Diese disharmonische Dynamik, die selbst vor den scheinbar zweckrational agierenden und dem Wohl des Unternehmens in besonderem Maße verpflichteten Vorstandsetagen keinen Halt macht, kommt in der so treffend formulierten „Managerformel“ anschaulich zum Ausdruck. Da heißt es:
Ein Drittel der Arbeitszeit ist zu reservieren, um am Stuhlbein des Konkurrenten zu sägen (z. B. nicht informieren, tendenziös unterrichten, Emotionen bedienen, Gerüchte in Umlauf setzen, PR- Arbeit auf Kosten des anderen). Ein weiteres Drittel bleibt der Abwehr vorbehalten, um die Sprengkörper unter dem eigenen Stuhl zu entschärfen (z. B. Gegendarstellungen, überflüssige Vorlagen, Abwehrgespräche führen, Verbündete verpflichten, Fangnetze legen). Was für die Sache noch verbleibt, ist ein Drittel der Zeit für die eigentliche Arbeit, aber weit weniger an Energie.
Diese Formel mag übertrieben klingen. Doch viele Besprechungen lesen sich wie ein offenes Buch für diese Machtspiele. In diesem Sinne stellt Reinhard Mohn, der aus dem Bertelsmann - Verlag den zweitgrößten Medien - Konzern der Welt schmiedete, fest: „Der eitle Manager ist leicht verletzlich. Schon einer seiner Meinung nach
unzureichende Beachtung irritiert ihn maßlos. Seine Angst vor seinem Misserfolg ist übersteigert. Tritt dieser einmal ein, so wird er alles tun, um sein Gesicht nicht zu verlieren, bis hin zur unkorrekten Darstellung der Geschehnisse.“5 Wohl auch an der Eitelkeit der Stars und den häufig gepflegten Personenkult mag es liegen, dass Meldungen über notwendige Kurskorrekturen nicht ernst genommen werden.
Der Moderator kann diese Fehlentwicklungen in eine erfolgreichere Bahn lenken, indem er vor allem seine Einstellung hinterfragt und darauf einwirkt:
1 Gelingt es Ihnen eine offene Gesprächskultur in einer Besprechung zu schaffen? Achten Sie auf die Regeln des „Feedback - Nehmen“ und des „Feedback - Geben“?
2 Nehmen Sie das Sachanliegen wichtiger als die eigene Person! Besinnen Sie sich ziel- und ergebnisorientiert auf die gestellte Aufgabe. (Wofür werde ich bezahlt? Was kann bzw. was sollte in der Besprechung erreicht werden?)
3 Erkennen Sie Ihre eigenen unvergleichlichen Stärken und bauen Sie diese aus. Stehen Sie auch zu Ihren Schwächen? Müssen Sie als Moderator einer Besprechung immer das letzte Wort haben? Gefällt es Ihnen, sich in der Pose des Siegers zu sehen? Kultivieren Sie Ihre eigenen Schwächen im Konkurrenzkampf mit den anderen? Lassen Sie Raum für andere, wo diese besser sind?
4 Erkennen Sie, wo ihre Eitelkeiten beginnen, und stehen Sie zu dem eigenen „wunden Punkt“, in dem Sie sich ihm stellen? Nutzen Sie Ihre Energie zum kreativen und innovativen Gestalten, statt sie im Verdrängen zu binden?
5 Suchen Sie in Besprechungen Wege, wo möglichst viele gewinnen können? Das bedeutet nicht, sich wie die Fahne nach dem Wind auszurichten. Im Gegenteil. Halten Sie den Gegenwind aus, ohne die Verursacher bloßzustellen?
6 Läuft etwas in der Besprechung schief, prüfen Sie dann, was Sie dazu hätten beitragen können, damit diese Fehlentwicklung hätte vermieden werden können? Suchen Sie nach Schuldigen, statt nach Wegen und Lösungen, um es besser zu machen?
7 Tragen Sie die Verantwortung auch für die Fehler der anderen mit? Bedenken Sie: Es ist Ihnen offensichtlich nicht gelungen, diesen Fehler zu verhindern.
