Brisbane, 22. September 1920
Die Sommerferien sind jetzt schon fast vollständig verplant. Vater bittet mich, ihn über Weihnachten in Hatfields Beach zu besuchen und bis in den Januar hinein zu bleiben. Wenn ich fahre, dann wohl ohne Tom, denn er spricht schon seit Wochen von dem Feriencamp bei Amity Point.
Brisbane, 8. Oktober 1920
Tom studiert seit einiger Zeit Vaters Büchlein. Vater hat es ihm bei unserem letzten Besuch in Hatfields geschenkt. Die Sprichwörter und Zitate sind uns natürlich auf Französisch geläufig, weil wir sie ja auch nur auf Französisch anwenden. Tom hat jetzt aber mit der Übersetzung begonnen. Es ist eine schöne Übung, weil man vieles ja nicht einfach wörtlich übersetzen kann, es muss sich ja auch auf Englisch gut anhören. Ein Reim muss ein Reim bleiben, ohne den Sinn zu verfälschen und es kann ja auch sein, dass es Dinge gibt, die nur der Franzose versteht. In solchen Fällen sucht Tom dann immer nach einem anderen Vergleich, der den Engländern geläufiger ist. Tom darf auch neue Sprüche in Vaters Büchlein schreiben und auch Vater sammelt weiter und will es uns schicken. Tom hat jetzt die Verantwortung für Vaters Büchlein, das doch schon solange geführt wird, schon seit fast fünfzig Jahren.
Brisbane, 30. Oktober 1920
Ich habe Tom für die Sommerferien in einem Camp angemeldet. Kurz nach Weihnachten reist er zusammen mit Keith, Paul und Jimmy nach Amity Point. Das Ganze wird vier Wochen dauern, kurz vor Schulbeginn werden sie wieder in Brisbane sein.
Brisbane, 17. November 1920
Ich habe meine Planungen für die Sommerferien abgeschlossen und hoffe, dass alle zufrieden sind. Mit Joy und Alan treffe ich mich am 6. Dezember in Sydney. Tom wird mich begleiten, ich nehme ihn ein paar Tage früher aus der Schule. Er spricht schon davon, selbst am Steuer des Automobils zu sitzen. Kurz vor Weihnachten wollen wir wieder zurück in Brisbane sein und das Weihnachtsfest dort verbringen. Ich kann vorher nicht zu Vater nach Hatfields Beach kommen, weil Tom ja Ende Dezember ins Camp fährt. Aber im Januar habe ich Zeit und werde Vater für vier Wochen besuchen. Ich habe schon alle Fährverbindungen herausgesucht und ich komme einen Tag, bevor für Tom das Camp endet, wieder in Brisbane an.
Brisbane, 4. Dezember 1920
Die Fliegerei macht wieder von sich reden, gestern wurde ein Flug von Melbourne nach Perth erfolgreich absolviert. Selbst Vater schreibt davon, nicht eigentlich beruflich, weil er keinen Artikel darüber verfassen wird, aber doch beruflich, weil er sich gut vorstellen kann, auf dem australischen Kontinent künftig nicht mehr mit dem Zug, sondern mit dem Flugzeug zu reisen. Für einen Reporter ist es wichtig, so schnell wie möglich an den Ort des Geschehens zu kommen und mit dem Flugzeug ist es eindeutig am schnellsten. Das Flugzeug brauchte nur wenige Stunden nach Perth, für die knapp zweitausend Meilen lange Strecke. Es ist noch nichts bekannt, ob demnächst auch Passagiere mitgenommen werden. Die Post hat auf jeden Fall ihren Platz in den Maschinen.
Melbourne, 16. Dezember 1920
Vor zehn Tagen sind Tom und ich von Brisbane mit dem Schiff nach Sydney gefahren und haben dort wie geplant Joy und Alan Parker getroffen. Wir haben uns noch gemeinsam Sydney angesehen und sind dann alle zusammen Richtung Melbourne gefahren. Alan hat sich ein Automobil gemietet und wir haben den neuen Princes Highway benutzt. Diese Straße ist wirklich so schön wie eine Prinzessin. Der Highway wurde erst vor wenigen Wochen eröffnet und führt die ganze Strecke an der Küste entlang. Wir haben zwar vier Tage nach Melbourne gebraucht, aber so konnten wir auch einige der kleineren Städte kennenlernen.
