Infektion. Ly Fabian. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ly Fabian
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738024388
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»Nein, du hast Fieber, aber du bekommst Antibiotika. Die Ärzte tun alles was sie können. Ich hab dir Wadenwickel gemacht. Bald geht es dir besser!«

      »Marie bitte bleibe bei mir. Ich ...« Ihre Stimme brach.

      Marie ging zum Waschbecken und nahm einen Einmalwaschlappen, den sie erst unter das kalte Wasser hielt und dann gut auswrang. Sie ging zurück zu Hannahs Bett und strich der Freundin mit dem kühlen Lappen über die glühende Stirn.

      »Soll ich die Musik wieder wegnehmen?«

      »Nein, sie ist schön. Danke.«

      Die Stunde war vorbei. Durch den Verbandswechsel hatte sie nur etwas mehr als dreißig Minuten für ihre Freundin gehabt. Sie streichelte Hannah zum Abschied über die Stirn. Betty stand im Flur, neben dem alten Mann. Er schlief.

      »Die Wickel habe ich angelegt. Ich muss jetzt zu meiner Mama, vielleicht kann ich noch einmal hochkommen. Wir sind bis 19 Uhr hier.«

       Betty nickte und gab ihr die leere Kanne.

      »Vielleicht kann Lisa uns noch eine durchlassen? Ich komme vor zehn hier nicht weg.«

      Marie zog die Stationstür unten auf. Es war niemand da. Ihre Schritte hallten in dem leeren Flur. Durch eine Verbindungstür gelangte sie auf die dahinterliegende Nachbarstation. Schon von weitem hörte sie ihre Mutter und Gülcin reden.

      »Oh Marie, wie geht es Hannah?«

      »Nicht so gut. Braucht ihr mich oder kann ich oben Betty helfen?«

      Lisa überlegte kurz. »Hör zu, wir ziehen die restlichen Betten hier ab, du gehst in der Zwischenzeit auf unsere Station, kontrollierst die Zimmer und machst die Fenster zu, die ich zum Lüften geöffnet habe. Dann schließt du die Türen ab und kommst wieder her. Beeil dich, dann darfst du noch einmal hoch.«

       Sie kramte in ihrer Tasche und holte ein Schlüsselbund heraus, das sie Marie reichte, doch bevor die es nehmen konnte, überlegte sie es sich anders.

      »Ich gebe dir besser diesen Schlüssel. Pass gut darauf auf, es ist ein Generalschlüssel. Verliere ihn bloß nicht.«

      Marie nickte und eilte auf die leere Station. Die Zimmer waren sauber und rochen schwach nach Desinfektion. Es war eiskalt. Sie schloss die Fenster und drehte die Heizung auf zwei. In den Bädern waren Toilettenpapier, Seife und Desinfektionslösung frisch aufgefüllt. Sie schloss alle Türen sorgfältig ab und kontrollierte zuletzt das Stationszimmer. Die beiden Arztzimmer öffnete sie nicht. Zum Schluss setzte sie in der Küche Kaffee auf, bevor sie zurück zu Lisa und Gülcin lief, die auf einem Wagen gerade den letzten Wäschesack abstellten.

      »Alles okay, Zimmer sind in Ordnung, Fenster habe ich geschlossen und die Heizung auf zwei. Kaffee ist auch aufgestellt. Betty wollte gern noch eine Kanne haben.«

      »Super, wir haben uns auch eine Pause verdient.« Gülcin schnaufte. Ihr Haar klebte an der Stirn. »Ich bin ja auch nicht mehr die Jüngste.«

      Lisa lachte. »So wie du arbeitest, Gülcin, kann sich mancher ein Beispiel an dir nehmen. Marie bringst du bitte die Säcke mit dem Fahrstuhl nach unten und stellst sie in die Waschküche. Der Schlüssel müsste passen, ansonsten deponiere sie vor der Tür. Neue Wäsche brauchst du nicht mitzubringen, was wir haben reicht. Aber wir brauchen den Wagen wieder,«

      Marie nickte und schob den Wagen mit den Säcken in den Fahrstuhl. Im Keller brannte nur die Notbeleuchtung. Die Tür zur Wäscherei war abgeschlossen. Der Schlüssel klemmte etwas und sie bekam die Tür nur mit Mühe auf. Das Licht flammte von selbst auf. Auf einem Tisch lag frisch zusammengelegte Bettwäsche. Marie rollte die Säcke neben eine der großen Maschinen. Sie fühlte sich beobachtet, doch sie sah keinen Menschen. War die Tür wirklich abgeschlossen gewesen oder nur zugezogen? Sie ließ ihren Blick durch den Raum streifen.

      »Hallo? Ist hier jemand?«

      Eine Reihe Waschmaschinen und Trockner. Tische, auf denen Wäsche zusammengelegt werden konnte. Sonst nichts.

