„Woher zum Teufel nimmst du nur diesen überschwänglichen Enthusiasmus!“ raunte Cosco sofort wieder.
„Ich hatte Sex, Dad, schon vergessen?“
„Verdammt! Jetzt hör auf mit diesem Scheiß!“
„Na gut, dann bin ich vielleicht so gut drauf, weil ich glaube, dass wir eine glorreiche Mission zur Rettung des Planeten erfolgreich beenden werden!“
Cosco pustete entnervt aus. „Du redest, als hättest du Drogen genommen!“
„Meine Droge heißt Vertrauen!“
„Wenn der Feind noch immer über Imrix kreist...!“ meinte Fidu emotionslos. „...glaube ich wird das ein absoluter Höllenritt werden!“
„Ich glaube...!“ sagte plötzlich auch Shamos von seinem Sitz hinter Cosco. „...wir sollten diese Chance, die sich uns hier bietet, nutzen. Wir werden kaum sehr viele davon bekommen!“
„Ich glaube...!“ setzte Cosco sofort hinterher. „...wir sind alle völlig wahnsinnig geworden, es zu versuchen!“
Für einen Moment herrschte Stille. Cosco wandte seinen Kopf zur Seite und schaute Marivar mit fragendem Blick an.
„Ähm...!“ Marivar sah sich veranlasst, auch etwas zu sagen. „...ich glaube, ich scheiß mir gleich in meine Hose, wenn ihr mich noch weiterhin so motiviert!“
Cosco lachte leise in sich hinein und auch Shamos, Kendig und Fidu grinsten breit.
„Na toll!“ meinte Cosco dann zufrieden. „Wer hat noch nicht? Jorik?“ Er drehte sich kurz zu ihm um.
Jorik saß hinter dem Computerterminal und schien mit seinen Gedanken weit weg. Cosco rechnete daher gar nicht mit einer Reaktion von ihm und drehte sich wieder zurück.
„Ich denke...!“ Joriks Worte kamen langsam, nicht besonders laut, aber doch sehr deutlich und vor allem für alle erkennbar aus seinem tiefsten Inneren, heraus. „...unsere Chancen stehen gut, dass wir alle einfach nur früher sterben werden!“ Hoffnungslosigkeit, Trauer und Schmerz schwangen mit.
Die positive Stimmung war sofort dahin.
„Na, wenigstens können wir dann beruhigt länger tot sein!“ fügte er noch hinzu und versank wieder in seinen eigenen Gedanken.
Für eine ziemlich lange Zeit war es dann totenstill in allen drei Flugzeugen.
11
Sie hatten das westliche Hafengebiet schnell erreicht und brauchten auch nicht lange zu kreisen, bis sie die ersten Flüchtlinge ausmachen konnten.
Kabus lenkte ihren Transporter in die entsprechende Richtung und fand einen sicheren Landeplatz.
Mit Hilfe von Esha, Kaleena und Biggs konnten sie innerhalb weniger Minuten fast zwanzig Personen bergen, von denen die meisten verletzt waren und sich zu einer Gruppe zusammengefunden hatten, um auf Hilfe zu warten.
Dankbar, aber auch tief entsetzt, folgten sie den vier Rettern in den Transporter.
Kabus startete ohne Verzögerungen und brachte ihre Fracht wie befohlen direkt zu den Anlegestellen im Hafen.
Nachdem der Transporter wieder geleert war und sie sicher sein konnten, dass die Verwundeten ärztlich zumindest erstversorgt wurden und der Rest den Weg auf die bereitstehenden Schiffe fand, machten sie sich sofort auf den Weg zu einer zweiten Rettungsmission.
So waren sie jetzt seit nunmehr über zwei Stunden ständig im Einsatz gewesen, doch niemand von ihnen zeigte Anzeichen von Müdigkeit oder Schwäche. Ganz im Gegenteil: Bei jedem Einsatz sahen sie auch grauenvolle Bilder und das Leid vieler Personen, sei es durch den Verlust geliebter Menschen oder durch Verwundung. Auch waren unter ihnen einige, denen letztlich nicht mehr zu helfen war und die ihnen auf den Transporten zum Hafen einfach wegstarben, doch wog die Freude derer, die sie retten konnten diesen Schmerz immer wieder auf.
Ja, es war ein wirklich gutes Gefühl, den Menschen ein klein wenig Hoffnung und Stärke in diesen furchtbaren Stunden zu geben und gerade Esha und Kaleena verstanden sich absolut brillant darauf, zu motivieren, zu trösten, zu wärmen und zu begleiten.
