Einer von ihrer Gesellschaft, welcher zwey Jahre nachher diese Reise wieder that, kam vor Tage auf die Spitze des Pico. Um sich vor der kalten Luft zu beschützen, kroch er unter einen großen Stein. Nach einer kleinen Weile fand er sich ganz naß, und merkte, daß es von einem beständigen Tröpfeln des Wassers von den Felsen über ihm herrührte. Sie sahen viele vortreffliche und reiche Quellen aus den Spitzen der meisten andern Berge hervorgehen. Sie schossen in großen Stralen fast so hoch, als die vorerwähnte Fichte, hervor.
Nachdem sie sich einige Zeitlang auf der Spitze aufgehalten: so stiegen sie alle den sandigen Weg hinab, bis sie an den Fuß des Zuckerhutes kamen. Weil dieser nun fast in einer geraden Linie abschüßig war, so kamen sie bald vorbey. Hier traffen sie eine Höle ungefehr 10 Ellen tief und 15 breit an, die wie ein Ofen oder eine Kuppel gestaltet war, und auf der Spitze ein Loch fast acht Ellen breit im Durchschnitte hatte. Sie ließen sich mit Stricken, die um ihren Leib gebunden waren, und von ihren Bedienten an der Spitze gehalten wurden, hinunter, und schwungen sich in dem Hinablassen, bis daß sie auf eine Schneebank kamen, auf der sie vollends hinunter glitschten. Sie waren genöthiget, sich also zu schwingen; weil in der Mitte des Bodens dieser Höle ein runder Wasserbrunnen ist, der einem Ziehbrunnen glich, dessen Fläche über eine Elle tiefer war, als der Schnee; aber so weit, als die Oeffnung an der Spitze, worunter er liegt; und er ist über sechs Faden tief. Sie vermutheten, daß dieß Wasser nicht von einer Quelle herkäme, sondern von dem hineingeweheten geschmolzenen Schnee, oder der durch die Felsen tröpfelnden Feuchtigkeit. An den Seiten der Grotte in einiger Höhe ist Eis, und Eiszacken hangen bis auf den Schnee. Nachdem sie aber dieses kalten Orts ganz überdrüßig waren, und wieder hinaufgezogen worden: so stiegen sie auf eben dem Wege den Berg wieder hinab, auf dem sie des vorigen Tages hinaufgestiegen; und um 5 Uhr des Abends kamen sie also zu Oratava an. Ihre Gesichter waren so roth und aufgesprungen, daß sie, um solche abzukühlen, genöthiget waren, sie mit Eyweiß zu waschen.
Die gerade Höhe des Pico wird gemeiniglich drittehalb Englische Meilen geschätzet. Sie fanden auf dem ganzen Wege keine Bäume, Kräuter oder Gesträuche, außer den Fichten, und unter dem weißern Sande eine Art von Genst, welches eine buschichte Pflanze war. Auch war an der Seite, wo sie die Nacht lagen, eine Art von Cordon, welche Stämme hatte, 8 Fuß hoch, und fast einen halben Fuß dick. Jeder Stamm wuchs in vier Vierecke (Dieß müssen die vom Nicols erwähnten viereckigten Röhre, und aller Wahrscheinlichkeit nach die Dildo seyn), und schoß aus dem Boden wie ein Busch von Binsen in die Höhe. An den Spitzen dieser Stämme wachsen sehr kleine rothe Beeren, welche, wenn sie zerquetscht werden, eine giftige Milch von sich geben. Wenn solche auf ein Pferd oder ander Thier fällt; so frißt sie gleich die Haare von der Haut. Von den verwelkten Stengeln dieser Pflanze machten sie die ganze Nacht ihr Feuer. Sie ist auch durchgängig über das Eyland ausgebreitet, und vielleicht eine Art von Euphorbium.
3. Eine dritte Reise nach der Spitze des Pico.
Von Herrn J. Edens.
Dienstags den 13ten August 1715, um halb eilf Uhr des Nachts, gieng der Verfasser in Gesellschaft vier Engelländer und eines Holländers, mit Pferden und Dienern, ihre Lebensmittel zu tragen, aus dem Hafen von Oratava. Ihren Führer hatten alle diejenigen gemiethet gehabt, welche diese Reise viele Jahre her gethan hatten.
Um halb zwölfe kamen sie nach der Stadt Oratava (Diese Stadt und Hafen liegen an der Nordseite des Eylandes.), welche zwo Meilen, ungefähr von dem Hafen ist. Hier nahmen sie Spatzierstöcke, um sich beym Hinaufsteigen auf den Pico zu helfen. Um Eins des Mittewochs Morgens kamen sie an den Fuß einer sehr steilen Höhe, ungefähr anderthalb Meile von der Stadt Oratava, wo es, anfing, sich auszuklären. Weil es Vollmond war: so sahen sie den Piko mit einer weißen Wolke, welche die Spitze wie eine Kappe bedeckte.
