VERBUCHT!. Topsi Torhaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Topsi Torhaus
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742789600
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an Erkältungen erkrankt, was die Geschäftsführung gar nicht verstehen konnte. Da aber leider die Schaltzentrale und somit der Temperaturregler in der deutschen Hauptzentrale Hassdorf gelegen war, blieb die Anzahl der temperaturschwankungsbedingten Erkältungskrankheiten das Geheimnis der Luxemburger Niederlassung. Aber man sollte nicht undankbar sein, die Schaltzentrale hätte auch in der Wüste Gobi oder alternativ in Sibirien liegen können! Und dann hätten die Schwankungen von Tag und Nacht inklusive der Zeitzonen ganz anders ausgesehen.

      Zurück zu den Office Gebäuden in meinen Traumvorstellungen. Bei diesen mir vorschwebenden Gebäuden waren die Glasfronten trotz winterlicher Verhältnisse vollkommen sauber. Man schritt ehrfürchtig durch eine große Empfangshalle aus Chrom, Carrera Marmor zierte den Boden und erlesene Zeitungen standen an der Empfangsinsel für die Besucher bereit. Ein Blumenarrangement in schillernden Farben, als wäre es für eine Hochzeit eines Scheichs in Dubai bestellt, machte das Bild perfekt.

      Die Büros waren ausgestattet im Sinne der Feng Shui Philosophie: groß, sauber und offen, mit Glasschreibtischen und ergonomisch geformten, schwarzen, edlen Lederbürostühlen. Feine Teppichböden, supermoderne Bildschirme und ein Blick ins Grüne, alternativ auf einen Pool, rundeten meine Vorstellungen ab. So wie die Office-Neubauten eben alle heutzutage aussehen und in welchen ein Unternehmen der Kategorie Scrooge Inc. normalerweise residieren würde, sollte man annehmen.

      Ein Hupen hinter mir katapultiert mich in die triste Gegenwart. »Mist«, denke ich. Ich stehe irgendwie auf der Abfahrt ins Einkaufszentrum. Weit und breit ist kein Glasbau zu sehen, kein sauberer Glasbau, nicht mal ein schmutziger. Also versuche ich irgendwo links abzubiegen, oder war es nochmal rechts? Sicherheitshalber schiele ich auf meinen schlauen Zettel: Links ist die richtige Richtung!

      »Ach, da ist ja auch der Cactus, dann bin ich doch tendenziell richtig«, sage ich mir. Also biege ich links ab, auch wenn die Stimme aus dem Navigationsgerät eine andere Meinung vertritt. Ich bin erstaunt, dass ich nun auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums stehe. Sicherlich habe ich in meinen Gedanken einen vorigen Befehl der Dame aus dem Navi verpasst.

      Das kommt davon, wenn man von tollen Gebäuden und Glasfassaden träumt. Es ist zwar fast dunkel, aber dennoch wäre mir ein großer Bürokomplex aufgefallen, oder bin ich neuerdings nachtblind?

      Das käme bei meinem Greisenalter hin. Zum Glück bin ich rechtzeitig weggefahren. So habe ich genügend Zeit zu suchen. Aber nach der Beschreibung von Herrn Dahlmanns muss sich das Büro ja in unmittelbarer Nähe befinden. Wäre ja gelacht, wenn ich das nicht finden würde. Also parke ich auf dem offiziellen Parkplatz des Einkaufszentrums und gehe in die von Herrn Dahlmanns beschriebene Richtung.

      Auf meiner Rechten sehe ich ein ziemlich verfallenes Haus, Nummer 158. Nein, das passt nicht. Es sollte direkt daneben stehen, also die Hausnummer 156. Ich gehe ein Stück weiter, die Nummer 156 kommt, aber ich sehe nur ein Küchenstudio. Ich glaube mich zu erinnern.

      »Das Bürocenter ist direkt vor dem Cactus, es ist ein Küchenstudio unten im Gebäude.« Sehr gut, dann bin ich ja richtig. Zügig nähere ich mich dem Küchenstudio, aber kein »Office Center« ist zu sehen. Ich lasse meine Blicke etwas nach oben schweifen, ... ah, hier steht etwas von Service Office. Das muss es dann ja sein, aber wo verdammt ist denn der Eingang zu dem Center? Zum Glück bin ich früh genug da, um nicht verspätet zu meinem Termin zu erscheinen.

      Mit meinen Unterlagen im Arm mache ich mich zum vermeintlichen Eingang. »Mist, nun fängt es auch noch an zu regnen«, schimpfe ich laut vor mich hin, und ich habe selbstverständlich keinen Schirm mitgenommen. Ich renne also zu dem »Eingang« - Verschlossen!

      Klar, sieht ja auch nicht gerade aus wie der Empfang eines Office, eigentlich eher wie der Eingang eines Ladens für Bastelbedarf in früheren Zeiten.

