Ich bekam keinen Halt mehr, in mir und im Außen. Andere gingen so noch jeden Tag zur Arbeit. Ein Rätsel. Obwohl, Musikmachen konnte ich auch noch, wir waren ja alle bedröhnt. Doch wenn wir einen Auftritt hatten, schaffte ich es mittlerweile, nach einem besonderen Vorfall der mich aufrüttelte nüchtern zu bleiben. Bis nach getaner Arbeit.
Das hatte ich mir mit 17 einmal so angewöhnt, nachdem wir alle hoch- stoned und ober- besoffen im Frankfurter Sinkkasten auf der Bühne gestanden hatten und ich die Blicke der Leute sah, als ich ständig den Text vergaß und nur in die panischen, knallroten Augen meines Bruders neben mir an der Gitarre sah, der mir nicht sagen konnte wie die nächste Strophe ging. Wir bekamen nichts mehr hin und nichts mehr mit, aber wir spielten noch. Aufrecht stehend!
Das war mir peinlich, da nicht zu übersehen war dass die ganze Band völlig daneben war und ich schämte mich entsetzlich, eine so schlechte Arbeit abgeliefert zu haben.
Musikmachen war mir heilig, da konnte ich bei meinem Suchtverhalten ansetzen.
Es bedeutete mir einfach zu viel und es machte, normalerweise alle meine Sinne wach. Ich lebte wenn ich sang. Leider nur dann. Meine Seele jubilierte, wenn ich tat wofür ich geschaffen war. Kann es nicht anders ausdrücken.
Es ist völlig egal was es genau ist, das unsere gesamte Energie zum Schwingen bringt. Solange wir keinem schaden oder anderen unseren Willen aufzwingen (wichtigster Satz im Universum!), sind wir auf dem richtigen Weg.
Wenn wir tun, was unserer ganz ureigenen Matrix entspricht, spüren wir es untrüglich und wissen eins ganz klar: wir sind jetzt genau am richtigen Ort und hier zur richtigen Zeit.
Es ist, als manifestierte das die höchste Liebe unseres Selbst. Wir sind in diesen Momenten absolut frei und auch eins mit allem. Es ist ein Glücksgefühl dass uns kein Ersatzrausch, keine Materie und kein anderer Mensch bringen kann. Wir sind absolut im hier und jetzt und wir fühlen uns vollkommen.
Wenn wir es gefunden haben, sollten wir alles tun um es zu realisieren und es Teil unseres Lebens werden zu lassen. Alles verändert sich danach vollkommen und plötzlich stellen wir fest dass wir die Menschen und das Leben tatsächlich lieben.
Es ist unsere Aufgabe mehr als nur 5 % unseres Gehirns zu nutzen. Auch wenn es nach Jahren wieder etwas Neues gibt daß uns dieses Gefühl des Einsseins geben kann, wir entwickeln uns schließlich weiter, sollten wir auch da keine Mühen scheuen diese neue Energie in die Welt zu bringen und unser Leben dementsprechend zu ändern.
Glückliche Leut´ wollen nicht das es anderen schlecht geht. Glückliche Leut´ machen eine glückliche Welt! „Dem“ sollten wir all unser Streben widmen. Dafür sorgen, dass es allen auf diesem Planeten gut geht. Amen. Om namah shivay! Halleluja! Heureka.
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An diesem besagten Tag unseres grandiosen Auftrittes im alten Sinkkasten, war ein bestimmter Freund schon mittags bei uns aufgekreuzt und wollte, wie alle Freunde und Freundinnen mit zu unserem Konzert kommen. Damit alle umsonst mit zur Veranstaltung konnten, trug jeder einen Verstärker oder eine Gitarre hinein, als Roadie quasi und das klappte auch immer gut. Wer hatte in dem Alter schon Geld für teure Eintrittskarten?
Nur war dieser Freund einer, der die gleichen Sucht- Gene wie ich hatte und er fing sofort an, schon mittags um 2 das erste Schillum zu bauen und mich zu nötigen auch richtig tief zu inhalieren. „Das kannst du doch besser“, meinte er noch und, blöd wie ich war tat ich das auch, um zu zeigen dass ich das konnte und saugte wie eine Idiotin daran bis eine so große Rauchwolke aus meiner Lunge kam dass der ganze Raum von dichtem Nebel eingehüllt war. Geht doch! Danach saß ich völlig zugedröhnt daneben und konnte kaum noch aus den Augen gucken, noch bevor wir überhaupt unsere Instrumente eingepackt hatten.