Um zwey Uhr kamen sie zu einem ebenen Platze auf dem Wege, welchen die Spanier Dornajito en el Monte verde, den kleinen Trog auf dem grünen Gebirge nennen; vermuthlich daher, weil ein wenig unter dieser Ebene an der Rechten, da wo sie giengen, eine tiefe Hölung ist, an deren obersten Ende eine hölzerne Wasserröhre in den Felsen gesetzet ist, und ein wenig tiefer bey dem Abfalle ein Trog steht, das Wasser aufzufangen, welches von den Gebirgen durch die Röhre kömmt, und sehr klar und kühle ist. Nachdem sie einen zuweilen rauhen, zuweilen sanften Weg gereiset, kamen sie um drey Uhr an ein kleins hölzernes Kreuz, welches die Spanier la Cruz de la Solera, das Kreuz von Solera nennen; indem es von einem Stücke von einer Solera gemacht worden, welches eine lange Stange ist, die an jedem Ende ein Loch hat, womit die Spanier Holz zu ziehen pflegen, indem sie das eine Ende an dem Holze, und das andere an dem Ochsen fest machen. Warum es aber hierher gesetzt worden, das konnte er nicht sagen; vielleicht aber ist jemand daherum erschlagen worden. An diesem Orte sahen sie die Pike vor sich; und ob sie wohl gleich von dem Hafen bergan gegangen: so schien sie doch in ihren Gedanken hier noch fast eben so hoch, als dort, indem die weiße Wolke den größten Theil des Zuckerhutes verdeckte.
Ungefähr eine halbe Meile weiter kamen sie an die Seite eines Hügels, der sehr hoch, rauh und steil war. Der Ort hieß Caravalla (Der Verfasser bemerket, daß eine Caravelle ein altmodisch Schiff bedeute, welches vormals in Spanien sehr gebräuchlich gewesen… ); vermuthlich von einem großen Fichtenbaume zur rechten Hand, deren daselbst an beyden Seiten viele wachsen. Ihr Führer verlangte, sie möchten solchen wohl ansehen, indem er einen großen herausgewachsenen Ast hatte, welcher mit den Zweigen darauf, wie das Vordertheil eines Schiffs aussieht. Unter diesen Bäumen, nicht eben sonderlich hoch in der Luft, sahen sie den Schwefel sich selbst, gleich einer Rakete oder Schlange von Schießpulver, entzünden. Das Feuer lief in einem Strome herunter, und der Rauch stieg von dem Orte auf, wo er zuerst Feuer fing. Sie sahen in der folgenden Nacht eben das, als sie unter den Felsen bey la Stancha lagen. Er konnte aber nicht merken, ob etwas davon einen Knall gäbe.
Drey Viertel nach Vieren kamen sie zu der Spitze dieses Gebirges, woselbst ein großer Baum wuchs, welchen die Spanier el Pino de la Merienda, das ist, die Fichte nach der Mittagsmahlzeit, nennen. Das Feuer, welches die Reisenden gemacht, die sich daselbst aufgehalten, hatte den Baum an der Erde verbrannt, woraus der Terpentin gieng. Wenige Ellen davon hatten sie ein Feuer gemacht, wo sie sich und ihre Pferde erquickten. Es heckten viele Kaninichen unter diesen Hügeln, welche sandig waren. Es ist auch ein großer Weg auf den Pico hinauf selbst Sand; hinter dem Zuckerhute aber nicht gar zu viel mehr.
Drey Vierthel nach Fünfen giengen sie wiederum weiter; und eine halbe Stunde nach Sechsen kamen sie nach der Kluft, Spanisch Portillo. Von hier sahen sie die Pike noch immer mit einer Wolke auf der Spitze bedeckt, ungefähr drittehalb Meilen vor sich; und die Spanier sagten, sie wären noch eben so weit von dem Hafen. Um halb Sieben kamen sie nach las Faldas, das ist, dem Rande der Pike; von da nach la Stancha, welches eine Vierthelmeile von dem Fuße der Pike ist. Sie ritten auf kleinen leichten Steinen, nicht viel dicker, als eine Faust, und viele nicht breiter, als ein Schilling, welche außer dem gebahnten Wege fast über des Pferdes Huf giengen. Sie bedeckten den Grund eine ziemliche Tiefe; denn der Verfasser stieg vom Pferde, und machte ein Loch, konnte aber nicht bis auf den Grund derselben kommen.
Es giebt daselbst viele starke Felsen, deren einige zwo Meilen etwan von dem Fuße der Pike liegen. Der Führer erzählte ihnen, sie wären von der Spitze der Pike ausgeworfen, als er gebrannt hätte. Einige von ihnen lagen haufenweise über 60 Ellen lang; und sie beobachteten, daß, je weiter diese Felsen von dem Fuße der Pike lagen, desto ähnlicher sie dem Steine gemeiner Felsen waren. Je