Eine Affäre in Berlin. Margaux Navara. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Margaux Navara
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738048919
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nicht, aber zumindest war das Ergebnis so, dass sie sich nicht mehr allzu sehr davor ekelte.

      „Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen?“ fragte er jetzt.

      Sie sah zu ihm auf. Er stand sehr nahe, eindeutig schon in ihren persönlichen Bereich eingedrungen, was sie aber nicht störte. Im Gegenteil, ihr stieg sein Duft in die Nase. Er roch so, wie es die Werbung suggerierte. Eindeutig nach einem herbfrischen Duftwasser oder Aftershave, aber darunter roch sie den Mann. Nichts unangenehmes, nicht nach Schweiß, sondern eben …. Mann. Sein Duft legte sich über ihre Sinne wie ein zartes Tuch über die Haut. Sie musste sich sehr zusammen reißen, damit sie nicht einfach die Augen schloss und sich dem Genuss dieses Duftes hingab.

      Sie blinzelte, um wieder zurück zu finden. Hatte sie irgendwann einmal diesen Duft auch an ihrem Mann wahrgenommen? Am Anfang ihrer Beziehung, ja, sie konnte sich erinnern, dass sie einmal mit einem von ihm getragenen Pullover eingeschlafen war, als er nicht bei ihr war. Aber seit langem hatte sie seinen Duft nicht mehr bewusst aufgenommen. Zumindest brachte der Gedanke an ihn ihr Problem wieder zum Vorschein.

      „Ich suche unser Auto.“

      „Unser Auto?“, fragte er mit der Betonung auf `unser´.

      Wieder ein Wort, das eine Verbindung suggerierte, die es ja überhaupt nicht gab.

      „Ich meine das Auto meines Mannes. Er weiß nicht mehr, wo er es abgestellt hat. Irgendwo hier in der Nähe.“

      Sie machte eine unbestimmte Geste in Richtung der hinter ihr liegenden Straße, die auf beiden Seiten von Parkplätzen gesäumt war.

      „Ah, ja.“ Er musste diese Aussage wohl erst einmal verdauen.

      „Sie haben also einen Mann, der Sie allein hier im Dunkeln lässt und Sie auf die Suche schickt nach einem Auto, das er irgendwo verloren hat?“

      So gesagt klang das Ganze wirklich schrecklich. Vielleicht sollte sie ihre Aussage relativieren. „Ja, ich habe einen Mann. Und er hat wirklich sein Auto hier abgestellt und nun suchen wir es, aber hier sieht alles gleich. Er braucht es aber jetzt, er muss heute Nacht noch weg und deshalb laufen wir beide hier herum und suchen.“

      Sie quasselte. Eindeutig. Es war sicher besser, still zu sein. Sie wollte diesem Bild eines erfolgreichen Mannes gegenüber nicht als dumme Quasselstrippe dastehen und sie war einfach noch zu aufgeregt, um vernünftige Sätze zusammen zu bekommen.

      „So, er lässt sie also doch in der Nacht alleine.“

      Diese Tatsache war natürlich nicht abzustreiten. Er hatte sie schließlich auf die Suche geschickt, und das alleine. Sie sagte also lieber gar nichts dazu.

      „Nun, wissen Sie denn, wie das Auto aussieht oder kennen Sie das Kennzeichen?“ fragte ihr Gegenüber.

      Sie sah ihn groß an. Nun hatte sie es schon geschafft, mit nur wenigen Sätzen. Er hielt sie für geistig minderbemittelt. Aber musste er sie das so deutlich merken lassen? Ein wenig spitz klang ihre Antwort dann auch.

      „Ja, ich kenne unser Auto und auch das Kennzeichen. Nur stehen hier viele Passat herum und alle sind entweder schwarz wie unseres oder aber dunkelblau, und das sieht bei diesem Licht genauso aus.“

      „Dann kann ich Ihnen ja vielleicht doch helfen.“

      Er ging nicht auf ihren Ton ein und entschuldigte sich auch nicht.

      „Ich fahre Sie herum und Sie können aus meinem Auto heraus die Kennzeichen ablesen. Kommen Sie mit, ich habe meinen Wagen in der Tiefgarage.“

      „Warum sollten Sie das tun? Sie kennen mich doch gar nicht.“

      Außerdem hatte sie ihm gerade erzählt, dass ihr Mann wegfahren wollte, also eben eines der Dinge, die man einem Fremden bestimmt nicht als Erstes anvertrauen sollte.

      Sophie hatte den Kopf etwas schräg gelegt, als sie ihn von unten herauf betrachtete. Sie trat jetzt lieber einen Schritt zurück, um aus seinem Kreis zu entkommen, der mit seinem Duft erfüllt war und sie einlullte.

