Endgame. Alexander Winethorn. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Winethorn
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742764508
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vom Störsender betroffen?«

      »Weil die meisten Telefone ihre Signale über Zivilsatelliten senden«, murmelte Lukas mit gesenkter Stimme.

      »Was meinst du damit?« Adam musste einige Sekunden nachdenken, bis er selbst auf die Antwort kam. »Ist das …? Ist das etwa … ein Militärsatellit, über dem du dein Telefon benützt?«

      Lukas hob seine Schultern und sagte: »Zivile Satelliten haben eine zu schwache Signalcodierung. Sie sind zwar einfacher zu hacken, aber dafür empfindlicher für Störungen. Das Militär ist in dieser Hinsicht besser ausgestattet, obwohl nicht alle ihre Satelliten gegenüber Störungen unempfindlich sind. Deswegen dachte ich, es wäre eine gute Idee, einen Militärsatelliten anzuzapfen, der nicht betroffen ist. Außerdem hat es den Vorteil, dass meine Telefonrechnung sehr niedrig sein wird.«

      »Du willst mir also weismachen, dass du dich in einen Militärsatelliten gehackt hast? Mit diesem gewöhnlichen Handy?« Adam musterte ungläubig das kleine, flache Gerät.

      »Das ist kein gewöhnliches Handy. Ich habe dir doch gesagt, dass ich gerne bastle, und dieses Telefon gehört zu meinen Basteleien. Das Gerät ist mit ein paar … Extras ausgestattet.«

      »Mit was für Extras?« Adam war sich nicht sicher, ob er die Antwort überhaupt hören wollte.

      »Siehst du das?« Lukas zeigte auf einen kleinen Anschluss am unteren Ende des Telefons. »Damit kann ich das Gerät an einen Computer anschließen, und mit dem von mir entwickelten Dechiffrierprogramm ist es mir möglich, so gut wie jedes Passwort und jede verschlüsselte Nachricht auf dem Computer zu knacken.«

      »Du entwickelst so etwas? Du schreibst solche Programme selbst?«

      »Ja, das ist auch einer der Gründe, warum ich von der Polizei rekrutiert wurde.«

      »Und seit wann hast du dieses … Talent?«

      »Das beherrsche ich bereits seit meiner Kindheit. Damals habe ich mich in den Computer meines Vaters gehackt und seine geheimen Pornofilme gelöscht. Er war nicht gerade glücklich darüber, das kann ich dir sagen.«

      »Und wann hast du gelernt, dich in einen Militärsatelliten zu hacken? Im Kindergarten?« Adam blickte skeptisch auf seinen Kollegen.

      »Nein, das kann ich erst seit einem Jahr. Aber es ist einfacher, als man denkt.«

      »Du weißt, dass wir Polizisten sind, oder? Unsere Aufgabe ist es, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten und das Gesetz zu wahren.« Adam betonte besonders die letzten Worte. »Es ist nicht unser Job, irgendwo unerlaubt einzudringen und private Informationen zu stehlen.«

      »Ja, schon klar, aber nur, damit du Bescheid weißt, den Auftrag für diese Modifikationen am Telefon erhielt ich direkt von meinem Vorgesetzten. Also ganz so illegal ist es auch nicht. Zumindest nicht für uns bei der Polizei.«

      Eigentlich lehnte Adam diese Art von Doppelmoral kategorisch ab, und ihm war bewusst, Polizist hin oder her, dafür konnten sie eine Menge Ärger bekommen. Doch die Situation entsprach nicht der Norm, und es sah momentan nicht gut für sie aus, dementsprechend mussten sie das nehmen, was sie kriegen konnten. Außerdem würde ein derartiges Telefon wahrscheinlich bald zur Standardausrüstung für jeden Polizeibeamten gehören, dann würde er selbst mit so einem Gerät herumlaufen.

      »Ich habe den Ursprung des Störsignals gefunden«, sagte Lukas und drehte sich zur Eingangstür. »Das Signal kommt aus dem Zoo.«

      Warum sollte jemand ein Störsignal aussenden? Und für wen war dieses Störsignal gedacht? Für die Polizei? Die Demonstranten? Oder für jemand ganz anderen? Wer auch immer dafür verantwortlich war, musste sich im Zoo herumtreiben.

      »Sollen wir das Störsignal suchen gehen?«, fragte Lukas.

      »Nein, unser Auftrag lautet, die Menschen hier zu begleiten und für Ruhe zu sorgen.« Adam gefiel die Sache nicht, und er hätte nur zu gerne herausgefunden, wer hinter all dem steckte, doch seine Befehle waren eindeutig.

      Die Demonstranten setzten sich in Bewegung. Der Protestmarsch begann.

