Interveniert wird erst, wenn es "brennt"
Wenn niedergelassene Ärzte Praxisanalysen durchführen lassen, geschieht dies meist aus dem Empfinden eines akuten Handlungsdrucks heraus, d. h. wenn Praxismanagement-Probleme bereits offensichtlich und spürbar sind. Doch auch ohne "Leidensdruck" kann sich eine Praxis bereits in einer Problemsituation befinden, die - bleibt sie unkorrigiert - erst viel später ihre negativen Wirkungen entfaltet und im Endeffekt immer den wirtschaftlichen Praxiserfolg beeinflusst.
Beispiel Führung
Eine solche Risikokonstellation ist z. B. das Zusammentreffen eines minimalistischen Führungsstils mit sehr heterogenen Persönlichkeiten der Medizinischen Fachangestellten. Im Zeitablauf entwickeln sich aus Unstimmigkeiten Ärgernisse und aus diesen Konflikte, die dann den gesamten Praxisbetrieb in Mitleidenschaft ziehen. Folgeuntersuchungen zur Praxismanagement-Gesundheit zeigen, dass bereits innerhalb eines Jahres eine deutliche Verschlechterung der Praxis-Performance eintreten kann.
Beispiel Organisation
Ein weiterer Risikofaktor ist die mangelnde Koordination zwischen ärztlichem Zeitmanagement und der Ablauforganisation. Selbst ein vorbildliches Bestellsystem kann in einer derartigen Konstellation nicht verhindern, dass die Prozesse immer mehr versumpfen. Die Konsequenzen sind eine stetig sinkende Produktivität sowie wachsende Mitarbeiter- und Patientenunzufriedenheit.
Beispiel Kooperation
Ebenso gefährlich ist die Situation in Praxen mit mehreren Ärzten, in denen die Abstimmung zwischen den Medizinern nur unzureichend geregelt ist und die jeweils einzelne Angestellte bevorzugen. Aus der so entstehenden Lagerbildung resultiert eine Praxis-Spaltung, die eine förderliche Zusammenarbeit immer mehr stört und im Endstadium dazu führt, dass die Lager gegeneinander arbeiten, zu Lasten des eigenen Praxisbetriebs und der Patienten.
1.4 Der Idealist: Niedergelassene Ärzte als Unternehmer
Best Practice: Die Praxis ganzheitlich führen!
Wertet man auf der Grundlage von Praxisanalysen Art und Intensität der eingesetzten Instrumente und Regelungen des Praxismanagements aus, lassen sich verschiedene Grundformen unternehmerischen Handelns niedergelassener Ärzte identifizieren. Ein Unternehmertyp ist der Idealist. Seine Arbeit ist durch eine höchstmögliche Patientenorientierung geprägt. Er tut alles für seine Patienten und schlägt ihnen nichts ab. Gleichzeitig verzichtet er auf jegliche Regelungen, die strukturierend und ordnend wirken und plant, organisiert und kontrolliert kaum. So wird auch in Bewertungs-Portalen seine Patientenorientierung in den höchsten Tönen gelobt, der organisatorische Rahmen jedoch stark kritisiert. Gleiches trifft auf den Praxiszustand zu, denn der wird häufig vernachlässigt. Mitarbeiterführung basiert auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, unterstützt durch freundliche Appelle. Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheits-Werte sind durchgehend positiv, die eigene Zufriedenheit mit dem finanziellen Resultat seiner Tätigkeit ist meist nur gering. IGeL werden kaum angeboten, eine Praxis-Homepage existiert nicht, Marketing ist tabu. Der Idealist steht im unteren Drittel der Einkommens-Pyramide und ist im Vergleich zu seinen Fachkollegen mit Abstand am stärksten Burnout-gefährdet.
1.5 Best Practice-Management in Arztpraxen: Wie "Minimalisten" ihre Betriebe nicht führen
Best Practice: Alle Aktionsbereiche der Praxisführung managen!
