Wir setzten uns auf die Couch und beobachteten seine ersten Schritte in unserer Wohnung. Es waren nicht zu viele. Bald saß er vor uns und betrachtet uns genau so interessiert, wie wir ihn. Also war es wohl Zeit für das Bad. Mit Shampoo und Handtüchern bewaffnet gingen wir ins Bad. Dingo lief uns schön hinterher. Wir versuchten ihn zu einem kühnen Sprung in die Wanne zu überreden, allerdings ohne Erfolg. Schließlich hoben wir Dingo in die Badewanne. Er setzte sich hin und sah uns mit seinen großen Augen ganz erwartungsvoll an.
Was dann begann war eine Tortur für alle Beteiligten. Nach gefühlten zwei Stunden (es waren aber nur wenige Minuten) waren wir nass und Dingo noch weitgehend trocken. Unsere Technik schien nicht ausgereift. Es ist nicht so einfach Hundefell, das eigentlich vor Regen schützt, durch zu nässen. Mit viel Eifer und immer abwechselnd hatten wir dann Erfolg. Ich versuchte den Hund zu shampoonieren. Aber er war nicht nass genug. Wir brauchten sicher fünfzehn Minuten, bevor wir überhaupt mit dem richtigen Waschen anfangen konnten. Dann fing Dingo an, das Shampoo zu essen und sich in regelmäßigen Abständen zu schütteln.
Die Badevorleger schwammen weg, nur sauber war unser Hund noch lange nicht. Wir versuchten es mit mehr System. Einer hielt den Hund fest und duschte ihn ab, der andere seifte ihn ein. Das funktionierte nicht besonders gut, da unser Hund sich laufend um die eigene Achse drehte. Irgendwann waren wir fertig. Fix und fertig! Der Hund sah sauber aus, das meiste Shampoo war abgeduscht und die Dusche wurde abgestellt. Bevor einer von uns auch nur den Hauch einer Chance hatte, die Handtücher zu holen, sprang unser Hund mit einem Satz aus der Wanne. Die Badevorleger waren vorher schon nass, aber danach gab es im ganzen Bad keine trockene Stelle mehr. Doch damit nicht genug.
Als Anfänger hatten wir auch noch die Badezimmertür aufgelassen und unser Hund rannte vergnügt durch unsere ganze Wohnung, immer eine nasse Spur hinter sich herziehend. Er stand vor Dieters neuer Stereoanlage, als er sich das nächste Mal schüttelte. Immerhin schafften wir es danach, ihm ein Handtuch über zu werfen und ihn ab zu reiben. Schon jetzt sahen wir, dass noch viel Lehrstoff auf uns wartete. Unser Hund war ein guter Lehrmeister, denn unsere zweite Lektion folgte sofort.
Wir waren nach der „Dusch-Affäre“ ziemlich erschöpft. Besonders nachdem wir das Bad, den Flur und das Wohnzimmer trockenlegen mussten. Alle Badvorleger und Handtücher kamen in die Wäsche und ich sehnte mich nach einem heißen, entspannenden Bad. Wir freuten uns trotzdem auf einen restlichen ruhigen ersten Tag mit unserem Hund. Er ging auch bald zaghaft auf Entdeckungsreise, was uns sehr gefiel. Passieren konnte nichts, schließlich hatten wir unsere Wohnung ab Abend vorher ja schon "hundesicher" gemacht.
Allerdings war die Wohnung nicht „Dingo sicher“. Als erstes machte er sich über die Sofakissen her. Er zerriss sie nicht, er zog sie hinter sich her, hüpfte darauf herum und leckte sie von oben bis unten ab. Wir nahmen sie ihm ab und ich stellte gleich die zweite Waschmaschine für diesen Tag an. Wir hätten nicht im Traum daran gedacht, dass eine überhängende Tischdecke die Aufmerksamkeit unseres Hundes erregen würde, also sammelte ich alles wieder auf, was er mit der Decke vom Tisch gezogen hatte. Auch dass er in einem Blumentopf nach etwas suchen würde, hatte niemand berücksichtigt. Ich holte unseren Staubsauger um die Blumenerde aufzusaugen. Kaum hatte ich ihn eingeschaltet, stürzte sich Dingo auf ihn, doch das fremde "Wesen" machte so komische Geräusche, das er es vorzog sich in der hintersten Ecke zu verkriechen.
Das hatte unseren Hund alles sehr mitgenommen und er musste sich erst mal ausruhen. Diese Zeit nutzten wir, um unsere Wohnung wirklich "Dingo sicher" zu machen. Alle Dinge die in Dingos Augenhöhe lagen oder darunter wurden weggeräumt. Die einfachste Methode zur Bestimmung dieser Dinge war es auf allen Vieren durch die Wohnung zu kriechen und alles aus diesem anderen Blickwinkel zu betrachten.
Erst jetzt viel uns ein, dass wir Dingo ja auch Futter und Wasser bereitstellen mussten. Da wir in der Küche nicht viel Platz hatten und uns das Bad auch nicht richtig schien, legten wir einen unserer Plastikuntersetzter in den Flur und stellten darauf die beiden Schüsseln. Das Leben mit Hund konnte beginnen.
