Mein Ehegatte Erimo teilte mir mal mit: ›Adrian will noch den Heiler Macister ablegen. Die Menschen sagen Doktor. Ebenso will er das Maccister Navis, das Captains Patent der großen Reise erwerben. Um beides anerkannt zu bekommen, muss er noch die praktische Arbeit dafür nachweisen. Das eine setzte er bereits in die Tat um.‹
Nun ja, mehr kann ich dazu nicht sagen. Nicht viel anders sieht es mit seinem privaten Kram aus. Von Erimo weiß ich: ›Adrian hat sein Glück in der Liebe gefunden ...‹, abrupt stöhnte Melina, »... Verdammt! … Der dumpf schmerzende Schädel bringt mich fast um. Es ist so massig, mir fällt sogar das Denken schwer.«
Für Minuten hielt Melina mit geschlossenen Augenlidern regungslos inne. Ihr Gesichtsausdruck zeigte, sie kommunizierte mit "Etwas". Das etwas war ihre Kalab. Seit über drei Jahren sucht sie dort endlich wieder im Heilwissen der Vorfahren. Auf Anhieb fand sie, was bei Kopfschmerzen hilft. Hierzu atmete sie, mehrmals kräftig in den Bauch, anschließend rieb sie die Handinnenflächen kräftig aneinander. Als sie ein angenehmes Wärmegefühl spürte, hielt sie die Hände dicht vors Gesicht. Ihre Gedanken konzentrierten sich auf die Stelle, wo der stechende Schmerz saß.
Innerhalb von Sekunden wirkte die Selbstheilung, woraufhin Melina mit frischem Elan sprach: »Der Vorname von Adrians Gefährtin fängt mit M an. Verflucht, ihren Namen kann ich mir einfach nicht merken. … Egal! Leider habe ich Marte, da wir bisher noch nie von Bord kamen, nicht kennengelernt.
Nach Erimo's Worten ist sie eine äußerst sympathische, ihre Wurzeln liegen im District Schweden. Das schlanke blonde Weib lebt allerdings seit vierzig Jahren in Nord Preton. Ebenso lange arbeitet sie für den Freiheitskampf.
Alles schien Perfekt zu laufen. Doch vor elf Tagen, da begannen übrigens meine quälenden Kopfschmerzen, teilte Adrian uns mit: ›Meine langjährige Beziehung hat unser Verhältnis grundlos für beendet erklärt.‹ In starken Tränenausbrüchen gehüllt schluchzte er: ›Ich will Abstand von hier haben. Daher habe ich mich nach einem neuen Arbeitgeber umgesehen. Auf der Concordia könnte ich sofort als Geistheiler anfangen. Das Ganze hängt allerdings von einem Quartier ab ...‹, zu guter Letzt bat er uns: ›Kann ich bitte in eurem Gastzimmer wohnen.‹
Das Adrian mit diesen Anliegen an mich herantrat, war mehr als wunderlich, denn zwischen uns Geschwistern bestand seit Jahren eine schlechte Funkverbindung. Erst nachdem Erimo und ich unsere feste Partnerschaft mit einer standesamtlichen Unterschrift bestätigt hatten, wurde unser gestörtes Geschwister Verhältnis ein Fünkchen besser. Das liegt bereits zweieinhalb Jahre zurück. Mir kommt es allerdings schon viel länger vor. Hmm!? –
Erstaunlicherweise pflegen Erimo und Adrian seit Anbeginn eine feste Gattenfreundschaft. Daher verwunderte es mich nicht, dass mein Gatte auf Anhieb dem überfallenden Anliegen zustimmte. Nicht ahnend, auf was für ein Mysterium ich mich da einließ, stimmte ich ebenfalls dem Einzug zu. Somit blieb nur noch die Frage, nach einer sicheren Reisemöglichkeit offen.
Das Problem nahm Adrian sofort in Angriff, und bereits wenige Minuten nach unserer Zusage meldete er sich erneut: ›Der Eigner hat mir mitgeteilt, dass ich von der Erde aus in einer Fracht Bark zur Concordia mitreisen kann. Die Bark Rückkehr erfolgt in den nächsten acht Tagen. Den genauen Termin erfahrt ihr noch ...‹ –«
Ein klapperndes Geräusch, das vor der Belegzelle zum Stehen kam, trennte Melina von dem zurückblickenden Gedanken. Bevor sie erkannte, um was es sich handelt, fuhr die Belegzellen Tür auf.
Gut gelaunt trat Heiler Studentin Marte Blom ein. In den Händen hielt sie ein Tablett. Das selbstsichere – lockere Weib hatte, wie immer, einen flotten Gruß auf den Lippen. Ihr strahlendes Lächeln verpasste der kühlen und sterilen Belegzelle eine dicke Portion an Wärme und Geborgenheit. Wie sie nun auf Melina zu lief, schwenkte sie lässig das Tablett hin und her. »Das schickt uns ihr Ehegatte.«
Melinas hungriger Blick musterte das Tablett. Es enthielt neben Suppenterrine, drei Teller, Besteck und Kelle noch ein kleines Körbchen mit aromatischen Erdbeeren. Auf diese süßen Früchte hatte sie keinen Appetit. Anders sah es da mit der dampfenden Terrine aus, ein Fingerzeig von ihr genügte und Marte hob kurz den Deckel an. Ein köstlicher Duft von aromatischem Gemüse und fein abgestimmten Gewürzen mit deftigem Fleisch wehte ihr entgegen.
