„Wenn du willst.“ Sie grinste. „Woran erkennen wir ihn denn, die klassische rote Rose?“
„Nein, er wird eine Fliege tragen.“
„So wie ein Dandy?“
„Ich hoffe, ich mag diesen Stil. Leider steht er mir nicht, immerhin bin ich stilsicher genug, dass ich das erkannt habe.“
„Na da bin ich ja mal auf deinen Dandy gespannt.“
Sie aßen gemütlich und lästerten ein bisschen über ihre Chefin. Jannes vermutete, dass sie gerade irgendwem das Blut aussaugte.
Gegen viertel vor 10 wurde Jannes unruhig. Er blickte sich häufig um und hielt Ausschau nach seinem Blind Dandy.
Um Punkt 10 kam ein äußerst hübscher, blonder Mann durch die Tür, er trug ein königsblaues Jackett, ein weißes Hemd und eine hellblaue Fliege. Man konnte den Ansatz von dunkelblauen Hosenträgern erkennen.
Er sah fabelhaft aus, dachte Feline.
Sie wusste das Jannes das genauso sah, denn er rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
Der Laden war mittlerweile schon umgebaut und äußerst gut gefüllt. Der Dandy ging in Richtung Bar und setzte sich. Er bestellte sich einen Martini.
„Verdammt, genau mein Typ.“
„Na bitte, das ist doch super.“ Feline lächelte ihm aufmunternd zu. Jannes hatte zwar ein loses Mundwerk und ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, aber wenn ihm jemand wirklich gefiel, dann merkte man ihm doch noch eine Spur der Unsicherheit an.
„Kann ich dich wirklich alleine lassen?“ Er sah sie schuldbewusst an.
„Natürlich, ich bin doch nur dein Alibi. Geh spielen mein Kleiner.“
„Danke Mutti. Warte nicht auf mich.“ Er lachte und stand auf, um langsam und betont locker zu seinem Blind Date hinüber zu gehen.
Er lehnte sich neben ihn an die Bar und stellte sich vor. Der Dandy lächelte und Feline meinte zu erkennen, dass ihm ebenso gefiel was er sah.
Es machte ihr nichts aus noch ein bisschen alleine dort zu sitzen, sie bestellte sich noch ein Glas Wein und beobachtete die Menschen um sich herum. Das machte sie gerne, sie stellte sich dann immer vor, was sie wohl für ein Leben führten.
Das lag vielleicht auch an ihrem Beruf, sie sammelte immer und überall Informationen und versuchte das Gesamtbild zu sehen, welches hinter einem Menschen steckte.
Jeder hatte eine Fassade, seine gewünschte Außenwirkung, aber nur bei wenigen stimmte das auch mit dem überein was wirklich dahinter war. Der Stuhl auf dem vor 10 Minuten noch Jannes gesessen hatte wurde zurück geschoben und ein Mann nahm auf ihm Platz. Feline wollte gerade etwas sagen, als sie ihr Gegenüber erkannte.
„Verfolgen Sie mich?“
„Ich vermute eher, dass Sie mich verfolgen liebe Kollegin.“
Es war Jeremy King.
„Kollegen sind wir definitiv nicht, ich würde uns eher als Konkurrenten bezeichnen.“
„Ich glaube Sie überschätzen sich da etwas. Um sich als Konkurrentin zu betiteln, müssten Sie auch eine ernsthafte Konkurrenz sein.“
„Nur weil ich meinen Körper nicht an verzweifelte Politikergattinnen verkaufe, heißt das noch lange nicht, dass ich keine Konkurrenz bin. Das nennt sich ehrlicher Journalismus.“
Er lächelte süffisant.
Es gab ein paar Gerüchte, dass er sich mit seinem guten Aussehen und seinem Charme einige Storys von eben diesen verzweifelten Ehefrauen erschlichen hatte. Feline wollte gar nicht wissen wie weit er dafür gegangen war. Zumindest hatte er einige große Skandale aufgedeckt.
