert zog ich eine Augenbraue hoch, ich glaube, ich hatte in meinem ganzen Leben nie wieder einen solch blöden Gesichtsausdruck wie in diesem Moment.

      Mit traurigen Augen und herabhängenden Mundwinkeln sagte Janek: »Sie haben sie mir weggenommen, als sie mich anklagten. Ich wusste nicht, ob sie noch lebt ... ich musste einfach nachsehen.«

      Mein Mund klappte auf, ich dachte, er würde scherzen.

      Hörte man sich lediglich Janeks Worte an, hätte man die Vermutung haben können, er spräche von einer Frau, vielleicht von einem Mädchen. Seiner Tochter? Möglicherweise glaubt man sogar, er spräche von einem Hund, einer Katze ... ich hätte ein Pferd für wahrscheinlicher gehalten als das, was er tatsächlich liebevoll im Arm hielt.

      »Das ist eine Ziege«, sagte ich plump.

      Janek blinzelte zu mir auf. »Ja.«

      Ich atmete aus und steckte mein Schwert ein. »Steh auf.«

      Janek schluckte schwer, tat aber sogleich, was ich verlangte.

      Mit eingezogenem Kopf