Da ich, wie gesagt nie nein sagen konnte rauchte ich auch jedesmal mit, wenn nach und nach der nächste eintrudelte. Bei jedem neuen Gesicht stopfte unser Freund wieder sein Schillum und machte so viel rein wie ich in einer Woche nicht rauchen würde. Und was machte ich? Ich zog auch immer schön ordentlich dran, es schmeckte so gut und dann kam dieser Auftritt, den ich mein Lebtag nicht vergessen werde. Ich möchte nicht wissen wieviele Schillums mein Bruder und ich an diesem Tag geraucht hatten, es kamen an diesem Tag aber auch so viele mit weil Wochenende war. Als es, abends nach 9 Uhr endlich losging, konnten wir beide kaum noch stehen. Dazu tranken wir alle auch noch Bier!
Am Ende des 2. Sets lief ein „älteres“ Paar an der Bühne vorbei. Sie waren so um die 30, aber für mich 17- jährige waren sie schon steinalt. Im hinteren Teil des alten Sinkkastens, der damals noch direkt am Main, an der schönen Aussicht lag, war es an der kleinen Bühne ziemlich eng. Der Raum ging da noch ein Stück um die Ecke herum und da konnten auch noch ein paar Leute sitzen. Sie mussten sich aber, wenn sie wieder nach vorne wollten, an der kleinen Bühne vorbeiquetschen.
Die Frau, eine Erwachsene, die anscheinend extra zu unserem Auftritt (aus Aschaffenburg) angereist war, schaute mich einen Moment an, als sie auf gleicher Höhe mit mir war. Ich hatte die Hände auf den Mikrophonständer gelegt und wartete bis das Solo vorbei war. Ich stand am vorderen Bühnenrand und wartete auf meinen Einsatz.
Einen Moment setzte die Zeit aus und wir schauten uns einen ewigen Augenblick schweigend an. Ich sah wie tief enttäuscht sie war. In ihrem Blick lag alle Verachtung die man sich vorstellen kann und ich wurde rot bis unter die Socken. Sie fixierte mich 3 Sekunden lang so strafend dass ich sofort und auf Immer und Ewig alle Schuldgefühle der Welt bekam. Ich versank im Erdboden und stand plötzlich völlig entblößt und ungeschützt da. Ich hatte ihr den Abend verdorben und ich war schuld!
Die anderen haben sie gar nicht bemerkt. Die meisten Gitaristen schließen auch immer die Augen wenn sie sich an ihrem Solo auf den Knien ergötzen!
Wir waren erst 17, 18, 19 aber es sah so aus als seien diese „ erwachsenen“ Leute extra wegen uns gekommen, was mich sehr erstaunte. Es traf mich dass wir sie so bitter enttäuscht hatten.
Das nahm ich mir zu Herzen, wie es so schön heißt und habe nach diesem Vorfall, vor und während eines Konzerts nie mehr etwas zu mir genommen. Es gab also doch so etwas wie eine Disziplin in mir und ich blieb beim Musikmachen bis an mein Lebensende konsequent dabei, bis auf eine einzige Ausnahme. Auch in den Pausen wurde in der Garderobe von den Fans, die uns etwas Gutes tun wollten gerne Joints herumgereicht und alle tranken Alkohol. Auf der Bühne standen immer die Biergläser der Jungs auf den Verstärkern herum, ganz selbstverständlich. Sie tranken den ganzen Abend Alkohol (während der Arbeit!) und der Wirt liefert regelmäßig Nachschub. Für die Stimmung! Bei der Zugabe waren immer alle ziemlich betüddelt und das jeden Abend. Ich konnte das nicht und war froh, mich zeitig davon verabschiedet zu haben.
Ich war so unsicher auf der Bühne dass ich nur ganz weite Pullis und flache Schuhe tragen konnte, nachdem ich mich als 20 jährige in hochhackigen Schuhen nach einem Auftritt einmal verletzt hatte. Wäre etwas an meiner Kleidung zu eng gewesen, hätte ich den ganzen Abend Angst gehabt etwas rutscht hoch oder eine Naht platzt und ich wäre nur damit beschäftigt gewesen an mir herum zu zuppeln. Ich durfte durch nichts abgelenkt werden, ich brauchte alle Konzentration, um meinen Text nicht zu vergessen.
Da ich so oft die Bands wechselte, gab es auch immer die anstrengende Eingewöhnungszeit, bei der ich damit beschäftigt war meinen Einsatz nicht zu verpassen, da es am Anfang immer dauert bis man die Abläufe der vielen Songs drauf hat. Die meistens Bands hatten ihr festes Programm dass sie schon seit Jahren spielten, ich musste manchmal innerhalb weniger Tagen alles neu lernen wenn ein Sänger unvorhergesehen ausgefallen war. Unfall oder Krach.
Einer war einmal über Nacht nach Amerika abgehauen, weil er die Schnauze voll hatte und sie befanden sich mitten in ihrer Frühjahrstournee. Mir blieb eine Nacht, um mich auf ihr Programm vorzubereiten und genügend Klamotten einzupacken, weil ich nicht wusste wann