      Adam und Lukas nahmen Schild und Schlagstock in die Hände und begleiteten die Menschenmasse, dabei hielten sie einen Sicherheitsabstand von mindestens drei Metern ein. Adam hätte sich gewünscht, dass auch die Vertreter der Medien eine gewisse Distanz wahren würden, dem war aber leider nicht so. Fotografen und Kameraleute tänzelten direkt vor ihren Nasen herum oder rannten durch die Menge, als wären sie auf einem Kindergeburtstag. Die meisten Demonstranten ignorierten die Polizisten, nur ein paar Mal kamen Buhrufe aus der Menge, die eindeutig gegen sie gerichtet waren.

      Weil der Protest unüberschaubar wurde, wandte Adam einen Trick an, der bei der Orientierung helfen sollte. Er fixierte seinen Blick auf eine bestimmte Person. Diese Person sollte ihm als Orientierungspunkt dienen, für den Fall, dass es später chaotisch werden würde. Adam wählte eine Frau, die passend zu ihrem tigergestreiften Kleid eine Katzenmaske trug. Mit ihren blond gefärbten Haaren und den weißen Stiefeln stach sie aus der Menge hervor.

      Bis jetzt hielt sich Lukas recht gut, dennoch waren dem jungen Polizisten bereits die ersten Ermüdungserscheinungen anzusehen. Er ließ den Schild am Asphalt entlang schleifen, und seine Wangen liefen vor Anstrengung rot an.

      Ein männlicher Demonstrant kam ihnen gefährlich nahe, Lukas wollte auf ihn zu gehen, doch Adam hielt seinen Kollegen zurück. Der Mann suchte nur jemanden und verschwand gleich wieder in der Menge, ohne die Polizisten zu belästigen.

      Nach einigen hundert Metern vernahm Adam einen Schmerzensschrei, der vom äußeren Ende des Protestmarsches kam. Er winkte seinem Kollegen zu, stehen zu bleiben. Die Menschenmasse setzte unbeirrt ihren Weg fort und ließ die Polizisten hinter sich. Adam sah eine kleine Gruppe, bestehend aus zwei Zivilisten und zwei Polizisten, die sich von den anderen abgespalten hatte.

      Eine Frau mittleren Alters kniete auf der Straße, neben ihr wurde ein Mann von einem der Polizisten mit dem Schlagstock gewürgt. Adam und Lukas verließen ihre Position und liefen zu der Gruppe hinüber. Als sie näher herankamen, sah Adam, wie die Frau ihre Hände schützend vor das Gesicht hielt und weinte. Leider musste er auch feststellen, dass es sich bei einem der beiden Polizisten um den Blonden handelte.

      »Was geht hier vor?«, rief Adam dem Kollegen zu.

      »Nichts! Wir haben alles unter Kontrolle«, erwiderte der Blonde, während er den Mann mit dem Schlagstock würgte. »Das sind nur ein paar Aufrührer, die eine Lektion in Respekt und Demut brauchen.«

      »Stimmt doch gar nicht, ihr habt uns ohne Grund angegriffen!«, schrie die Frau. Sie wurde jedoch von dem anderen Polizisten durch eine einschüchternde Geste mit dem Schlagstock schnell zum Schweigen gebracht.

      Adam stellte sich schützend zwischen den Demonstranten und den Kollegen. »Lass ihn los!«, forderte er den Blonden auf, der sein Opfer weiterhin strangulierte, bis das Gesicht des Mannes blaurot anlief und Speichel aus den Mundwinkeln herunterrann. »Ich sagte, du sollst ihn loslassen!«, rief Adam energischer und machte einen drohenden Schritt auf den Blonden zu. »Oder hat dir die Abreibung im Schulhof nicht gereicht?«

      Der Blonde erlöste den Demonstranten von seinem Würgegriff. Der Mann stürzte schwer keuchend zu Boden und rang nach Luft. Die Frau eilte sogleich zu ihm. Erst jetzt erkannte Adam, dass die Frau nicht um den Mann weinte, wie er anfangs vermutet hatte. Sie weinte, weil sie mit Pfefferspray besprüht wurde. Die stark aufgequollenen, roten Augen und der rote Ausschlag auf ihrem Gesicht waren eindeutige Indizien dafür.

      »Geht jetzt wieder nach Hause!«, befahl Adam den Demonstranten. »Und spülen Sie das Gesicht der Frau mit viel Wasser aus. Sie sollte in den nächsten Tagen ihre Augen schonen.«

      Die Gruppe verließ die Straße und ging zurück in Richtung Parkplatz.

      »Vielleicht sollte ich dich warnen. Ich bin mit dem Schlagstock besser als mit den Fäusten«, schnaubte der Blonde verächtlich.

      »Warum überrascht mich das bloß nicht?«, entgegnete Adam gleichgültig. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war eine Schlägerei mit seinen eigenen Leuten. Lukas blickte unsicher