Ein Spiegel
Unser aufregender erster Tag mit Dingo sollte noch lange nicht zu Ende sein. Da wir beim Abholen schon mit ihm spazieren waren und auch vor seinem Bad, dachten wir, eine gewisse Zeit könnte er noch warten, bis er wieder Gassi müsste. Zumindest sollte er trocken sein. Aber unser Hund lief nach seinem Mittagsschläfchen zur Tür, was wir für ein sicheres Zeichen hielten.
Wir schnappten uns die Leine und den Hund und gingen zum Auto. Da wir immer noch nicht sicher waren, ob er die Autofahrt mochte, setzte ich mich wieder zu Dingo auf die Rückbank. Er trampelte wieder auf mir herum und das schien ihm richtig Spaß zu machen. Im freien Feld angekommen, hielten wir uns an die Ratschläge der Fachliteratur: So früh wie möglich den Hund ohne Leine laufen lassen und das „Komm“ trainieren. Nachdem wir sicher waren, alleine im Feld zu sein, machten wir unseren Hund von der Leine ab und ließen ihm freie Hand. Es klappte alles wunderbar, er kam, wenn wir riefen, blieb in unserer Nähe. Kurz und gut er benahm sich mustergültig.
Allerdings steuerte er bald wieder auf unser Auto zu, er hatte wohl alles erledigt, er wollte heim. Da wir für den Abend eigentlich verabredet waren, ging Dieter aus und ich verbrachte den Rest des Abends sehr ruhig mit unserem Hund. Er beobachtete mich und ich beobachtete ihn. Er folgte mir ins Bad. Er ging mit in die Küche. Ich zeigte ihm, wo sein Futter und sein Wasser standen, aber er machte keine Anstalten zu essen oder zu trinken. Wir waren übereingekommen, an diesem ersten Abend alles zu beobachten und dem Hund nichts zu verbieten. Es schien auch gut zu funktionieren.
Dingo suchte meine Nähe. Er kletterte auf die Couch und legte sich dicht an mich. Dabei kraulte ich ihn etwas und er schlief ein. Doch dann wurde auch ich müde.
Dingo sollte sich an einen Schlafplatz in unserem Schlafzimmer gewöhnen. Außerdem hatten wir abgesprochen, Dingo in dieser ersten Nacht auch den Sprung ins Bett nicht zu verweigern, falls er das wollte, damit er sich schneller eingewöhnt.
Er schaute interessiert zu, was Menschen alles machen, bevor Sie ins Bett gehen. Ich war dafür auch ein geeignetes Exemplar: Gesichtsreinigung, Zähne putzen, duschen, Haare kämmen – alles interessante Tätigkeiten. Dann folgte er mir ins Schlafzimmer. Kurz saß er unschlüssig vor dem Bett, dann kletterte er mühsam hinein. Es dauerte lange, bis er sich durch das halbe Bett in Richtung Kopfende gearbeitet hatte, denn es gab überall etwas zu entdecken. Den Zipfel einer Bettdecke, ein seltsames Geräusch im Freien, meine Füße und vieles mehr.
Doch plötzlich blieb er stehen und stimmte ein lautes Gebell an. Er starrte etwas an. Ich konnte in dieser Richtung nichts erkennen, dort stand nur unser Spiegel. Da fiel es mir ein, er sah das erste Mal sein Spiegelbild. Alles Gute zureden half nichts. Er bewegte sich nicht vorwärts und nicht rückwärts. Ich zog ihn mit sanfter Gewalt nach oben und drückte ihn auf das Kopfkissen, er lag eine Zeitlang auch ruhig da. Ich kraulte ihn sanft und versuchte zu schlafen. Aber es wurde Dingo zu warm oder zu ungemütlich. Im Halbschlaf merkte ich, wie er weiter runter kroch...und alles fing von vorne an. Er sah sein Spiegelbild, fing an zu bellen und zu knurren. Diesmal ließ er sich auch nicht einfach wegziehen, im Gegenteil, er griff seinen Feind an. Irgendetwas störte ihn, die Schnauze an den Spiegel gedrückt knurrte er weiter. Ich klopfte an den Spiegel und versuchte ihn dadurch zu beruhigen, aber das regte ihn nur noch mehr auf. Da es mittlerweile spät war und ich den Nachbarn nicht noch länger das Gebell und Geknurre zumuten wollte, hängte ich den Spiegel zu. Endlich hatte ich es geschafft. Der Hund beruhigte sich und legte sich neben mein Bett. Ich schlief selig, als Dieter heimkam.
Der Hund lief zu ihm, Dieter machte das Licht an. Ich brummelte vor mich hin, da ich Störungen im Schlaf hasse. Durch das Brummeln fühlte sich der Hund angesprochen und kletterte wieder ins Bett. Dieter, mittlerweile im Schlafzimmer, wunderte sich über den zugehängten Spiegel. Also zog er die Decke darüber weg, unser Hund sah wieder sein Spiegelbild