»Hmmh! Bist du so nett und füllst die Teller.«
»Ja Sire.«
In Windeseile deckte die Studentin den drei Personen Wandtisch. Der oberste Teller war für die Ausbilderin bestimmt. Auf diesem wurde ein Schlafmittel aufgebracht.
Marte wählte den Sitzplatz so, dass sie Adrian im Blickfeld hatte.
»Sire es ist aufgetragen.«
Alsbald schlürften sie genüsslich ihre Suppen, und als Melina einen Nachschlag nehmen wollte, machte sich das Biodisplay bemerkbar. Wie sie am Klang des Signals hörten, ist es Adrians Beta Traum.
Melina nahm sich das Vorrecht der Chefin heraus und forderte: »Justiere ihn bitte nach.«
Die Aufforderung kam Marte gerade recht, denn sie musste an ihren Patienten eine Behandlung vornehmen. Damit ihre Ausbilderin nichts von ihrem Handeln mitbekam, bedurfte es einer kleinen Ablenkung. Jene hatte sie im Erdbeerkörbchen bereitgelegt. Als sie nun Aufstand und an Melina vorüberlief, griff sie ein wenig ungelenk nach dem Körbchen. Just in dem Moment fiel eine kleine Karte heraus. Melina hob sie auf und dabei geriet der nette Gruß in ihr Blickfeld.
Marte lächelte entwaffnend und dazu stibitzte sie eine Beere. Bevor sie die Frucht vernaschte, hielt sie kurz inne. »Die sind gut für Adrians angeschlagene Psyche.«
»Sooo ..., sooo ...!« Insgeheim dachte Melina: »Erdbeeren werden bevorzugt als Liebesgabe gereicht. Da läuft doch nicht etwa was Handfestes.« Zu ihrer Vorahnung betrachtete sie die Kandidatin von der Seite. Dabei fiel ihr auf: »Marte passt eigentlich ganz gut zu Adrian.« Gleichlaufend mit der Erkenntnis griff sie zum Löffel und verspeiste weltvergessen ihre Suppe.
Marte, die wiedermal ihre Chefin belauschte, griente in sich hinein. Jedoch als sie das Körbchen auf den Nachttisch abstellte, streifte ihr Blick Adrians Gesicht, auf der Stelle war ihre gute Laune verflogen. Tief bewegt sprach sie zu sich: »Seine anmutigen Gesichtszüge sehen grau und elendig aus. Die himmlischen Lippen, die ich an ihm so liebe, rissig und spröde.«
Bei ihren Gedanken berührte sie Adrians glühende Wangen. Wie befürchtet spürte sie augenblicklich seinen nur betäubten Schmerz. Ihre Hand brannte an der Kontaktstelle wie Feuer, innerlich schrie sie. Der erschrockener Blick schwenkte zur Ausbilderin. Die hatte nichts bemerkt. Ohne sie aus den Augen zu lassen, verabreichte Marte den Patienten den mitgebrachten Amphispray. Indessen die Mixtur sich über Adrians Haut am Unterleib verteilte, berührte sie noch einmal die Wangen. Der heftige Schmerz von eben war nicht mehr da. Sie lächelte zufrieden, dabei ging sie zum Tisch zurück.
»Wie sahen die anderen Werte aus.« fragte Melina, als Marte sich hinsetzte.
»Großartig!«
»Großartig?«, in Melinas Stimme lag Zweifel, und bevor die Studentin es aufklären konnte, hastete Melina zum Biodisplay. Die Studiosus folgte unaufgefordert.
Als Melina vorm Display stand lachte sie höhnisch. Das unnütze Ding gaukelte ihr doch tatsächlich vor, das Adrian in den Wehen lag und im Moment ruhten die Kontraktionen. Gereizt blickend kommentierte sie das Gesehene: »Eine Geburt ist das Einzige, was das nutzlose Ding von uns Shumerer Mischlingen richtig anzeigt. Und das nur, damit kein einziger der zukünftigen UPC Sklaven schon bei der Geburt verloren geht«, ihre Stimmenlage klang gallig. Als Zeichen der Technik Verachtung schnippte sie ans Display. »Hat sie vielleicht was bekommen, was die Kolik auflöst?«
»Was soll er bekommen haben, wo doch, wie Sie sagen, sein Körper alles ablehnt.« Am Satzende streichelte Melina liebevoll über Adrians Haare und dann hauchte sie zwei heiße Küsse auf seine Lippen.
Melina nahm es schmunzelnd hin. In Gedanken fragte sie sich jedoch: »Wie nah, steht sie Adrian. Ist das gar am Ende seine