Dann erläuterte ich, was ich unter Kooperation verstand: nämlich ein regelmäßiges tägliches Ausführen des Hundes Minna unter strikter Vermeidung stundenlanger vorheriger Diskussionen, das Ganze organisiert nach einem fairen Dienstplan, der selbstverständlich mit einem gewissen Maß an Flexibilität zu handhaben sei. Ich selbst sei trotz knapp bemessener Zeit bereit, meinen Beitrag zu leisten, etwa an freien Wochenenden, betonte ich gegenüber den Söhnen, um noch anzufügen, dass für ihre Mutter aus verschiedenen Gründen Sonderregelungen zu gelten hätten, zumindest mittelfristig.
Die Söhne, einschließlich des jüngsten, hatten dieses Thema bis dahin mit einer Gleichgültigkeit behandelt, die schon an Obstruktion grenzte. Die beiden älteren pflegten mit bedeutungsvoller Miene auf schulische oder sonstige nicht näher definierte Verpflichtungen zu verweisen, um sich aus der Affäre zu ziehen. Auch spielten sie gern darauf an, dass sie mit der Anschaffung des Hundes nicht das Geringste zu tun gehabt hätten. Was unseren Jüngsten betraf, so mehrten sich bei ihm die Anzeichen jener präpubertären Trägheit, die sich oft mit einer bestimmten Art von fadenscheinigem Pragmatismus tarnt. Kam die Rede aufs Gassigehen, brachte er das Argument vor, der Garten sei doch wohl groß genug, um dem Hund alle Möglichkeiten eines artgerechten Auslaufs zu bieten. Dabei hätte selbst ihm klar sein müssen, dass das Gassigehen eine elementare Bedeutung hat, nicht nur aus erzieherischen Gründen, sondern weil sich erst dadurch die wünschenswerten und für die Sozialisation notwendigen Kontakte zu anderen Hunden ergeben.
Es wäre übertrieben gewesen, die Wirkung der väterlichen Appelle als durchschlagend zu bezeichnen. Aber sie verpufften auch nicht völlig ungehört. Allerdings dauerte es eine ganze Weile, bis sich erste Tendenzen der Besserung zeigten. Die Verweigerungsfront begann zu bröckeln. Unter Murren zwar, doch immerhin, verständigten sich die Söhne nach und nach auf die erforderlichen Übereinkünfte – unter bedingter Einbeziehung ihrer Mutter. Sie erklärte sich eines Tages doch noch bereit, den Hundekorb aus dem Wintergarten ins Wohnzimmer zu schaffen und die beiden Näpfe für Futter und Wasser in der Diele aufzustellen.
Der Hund Minna brauchte nicht viel Zeit, um sich an die derart positiv veränderte Lebenssituation zu gewöhnen. Zunächst lief er unter Dauereinsatz seiner Nase unentwegt in der Wohnung hin und her in dem artentypischen Bestreben, sich sein neues Terrain geruchstechnisch quadratzentimetergenau einzuprägen. Aber dann war es auch gut damit. Die neue Ausgabestelle für Speisen und Getränke war ihm bereits nach einem Tag so vertraut, als wäre er nie andernorts verköstigt worden.
Überhaupt zeigte Minna alsbald ein sehr stark entwickeltes Interesse an Speisen aller Art, auch solchen, die nicht für sie bestimmt waren. Seit sie herausbekommen hatte, was in der Küche vor sich ging, wurde diese zu einem ihrer bevorzugten Aufenthaltsorte. Zwar behauptete meine Frau mittlerweile nicht mehr, der Hund mache Anstalten, sie zu beißen, aber dafür berichtete sie nun regelmäßig von mit erheblicher Hartnäckigkeit vorgenommenen Versuchen, irgendwelche heruntergefallenen Speisereste zu ergattern. Die Söhne erzählten, beim Gassigehen komme es vor allem darauf an zu verhindern, dass der Hund irgendetwas Unverdauliches fräße, was die Sache zuweilen ziemlich anstrengend mache.
Wir neigten dazu, dieses Verhalten der Jugend und Unerfahrenheit Minnas zuzuschreiben. Aus den Informationsgesprächen mit erfahrenen Kollegen wusste ich aber inzwischen, dass Hunde enorm schnell bestimmte, auch unerwünschte Gewohnheiten annehmen, wenn dem nicht beizeiten mit pädagogischen Maßnahmen vorgebeugt wird. Gelegentlich kam dieses Thema bei unseren familieninternen Diskussionen zur Sprache, aber wir maßen ihm keine übermäßige Bedeutung bei. Insgesamt entwickelte Minna sich recht erfreulich, das war die allgemeine Auffassung.
Eine ihrer Gewohnheiten bestand darin, anstelle ihres Körbchens das Sofa als Ruhestatt zu verwenden, nachdem es ihr einmal gelungen war, mit einer Mischung aus Sprung und Klimmzug auf dieses zu gelangen. Sofort machte sie es sich auf der einen Seite des Sofas bequem, während auf der anderen meine Frau saß. Der Abstand zwischen beiden war nicht sonderlich groß, und gelegentlich schien es, als werde er nach und nach immer kleiner.
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