Betrachtet man aus betriebswirtschaftlicher Sicht – unabhängig von der medizinischen Qualität – die Instrumente und Regelungen des strategischen Praxismanagements in der Art und Intensität ihrer Umsetzung, so ergeben sich – über alle ärztlichen Fachgruppen betrachtet – verschiedene Unternehmer-Typen von Praxisinhabern. Ein Typus ist der Minimalist. Seine Betriebsführung ist durch ein rudimentäres Praxismanagement gekennzeichnet, das ihm einen Praxisbetrieb in sehr engen Grenzen gestattet, jegliche strategische Ausrichtung fehlt jedoch. Etwa 15% der Ärzte zählen zu dieser Gruppe. Minimalisten planen kaum ihre Arbeit. Ziele, an denen sich z. B. die Mitarbeiterinnen orientieren können, fehlen grundsätzlich. Auch Zielgruppen-Festlegungen sind eine Seltenheit. Die Patientenorientierung hingegen wird groß geschrieben, umfassende Information und gründliche Aufklärung besitzen einen hohen Stellenwert. Die Marktforschungstätigkeit wiederum wird weitgehend vernachlässigt und auch die Organisation sich selbst überlassen. Bei gleichzeitig umfassender Patientenbetreuung ist es nicht verwunderlich, dass in Minimalisten-Praxen lange Wartezeiten und Überstunden die Regel sind. Corporate Identity- und Marketingkonzepte sind für die Inhaber von Praxen dieser Gruppe ein Fremdwort und auch im Führungsbereich fehlt es – zum Leidwesen der Mitarbeiterinnen – an Struktur und Konsequenz. Zusammen mit den fehlender Zielen und der unzureichenden Organisation beeinflusst der Führungsmangel die Mitarbeiterzufriedenheit erheblich. Die Ärzte schätzen die Zusammenarbeit mit ihrem Team hingegen überaus positiv ein, ein eklatanter Trugschluss. Auch das Selbst- und Zeitmanagement sind lediglich rudimentär ausgebildet und verschärfen die Desorganisation zusätzlich. Bei den Praxisfinanzen verlassen sich die Minimalisten voll und ganz auf ihre Steuerberater, eine eigene Beschäftigung mit der Materie oder einzelnen Teilbereichen erfolgt nicht. IGeL sind im Angebot, werden aber meist nicht systematisch angeboten. Die Patienten von Minimalisten stehen zwischen zwei Extremen: einerseits finden sie in diesen Praxen eine sehr gute Behandlung ihrer Probleme, andererseits ist der Weg dorthin, vor allem organisatorisch, aufgrund extremer Wartezeiten sehr „steinig“. Die beschriebenen Defizite sind nicht folgenlos für die Praxisinhaber: der wirtschaftliche Erfolg ihrer Praxen ist nur gering.
1.6 Morituri te salutant: Fallstudie zur zerstörerischen Wirkung eines minimalistischen Praxismanagements
Best Practice: Den Nutzen eines ganzheitlichen Praxismanagements ausschöpfen!
Die strategischen Ausrichtung des Praxismanagements deutscher Arztpraxen - unabhängig von der Fachrichtung - ist durch deutliche Defizite geprägt. Hiervon sind vor allem die "Minimalisten“ betroffen. Diese Praxen kennzeichnet ein äußerst rudimentäres Praxismanagement, das ihnen einen Praxisbetrieb in sehr engen Grenzen gestattet, jegliche strategische Ausrichtung fehlt jedoch. Die Praxis von Dr. I. zählt hierzu. Er ist Facharzt für Allgemeinmedizin, betreibt Chirotherapie, ergänzt um Naturheilkunde und beschäftigt drei Vollzeit-, drei Teilzeitkräfte sowie eine Auszubildende. Sein Ziel ist, mit seinem Praxisbetrieb zu wachsen. Doch dieser Plan wird nicht einmal ansatzweise erreicht, im Gegenteil: das Betriebsergebnis verschlechterte sich in den letzten beiden Jahren um 10%. Ursache hierfür ist zum einen, dass Dr. I. für sein Unternehmen keinerlei Perspektive entwickelt hat. Hinzu kommt - wie eine Benchmarking-Praxisanalyse zeigt -:
-Sein Praxismanagement ist äußerst schlecht ausgebildet.
- Die niedrige Führungsintensität bedingt eine nur sehr geringe Teamharmonie und eine negativ ausgerichtete Arbeitszufriedenheit des Personals mit direktem Reduktions-Effekt für die Arbeitsproduktivität.
- Die minimalistische Praxisführung wirkt sich natürlich auch auf die Patientenzufriedenheit aus. Hier sank die Zufriedenheit innerhalb von zwei Jahren - auf einer Schulnoten-Skala bewertet - von 3,1 auf 4,4.
Eine Beibehaltung des beschriebenen Zustandes führt die Praxis kontinuierlich in eine immer schlechtere Situation, sowohl im Hinblick auf Patientenbindung und -gewinnung als auch - hieraus bedingt - in Bezug auf den wirtschaftlichen Erfolg. Etwa 15% der deutschen Arztpraxen fallen in die Minimalisten-Kategorie, ihre Inhaber müssen in den nächsten Jahren mit deutlichen Einkommensverlusten rechnen.
1.7 Umgehen statt lösen: Krankes Problem-Management in Arztpraxen
Best Practice: Probleme rasch erkennen und lösen!
Der Umgang von Ärzten mit Problemen des Praxisalltags ist oftmals sehr „ausweichend“: man umgeht sie statt sie zu beseitigen. Mitarbeiterkonflikte werden ignoriert, Organisationsdefizite betrachtet man als von außen induziert (Stichwort: Bürokratie) und kann sie deshalb auch