      Ich gehe also um das Haus herum, nun bin ich richtig, denn nebenan sollte das Küchenstudio sein. Langsam gehe ich im Dunkeln nach hinten zum Haupteingang. Vorne oder hinten angekommen - je nach Perspektive nicht ganz eindeutig, sehe ich nur eine winzige, fast baufällige Treppe, die ich hinaufgehe und dabei die Luft anhalte, um weniger zu wiegen. Denn so wie diese Treppe hier aussieht, könnte sie, selbst unter einem Fliegengewicht wie ich es bin, zusammenbrechen.

      »Hier kann also unmöglich ein Office Center beherbergt sein«, muss ich mir schließlich eingestehen. Also schleiche ich die Treppe im Dunkeln wieder zurück, dem lieben Gott dankend, dass mich erstens die Treppe noch einmal ausgehalten und zweitens, niemand mich meiner Bewerbungsunterlagen beraubt hat.

      Ratlos renne ich den dunklen Weg zurück. Ich komme am vielbesagten Küchenstudio vorbei. Eigentlich sieht es geschlossen aus. Trotzdem versuche ich die Klinke runterzudrücken und siehe da, die Tür lässt sich mit einem Glöckchenklang öffnen: »Klingklong«. Ich gehe vorsichtig rein – kein Angestellter oder Kunde in Sicht, so scheint es. Egal, bevor ich mir die Blöße gebe und bei Herrn Dr. Dahlmanns anrufen muss, um zu erklären, ich würde das Office nicht finden, frage ich lieber hier noch einmal nach. Ich warte einen Moment, ehe ich mich enttäuscht wieder der Ausgangstür zuwende, da erscheint von hinten ein Mann. Ich drehe mich um.

      »Wissen Sie, wo ich das Full Service Office Center finde?« Der Mann schaut mich etwas überrascht an.

      »Natürlich, das ist doch direkt nebenan.« Verdutzt antworte ich ihm: »Ja, aber ich war doch dort, da ist aber keine Klingel«. »Ich gehe mal mit Ihnen«, sagte der nette Mann, sicherlich denkend, dass »die Alte« zu blöd ist, um die Klingel zu finden.

      »Hier draußen müsste, hm, ja hier ist wirklich keine Klingel. Dann müsste sie im Vorraum sein. Leider ist ja niemand mehr da. Ich meine, sie sind normal nur bis siebzehn Uhr anwesend.«

      »Prima«, denke ich, bedanke mich artig und stehe in jeder Hinsicht im Regen. Nun bin ich komplett durchweicht, die Unterlagen auch. »Super Sache«, denke ich mit Hinsicht auf den Eindruck, den ich vor Herrn Dr. Dahlmanns machen werde.

      Um nicht doch wirklich zu spät zum Vorstellungsgespräch zu kommen, was ja bekanntermaßen so ein Fauxpas ist, dass man eigentlich gleich wieder nach Hause gehen kann, greife ich zu meinem Mobiltelefon. Glücklicherweise habe ich mir die Nummer gespeichert und wähle sie, wohl wissend, dass die Roaming Gebühren horrend sein werden, aber eine Telefonzelle werde ich in der kurzen Zeit wohl keine mehr finden. »Gibt es denn so etwas heute überhaupt noch?«, denke ich gerade, als jemand abhebt.

      »Scrooge Digital Download«, meldet sich die eigentlich sehr sympathische Stimme von Herrn Dahlmanns.

      »Guten Abend, Topsi Torhaus, wir sollten heute ein Gespräch führen. Ich stehe vor dem Full Service Office Center und kann aber leider Ihre Klingel nicht finden.«

      »Ach ja, es ist ja schon nach fünf Uhr, ab fünf ist die Zwischentür oft geschlossen«, höre ich als Antwort. »Die Dickies werden auch immer fauler«, vernehme ich dann fast unhörbar.

      »Oh, ich meine die Office Betreiber, das Ehepaar Dick ist wohl schon im wohlverdienten Feierabend.«

      Ich bin erleichtert: »Ach so, ich dachte schon, ich finde Ihre Klingel nur nicht.«

      Mein Gesprächspartner erwidert nur knapp: »Ich komme an die Tür.« Nun, diese Hürde wäre dann schon einmal geschafft, auch wenn ich damit noch nicht eingestellt bin. Es wird sicher andere Einstellungskriterien geben, die überprüft werden. Zumindest entkomme ich hier meinem Schicksal, vor der Tür im Regen ganz aufzuweichen und Schwimmhäute zu bekommen. Doch bevor ich meine Gedanken an Vorzüge von Schwimmhäuten weiterspinnen kann, kommt ein großer Mann eine Treppe runter, meine Erlösung vom Regen.

      »Ups, der ist aber jünger als meine Wenigkeit«, denke ich. Jetzt bin ich gespannt. »Ach ja, es ist ja wirklich niemand mehr da und die äußere Tür ist geschlossen, jetzt schon um fünf«, erwidert mein Gegenüber, statt mich zu begrüßen.

      »Prima, ja die Tür ist abgesperrt, das habe ich auch bereits festgestellt und dir auch am Telefon gesagt. Es ist außerdem saukalt und es regnet in Strömen«, denke ich nur.

      Kurz kommt mir der Gedanke, dass mein Gesprächspartner doch wusste, dass ich zum Gespräch kommen würde. Ich hätte an seiner Stelle die Tür