Melbourne, 19. Dezember 1920
Ich kannte Melbourne schon ein bisschen, aber im Automobil hatte ich es auch noch nicht erkundet. Alan hat den Wagen heute Vormittag bei der Mietstation abgegeben und wir haben Joy und ihn dann am Nachmittag zum Schiff gebracht. Sie haben mir versprochen, uns das nächste Mal in Brisbane zu besuchen.
Brisbane, 28. Dezember 1920
Am Bahnhof gab es heute einen schmerzlichen Abschied, allerdings nicht für Tom und mich, denn Tom ist sehr tapfer oder er hat seinen Abschiedsschmerz meisterhaft unterdrückt. Jimmy konnte dies nicht, was wohl auch daran lag, dass seine Mutter nicht mit zum Bahnhof gekommen ist. Sie hatte sich schon zu Hause von ihm verabschiedet, um es ihm leichter zu machen. Es wurde aber nicht leichter. Tom, Keith und Paul haben ihrem Freund dann aber schnell die Stimmung wieder erhellt. Als die Vier in ihrem Zugabteil saßen, war mit Beginn des Abenteuers auch schon alles wieder vergessen. Ich muss mich jetzt beeilen. Heute Abend nehme ich den Zug nach Sydney und morgen Mittag das Schiff nach Auckland. Die Reise ist so furchtbar lang, aber ich freue mich schon sehr.
1921
Hatfields Beach, 8. Januar 1921
Nach einem einzigen Tag habe ich mich schon eingelebt. Vormittags machen Vater und ich lange Spaziergänge und die Nachmittage liege ich auf der Terrasse und lese. Joy und Alan waren die ersten Tage nach meiner Ankunft noch in Wellington. Heute Abend haben Vater und ich sie zum Essen eingeladen.
Hatfields Beach, 14. Januar 1921
Ich habe mir heute Vaters Haus genauer angesehen. Es ist ein verrückter Gedanke. Im Obergeschoß sind noch zwei Zimmer frei. In einem schlafe ich, das andere ist für Tom. Es gibt ein Bad und noch zwei Zimmer. Vater meinte, dass er nach unten ziehen könnte, wenn Tom und ich einmal für länger in Hatfields Beach bleiben wollten. Es ist wirklich ein verrückter Gedanke. Ich würde wieder so dicht am Wasser leben wie damals auf meinen Inseln.
Hatfields Beach, 27. Januar 1921
Ich muss mich in den nächsten Tagen wieder reisefertig machen. Ich habe schon Sehnsucht nach Tom. Auf Brisbane freue ich mich aber eigentlich gar nicht. Der Alltag wird mich schnell wieder einholen und dann werde ich die schöne Zeit hier rasch vergessen haben. Vater hat sich verkühlt, ich hoffe er wird auch ohne mich wieder gesund.
Brisbane, 3. Februar 1921
Ich habe gehofft, dass wenigsten ein Brief von Tom mich in Hatfields Beach erreicht. Er hatte mir versprochen zu schreiben. Seit heute ist er wieder zu Hause. Er war ehrlich, er hat es schlicht vergessen. Ich glaube auch, dass er mich überhaupt vergessen hat. Er konnte sich am Bahnhof kaum von seinen Freunden trennen. Die Drei haben ihren Eltern übrigens auch nicht geschrieben. Über das Leben im Camp habe ich noch nicht viel von Tom erfahren. Ich weiß nur, dass er die Kanufahrer sehr bewundert hat. Die Kleinen durften noch nicht mit Booten aufs Wasser, vielleicht im nächsten Jahr.
Brisbane, 11. Februar 1921
Vor zwei Tagen habe ich angerufen und schon heute Vormittag einen Termin bekommen. Ich denke es sieht gut aus. In der Anzeige suchten sie Übersetzer für Holländisch. Ich habe so wenige Aufträge in Holländisch, aber ich hoffe, das ändert sich jetzt. Die Baridge Company ist eine Handelsgesellschaft, die mehrere Kontore auf Sumatra und Java unterhält. Ich soll ausdrücklich nicht dorthin reisen, sondern von Brisbane aus die Korrespondenz führen, Verträge übersetzen und auch sonst übersetzen, was anfällt. Die Bezahlung ist sehr gut, was ja auch der Grund für mein großes Interesse ist. Sie wollen noch einige Probeübersetzungen, um zu sehen, was ich kann. Ein Mr. Pembrooke hat mich zu dem Gespräch empfangen. Mit ihm hatte ich vorher schon telefoniert. Es war dann später noch ein anderer Mann bei dem Treffen dabei, seinen Namen habe ich mir aber nicht gemerkt. Ich habe einige Unterlagen zum Übersetzen mit nach Hause genommen.