      Sie packte den Wagen und schob ihn aus dem Raum. Das Licht war von allein angegangen, sollte es auch allein wieder verlöschen. Sie rief noch einmal Hallo, bevor sie die Tür von außen verschloss. Bis zum Aufzug musste sie zwei Abzweigungen passieren. Das Schild Pathologie fiel ihr erst jetzt auf. Ob der Schlüssel auch in diese Tür passte? Sie fixierte nervös den leeren Gang, während sie auf den Aufzug wartete. Im ersten Stock stellte sie den Wagen vor das Stationszimmer.

      Gülcin zog ihren Kittel aus und holte aus der Küche einen Beutel. »Ich hab Kuchen, für den Kaffee.«

      Lisa lachte. »Na dann. Komm mit, Marie, nach dem Kaffee kannst du noch einmal hochgehen. Gülcin und ich schaffen den Rest hier allein. Es sind ja nur noch drei Zimmer.«

      Marie nahm sich eine Apfelschorle aus dem Kühlschrank, während ihre Mutter sich und Gülcin den Kaffee einschenkte und gleich neuen aufstellte.

      »Besser du bringst zwei Kannen nach oben.« Sie nahm sich ein Sück Kuchen, das sie ihm Stehen aß.

      »Behalte den Schlüssel. Wir schließen die Türen ab. Es würde grad noch fehlen, wenn hier jeder durchtrampelt.«

      »Ich gehe später noch mit der Bohnermaschine drüber«, kündigte Gülcin an.

      »Das machst du nicht. Wir wischen die restlichen Zimmer durch, das langt«, warf Lisa ein.

      »Marie, wir fahren um sieben. Also du hast fast eine Stunde.«

      Gülcin stopfte Tassen und Teller noch in die kleine Spülmaschine und schaltete sie ein, während Lisa ihre Tochter noch bis zur Eingangstür brachte, die sie dann hinter ihr verschloss. Internistische Station eins und zwei stand außen. Bitte klingeln darunter. Im Flur vor dem Eingang standen ein paar Sessel und ein Automat, aus dem man Süßigkeiten ziehen konnte. Auf der anderen Seite ging es zu den Verwaltungsräumen.

      Marie hatte diesen Bereich noch nie so menschenleer erlebt.

      Sie nahm die Treppe, um zu Hannah zurückzukehren.

       In jeder Hand trug sie eine Thermoskanne. Gerade, als sie die letzte Treppenstufe genommen hatte, eilten zwei Ärzte aus dem OP-Bereich, gegenüber der Intensivstation.

      Ein Soldat, der vor der Intensivstation gewartet hatte, sprang auf und folgte den beiden. Die Tür zur Intensivstation stand offen. Marie ging hinein und schaute sich um. Außer dem Piepsen der Überwachungsgeräte war nichts zu hören. Das Bett mit dem alten Mann stand nicht mehr auf dem Flur. Sie stellte die Kannen in der Küche ab und eilte zum hintersten Raum. Hannah lag noch genauso da, wie sie sie verlassen hatte. Ihre Augen waren geschlossen, der Kopfhörer lag neben dem Ohr.

      »Hannah? Ich bin wieder da. Alles okay? Ich schau gerade mal nach deinen Wadenwickeln.«

      Marie schlug die Decke zur Seite. Die Wickel waren noch am Bein, inzwischen aber nicht mehr kühl. Sie entfernte sie vorsichtig.

      »Bitte mach keine mehr«, flüsterte Hannah. Sie hatte die Augen geöffnet. Ihre Pupillen waren riesig, die Sclera gelb verfärbt.

       »Bleib bei mir.« Ihre Hand griff nach Maries. »Halt einfach nur meine Hand.«

      Leben und Sterben

      Das letzte Zimmer. Endlich.

      »Gülcin, in Zukunft will ich nur noch mit dir arbeiten.«

       Lisa wischte sich über die Stirn.

      »Ich habe in einem Hotel gearbeitet, bevor ich hier angefangen habe. Ich fülle nur noch die Spender in den Zimmern auf. Du kannst ruhig schon duschen, wenn du willst.« Gülcin warf Lisa ein Handtuch zu.

      »Danke, ich beeile mich. Wenn Marie kommt, sage ihr bitte, sie soll in der Küche warten.«

      Lisa ging zu ihrem Spind, um sich frische Wäsche zu nehmen. Ihre Kleidung klebte unangenehm am Körper. Sie legte die Sachen auf die Untersuchungsliege, bevor sie die Duschkabine betrat. Warmes Wasser entspannte ihren Körper. Das teure Duschgel gehörte der Stationsärztin. sie nahm eine großzügige Dosis.

      »Geht es dir besser?« Gülcin musterte Lisa besorgt, als diese frisch umgezogen das Dienstzimmer