1.2 Brauchen wir eine regelmäßige Dienstbesprechung?
Häufig heißt es: „Die da oben machen doch was sie wollen. Wir erfahren doch erst von der Sache, wenn schon alles entschieden ist.“ So war in der örtlichen Presse zu hören, dass sich der Verwaltungschef an seine Mitarbeiter wandte und mehr Leistung und höheres Engagement einforderte. Hiervon erfuhren die Mitarbeiter aus der örtlichen Presse. In diesem Pressebericht war auch von neuen Einsparungen in der Verwaltung sowie der Zusammenlegung von Organisationseinheiten die Rede. Dieser unglücklich gewählte Informationsweg hat das Arbeitsklima in dieser Verwaltung erheblich belastet. Nicht immer aber steht hinter dieser rüden Methode eine Gutsherrenmentalität. Häufig befindet sich die Leitung in einem Zielkonflikt: Werden erforderliche Änderungen und schmerzhafte Weichenstellungen zur Diskussion gestellt, dann scheitern viele dieser Innovationsprozesse bereits im Vorfeld durch Indiskretionen und Vetogruppen, die das Notwendige zerreden. Mitunter ist es dann der einfache und wohl auch sichere Reformweg, die harten Schnitten zügig bei schlank gehaltener Kommunikation und Information durchzuziehen. Daran mag es liegen, dass diese Nacht – und Nebelaktionen vorkommen. Eine breit angelegte Diskussion, um die Mitarbeiter mit ins Boot zu holen, – so eine verbreitete Sicht - lässt ansonsten solche Innovationen scheitern.
1.2.1 Neue Wege einer Informationskultur
Ein neuer Oberbürgermeister will in dieser Verwaltung das Vertrauen wieder herstellen und auf eine konsequentere Informations- und Kommunikationsstruktur setzen. Dabei geht es ihm um eine durchlässige, offene und sanktionsfreie Kommunikation im Instanzenzug. Das ist eine Herausforderung, die in Wirtschaft und Verwaltung bislang nicht befriedigend gelöst ist. So heißt es häufig auf der einen Seite: „Die da oben wissen doch gar nicht, was sich hier unten tatsächlich abspielt!“, und die andere Seite kontert: „Die da unten sind doch gar nicht an den Geschicken des Unternehmens interessiert! Die können das auch gar nicht bewerten!“ Ein sanktions- und statusfreier Austausch von Informationen ist ein langer Weg, ist eine Frage der Einstellung und des Selbstverständnis als Führungskraft. Auf diesem Weg ist Geduld, Achtsamkeit und Ausdauer gefragt.
Es lässt sich noch viel zu häufig beobachten, dass Hinweise und Anregungen, die nicht ins augenblickliche Konzept passen, viel zu schnell im Instanzenzug entweder mit arrogantem Getue abgetan werden: „Das können Sie von ihrer Stelle aus nicht beurteilen!“ Hinzu kommen die fleißigen „Abfangjäger“, die bei einem Misserfolg des Projektes gleichwohl ein Interesse an einer Erfolgsmeldung haben. So wird eine offenkundige Fehlentwicklung im Instanzenzug auch noch als Erfolgstory verkauft.
Erfolgreiche Organisationen können sich vergleichbare statusbedingte Denkblockaden nicht leisten. Anstelle der traditionellen Kommunikationsmuster wie: „Der Vorgesetzte lässt den Mitarbeiter „rufen“ bzw. ´zu sich kommen`“, steht eine Philosophie, die Nähe und Partizipation signalisiert. Ein Schüssel zu diesem Erfolgsrezept verbirgt sich hinter dem Führungsgrundsatz des „management by walking around“, eine Art Ortsbesichtigung innerhalb der Verwaltung.
Leitungskräfte erleben und erfahren unmittelbar die täglichen Herausforderungen, indem sie vor Ort auf den unteren Ebenen die Dynamik ihres Unternehmens unmittelbar erleben. Dieses Erlebnis stellt sich ein, wenn etwa der Hoteldirektor, der sich als Portier vor Ort bewährt und sich nicht nur vom Portier berichten lässt, was ihm bei der Arbeit auffällt und von den Hotelgästen berichtet wird. Übertragen auf den Produktionsbereich erscheint der Manager an den Brennpunkten des Unternehmens, legt selbst einmal Hand an und rollt dann für einige Tage oder Wochen auch einmal Fässer. So etwa war vor einigen Jahren der Präsident einer großen Telefongesellschaft zunächst sechs Wochen unerkannt als subalterner Angestellter in der Provinz tätig, bevor er auf seinen Chefsessel Platz nahm. In dieser Zeit hatte er nicht nur den nötigen Stallgeruch angenommen, er verstand es auch, die Sprache der Basis zu sprechen, und er wusste aus eigenem Erleben, was klappte und an welchen Stellen der Fisch zu stinken begann.
1.2.2 Alte Wege neu beleben
Beim Thema Dienst- und Teambesprechungen scheiden sich die Geister. Einige möchten diese Informations- und Kommunikationsform nicht missen, andere sehen hierin eher verlorene Zeit. Dabei haben viele Untersuchungen gezeigt: Erfolgreiche Führung setzt auf regelmäßige Dienst- und Teambesprechungen. Gelingt es, die richtige Mischung aus Information, Kommunikation, aktiver Mitgestaltung, Planung, Koordination und vor allem Straffheit der Themenabfolge zu organisieren, dann findet dieses Führungsinstrument eine hohe Akzeptanz bei den Betroffenen. Nicht immer aber gelingt dies. Das hat auch etwas mit dem Führungsstil des Moderators zu tun. Autoritäre Führungskräfte neigen eher dazu, als Vordenker mit einer