Kabus war sehr beeindruckt. Mochte es da draußen viele Soldaten geben, die ihr letztes für die Rettung dieser Stadt gegeben hatten und vielleicht noch weiterhin geben mussten, Esha und Kaleena taten alles nur erdenkliche, um auch ihren Beitrag dafür zu leisten. Und die seelischen, emotionalen und körperlichen Abgründe, die sich ihnen immer wieder offenbarten, forderten weiß Gott wirklich alles von ihnen ab, obwohl sie sich nichts anmerken ließen.
Dennoch erkannte er, dass sie alle doch bald eine Pause brauchen würden und er beschloss, den aktuellen Einsatz zu Ende zu bringen und dann ihre Mission für etwas Essbares und eine Tasse Kaffee oder Tee zu unterbrechen.
Zweihundert Meter voraus sah er inmitten eines riesigen Trümmerhaufens, der einmal ein stolzes Gebäude gewesen sein mochte, eine Person, die ihnen mit ausgestreckten Armen zuwinkte.
An ihrer gebückten Haltung und dem humpelnden Gang konnte Kabus sofort erkennen, dass sie offensichtlich verletzt war.
Er steuerte den Transporter in ihre Richtung, suchte sich einen Landeplatz und schaltete die Triebwerke auf Standby.
Kaum war die Seitentür geöffnet, waren Esha und Kaleena schon hinausgestürmt.
Kabus und Biggs folgten ihnen.
Als sie sich der Person näherten, erkannte Kabus, dass es eine junge Frau war, die in der Tat verletzt war. Ihr T-Shirt war blutdurchtränkt, ihr Bein seltsam gewinkelt, Zeichen dafür, dass das Schienbein gebrochen war.
Kabus legte sofort seine Arme um sie und hob sie an. Sie mochte vielleicht dreißig Zyklen alt sein und Kabus war sicher, dass unter all dem Blut, dem Dreck und dem Schrecken eine ausgesprochen hübsche Frau steckte.
„Hab sie!“ sagte er mit einem kleinen Lächeln. „Keine Sorge, wir kümmern uns jetzt um sie. Wir bringen sie in Sicherheit!“
Die junge Frau lächelte ihm erleichtert zu, doch schon einen Moment später verlor sie es wieder. „Da sind...noch andere!“ stieß sie kraftlos hervor.
„Was?“ Kabus hatte sie nicht richtig verstanden.
„Da...!“ Sie hob ihren rechten Arm an und deutete auf die Ruine, die einmal ein Haus gewesen war. „...im Keller. Sie sind...verschüttet!“
„Wir kümmern uns darum!“ sagte Esha sofort und zusammen mit Kaleena und Biggs machte sie sich auf den Weg.
Kabus trug die junge Frau zum Transporter, wo er sie auf die hintere Sitzreihe bettete. Eine kurze Untersuchung ergab, dass das Blut auf ihrem T-Shirt nicht von ihr stammen konnte, sie hatte keine offenen Wunden. Also gab er ihr eine Spritze gegen die Schmerzen und als das Mittel wenige Momente später wirkte, legte er ihr noch eine provisorische Schiene an ihr gebrochenes Bein.
Dann verließ er sie und rannte zurück zu den drei anderen, die gerade damit beschäftigt waren, hastig Gesteinsbrocken von einem Trümmerberg zu entfernen.
„Was ist?“ fragte er Esha.
„Da unten sind Menschen! Wir können ihre Stimmen hören!“ erwiderte sie schweratmend. „Aber wir kommen nicht voran!“ Sie deutete auf den Trümmerberg.
Kabus nickte ihr zu. Sie hatte Recht. Selbst wenn sie die kleineren Trümmer wegräumen konnten, blieb noch immer ein besonders großes Exemplar, dass sie nicht einmal zusammen entfernen konnten. Sie brauchten dringend Hilfe.
„Da!“ hörte er plötzlich Biggs rufen und noch bevor er begriff, was los war, rannte sein Onkel an ihm vorbei in eine Seitengasse zu ihrer Rechten.
Biggs lief gut zwanzig Meter dort hinein, dann stoppte er ab und schob ein großes Stück eines Holzdaches beiseite. Und da konnte Kabus erkennen, was sein Onkel tat. Sofort rannte er zu ihm.
Biggs