      „Außerdem habe ich mich eben schmutzig gemacht und kann unmöglich mit diesen Händen in ein Auto einsteigen, schon gar nicht in so eines, wie Sie es wahrscheinlich fahren.“

      Er lachte leise. Mit diesem sanften Lachen noch in der Stimme forderte er sie auf: „Dann kommen Sie zuerst einmal mit mir hier herein, dort können Sie sich die Finger waschen. Dann können Sie zumindest diesen Punkt von Ihrer Liste streichen. Kommen Sie, der Eingang ist gleich hier, ich schließe Ihnen auf.“

      Er führte sie drei Meter zu einer Tür, die neben der großen Eingangstür eingelassen war und zog einen Schlüssel aus der Tasche. Es handelte sich um ein Bürogebäude mit mehreren hochglänzenden Messingschildern an der Tür, die sie aber nicht wirklich wahrnahm.

      Er hielt ihr höflich die Tür offen.

      „Und vorstellen können wir uns dabei auch. Mein Name ist Rolf Mannheimer. Und Sie heißen?“

      „Mein Name ist Sophie Weiß. Vielen Dank, Herr Mannheimer. Ihr Angebot für das Händewaschen nehme ich gerne an.“

      Sie gingen durch die Tür in ein Gebäude, das nur durch eine Notbeleuchtung erhellt war. Ihr aufkommender Zweifel ob der Klugheit der Entscheidung wurde zerstreut durch seine ruhige, unaufdringliche Art. Er führte sie im Erdgeschoss zu einer Besuchertoilette und schaltete dort das Licht ein. Als sie zum Waschbecken ging, erleichtert alleine bei der Aussicht, sich endlich den Straßenschmutz abwaschen zu können, blieb er in der Tür stehen und beobachtete sie.

      Sie hatte sein Taschentuch noch immer in der Hand. Es widerstrebte ihr, es wegzuwerfen, deshalb legte sie es auf dem Rand des Waschbeckens ab. Dann begann sie, sich gründlich die Hände zu waschen. Sie spürte leider, dass die Wucht des Sturzes ihre Spuren hinterlassen hatte, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Nicht nur waren die Handflächen gerötet, sondern ihre Handgelenke schmerzten. Das kühle Wasser auf ihren Händen wusch nicht nur den Schmutz ab, sondern schien auch ihr Hirn wieder abzukühlen und aufzuwecken.

      „Was machen Sie in Berlin? Sie wohnen nicht hier, schätze ich.“

      „Nein“, lachte sie auf. „Sie merken doch, dass ich in der Großstadt ganz verloren bin“, meinte sie mit einem Zwinkern. „Wir sind nur für ein paar Tage hier. Das heißt, wir wollten gemeinsam ein paar Tage hier verbringen. Aber nun hat mein Mann einen dringenden Ruf erhalten und muss noch heute Nacht abreisen.“

      „Und Sie, bleiben Sie hier?“

      Sie schaute zu ihm hin. Er sah wunderbar aus, wie er da so elegant, nonchalant und extrem selbstbewusst mit überkreuzten Armen in der Tür lehnte. Sie schaute schnell wieder weg, denn sie wollte nicht, dass er ihre Gedanken erriet.

      „Ich weiß es noch nicht, ich habe mich noch nicht entschieden.“

      Man sollte sich immer alle Möglichkeiten offen halten, nicht wahr?

      „Sie können doch hier bleiben und sich die Stadt anschauen. Berlin ist immer eine Reise wert. Und Sie haben sicher noch nicht viel davon gesehen. Oder waren Sie schon öfter hier?“

      „Nein, für mich ist es das erste Mal. Mein Mann musste schon öfter geschäftlich hierher, nur diesmal hat er darauf bestanden, dass ich mitkomme. Sicher, ich habe noch nicht viel gesehen, aber …. Zum anderen ist das Hotel sowieso schon bezahlt, ich könnte genauso gut hier bleiben. Ach, ich weiß noch nicht. Ich muss es mir noch überlegen.“

      „Vielleicht kann ich Sie ja überreden. Aber zuerst müssen wir das Auto Ihres Mannes finden. Kommen Sie, wir müssen den Eingang zur Tiefgarage von außen nehmen, um diese Zeit sind alle anderen Eingänge gesichert und wir würden höchstens Alarm auslösen.“

      Bei dem Versuch, das Handtuch aus der Rolle herauszuziehen, zuckte Sophie unwillkürlich vor Schmerz zusammen. Ihre Schmerzensmiene war ihm sofort aufgefallen und er kam eilig näher.

      „Was haben Sie? Oh, das ist von dem Sturz, nicht wahr? Soll ich mal nachsehen?“

      Er