Die Hauptpersonen
Schauplatz Nizza
Henri Dupont, Privatdetektiv
Alida Celentano, seine Freundin und Mitarbeiterin
Bernard Grandville, sein Partner
Caroline, seine Frau
Auguste Grandville, sein Vater, Industrieller, ehemals Minister
Die Zeitung La voix du sud
Arthur Bétancourt, Besitzer der Zeitung
Marius Barre, Chefredakteur
Jason Thierry, Herausgeber
Serge Makoulian, Lokalredakteur
Lisette Makoulian, seine Frau, Archivleiterin
Roger Cellier, Lokalreporter
Miranda Farnèse, Reporterin
Polizei von Nizza
Cellini, Polizeipräsident
Boulanger, Kriminalkommissar
Meunier, Kriminalkommissar
Honoré Barthélémy, Kriminalassistent
Lefèvre, Staatsanwalt bzw. Untersuchungsrichter
Sonstige
Marc Boutroux, ehemals Söldner
Robert Boutroux, sein Bruder, Bürgermeister von Draguignan
Charles-Frédéric Bertrand, Besitzer einer Gocart-Bahn
Dufour, Rechtsanwalt von Marius Barre
Almansour, Mitarbeiter
Schauplatz Paris und Umgebung
Regierung
Galland, Präsident der Republik, Sozialist
Duclos, Premierminister, UDR
Hugues, Innenminister
Salomon de Villepin-Montreux, General, Direktor des BISP (Bureau d'information de sécurité publique)
Robert Petit, Mitarbeiter des BISP
Teissier, Mitarbeiter des BISP, Philatelist
Polizei
Renard, Kriminalkommissar
Lafitte, sein Assistent
Desailly, sein 2. Assistent
Mirefleur, Gerichtsarzt
Prosper Canart, Leiter der Zweigstelle Paris der Detektei Dupont
Louise Granier
Alain, ihr unehelicher Sohn
Max Laurier, Zimmergenosse von Alain im Internat
Dimitri Maisky, Hotelier
Eric Maisky, sein Sohn
Landwirtschaftliche Hochschule von Gersaint
Danielle Bertrand, Studentin
Rude, Student
Moroni („Poil de carotte“), Student
Barrault, Student
Julio Martini, Lektor für Italienisch
Monfils, Vorsteher des Postamts von Gersaint
Jeanne Moreau, Sekretärin
Kapitel 1
Julio Martini hatte sich auf einer Bank unter den Bäumen des Jardin du Luxembourg niedergelassen, um die laue Frühlingsluft zu genießen, außerdem wollte er den Lehrstoff rekapitulieren, den er heute seinen Studenten vermitteln wollte. Er musterte mit kritischem Blick die Replik der bekannten Cäsarbüste, die auf einer Stele ihm gegenüber stand. Einige Schritte weiter links war der Marmorkopf des Augustus zu sehen und nicht weit von ihm tauchte Caracallas’ Gesicht auf, mit gedrehten Löckchen in Bart und Haupthaar.
Im hellgrünen, noch nicht ganz dichten Laub der Linden lärmten Spatzen in Erwartung eines Tierfreunds. In der Tat setzte sich bald darauf eine alte Frau auf die Nachbarbank, kramte in ihrer Einkaufstasche, zog eine Tüte heraus und begann Brotkrumen vor sich hinzuwerfen. Kaum eine Minute später flatterten und hüpften Dutzende von Vögeln in wildem Getümmel um sie her.
Julio hatte die Sprachlehre durchblättert, die Lektion memoriert, das Buch wieder in sein braunes Diplomatenköfferchen gesteckt und dieses neben sich an die Bank gestellt. Da noch etwas Zeit bis zur Abfahrt war, streckte er die Beine aus, verschränkte die Hände im Nacken und beobachtete, wie sich die Tiere ums Futter stritten. Fiel ein Brotstück in die Menge, schossen gleich mehrere darauf zu, bis ein Glücklicher davonflog, um die Beute in Frieden auf einem Ast zu verzehren. Doch vergeblich, mindestens einer folgte und jagte ihm das Stück ab, bis endlich nur noch Krümel herabrieselten, um die sich keiner mehr kümmerte.
Julio hatte sich wie immer, wenn er zum Unterricht ging, in eine Art offiziellen Dress zwängen müssen, um der Etikette des Instituts genüge zu tun, an dem er seit Beginn des Studienjahres als Lektor für italienische Sprache unterrichtete. So trug er einen taubengrauen, für den heutigen Tag schon fast zu warmen Anzug mit enger Weste, darunter ein gestärktes weißes Hemd mit einer dezenten Krawatte, die ihm den Hals zuschnürte. Seine Schuhe waren blank geputzt, sein neuer Aktenkoffer war aus braunem Leder mit Messingverschlüssen.
Er schloss die Augen im warmen Sonnenschein, der durch die Lücken im Laubwerk fiel, hörte träumerisch Sperlinge schilpen, Meisen zwitschern und dachte an seine Freundin im fernen Umbrien. Julio stammte aus Orvieto, wo sein Vater Lateinisch am Lyzeum gelehrt hatte, bevor er wegen des Fortschreitens einer multiplen Sklerose aus dem Dienst scheiden musste.
Bei einem Ausflug hatte Julio im Herbst des vergangenen Jahres Cleopatra Neri kennengelernt, die in ihrer Heimatstadt Pitigliano eine kleine Galerie besaß, wo sie ihre eigenen Bilder und Kunsthandwerk der Region verkaufte. Pitigliano liegt auf einer Felszunge, die sich wie ein Schiffsbug in einen tiefen Canyon vorschiebt. Die schlichten ockerbraunen Bruchsteinhäuser wachsen aus der gleichfarbigen Klippe heraus und lassen die Stadt wie eine ausgedehnte Festung aussehen.
Er hatte sich aus dem Fenster des Ausstellungsraum, in dem er völlig allein war, gebeugt und einen Blick hinabgeworfen. Tief unten am Fuß der Felsen glitzerte das Wasser des kleinen Flusses zwischen den Bäumen in herbstlichen Feuerfarben, und der süßbittere Geruch der welkenden Blätter wehte mit dem kühlen Wind hinauf. Als er sich umwandte, stand Cleopatra hinter ihm und sprach ihn an. Sie mochte etwas älter als er sein, er schätzte sie auf Ende zwanzig. Sie war nur ein wenig kleiner als er, dunkelblond und wohlproportioniert.