„Ms. March, ich hätte nicht geglaubt, dass gerade Sie sich auf Gerüchte verlassen.“
„Ich vermute nicht, dass es bloße Gerüchte sind. An den meisten ist immer ein Funken Wahrheit dran.“
Der Kellner kam an den Tisch und Jeremy bestellte sich ebenfalls ein Glas Wein.
„Oder vielleicht besser gleich eine ganze Flasche? Der Abend könnte noch lustig werden.“
„Nein danke. Ich bin versorgt und wollte sowieso gerade gehen.“
„Bitte eine Flasche von dem Wein den Ms. March trinkt.“
Sie klappte ihren Mund auf und wieder zu. Sie wusste nicht was sie auf diese Dreistigkeit erwidern sollte. Als würde sie eine Flasche Wein davon abhalten zu gehen. Etwas in Felines äußerem Blickfeld erregte ihre Aufmerksamkeit. An der Bar saß eine äußerst junge und stark geschminkte Blondine. Feline hätte ihr den Stempel „Billig“ aufgedrückt, aber sie hatte irgendwas Verzweifeltes an sich und sie tat Feline leid. Sie blickte immer wieder zu ihnen rüber und reckte den Kopf nach Jeremy. Verzweifelt war genau das richtige Wort, dachte Feline.
„Kennen Sie die junge Frau hinter Ihnen an der Bar?“
„Flüchtig, wir hatten uns gerade kurz unterhalten und ich habe ihr einen Drink spendiert.“
„Und dann lassen Sie sie einfach dort stehen?“
„Ich hatte eben etwas gesehen, dass meine Aufmerksamkeit mehr erregte. Außerdem ist sie ohnehin zu jung für meinen Geschmack.“ Er zwinkerte ihr zu.
„Als hätte Jeremy King ein Gewissen.“
„Grenzen, würde ich es eher nennen.“
„Kaum vorstellbar.“
„Aber doch vorhanden.“ Er grinste.
Verdammt er sah umwerfend aus, sofort ärgerte Feline sich über diesen Gedanken. Es gehörte mehr dazu als nur gut auszusehen. Er trug eine Jeans, ein weißes T-Shirt und ebenfalls eine Lederjacke. Er wusste definitiv was ihm stand.
„Jeder hat eine andere Definition für Grenzen. Ich zum Beispiel habe die Grenze, meine Seele nicht für eine gute Story an den Teufel zu verscherbeln.“
„Oh wie geistreich, ein Pakt mit dem Teufel.“ Er legte seinen Kopf schief und schaute sie herausfordernd an.
„Ich erwarte mehr von Ihnen Ms. March.“
„Sie brauchen von mir überhaupt nichts zu erwarten, denn damit es mich interessiert, müsste ich Ihre Erwartungen erfüllen wollen.“
„Und das wollen Sie natürlich nicht.“
„Nicht im Geringsten.“
Sie sah wie Jannes zu ihr rüber schaute und den Daumen hob. Er machte eine obszöne Geste mit der Hüfte. Feline schaute schnell weg bevor sie rot werden konnte.
Bei Jeremys Anblick dachte man ziemlich schnell an Sex. Sie würde lügen, wenn sie das abstreiten würde. Aber sie war auch niemand, der aus Spaß mit jemandem ins Bett stieg.
Sie exte ihr Weinglas, keine gute Idee, dachte sie im Nachhinein, es war noch fast voll und bereits ihr 4. Glas. Sie schnappte sich ihre Tasche und stand auf. Für einen Moment geriet sie ins Wanken.
„Mr. King, es war mir wie immer ein Vergnügen mit Ihnen zu, ich nenne es mal plaudern, aber leider muss ich jetzt gehen.“
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte sie wieder.
„Es tut mir sehr leid, aber Sie sind noch nicht entlassen.“
„Bitte was?“
„Sie können nicht gehen, ohne wenigstens einmal mit mir getanzt zu haben.“
„Einen Teufel werde ich tun.“
„Und ich dachte Sie hätten Manieren Ms. March. Wenn ein Gentleman Sie zum Tanzen auffordert, darf man doch nicht ablehnen?“
„Mich hat aber kein Gentleman aufgefordert.“
„Oh Sie sind so böse. Los, stellen Sie sich