Rosen und Tränen. Heike Schultze. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heike Schultze
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783738009484
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sich gegenüber und sahen sich an.

      „Gibst du mir noch einen Abschiedskuss?“

      Sandi lächelte verschmitzt und schüttelte den Kopf. Doch Daniel griff blitzschnell zu und umarmte sie, bevor sie sich umdrehen konnte. Fest hielt er sie umschlungen!

      „Hey, mit deinen Lippen stimmt etwas nicht! Sie liegen nicht auf meinen! Gib mir schnell einen Kuss, sonst glaube ich nicht, dass ich heute Nacht schlafen kann! Das verstehst du doch sicher?“

      Er sah sie tief in die Augen und Sandy wurde schwach. Ihr Sträuben war ohnehin nur gespielt gewesen! Bereitwillig gab sie nun ihrem inneren Drängen nach und lehnte sich gegen ihn. Zärtlich berührten sich ihre Lippen und langsam wurde der Kuss immer inniger. Er schien einfach ewig zu dauern und wenn es nach Sandi gegangen wäre, hätte er nie aufgehört. Sie hatte einfach alles um sie herum vergessen.

      Besonders ihre Freundin Sibylla, die ganz diskret in eine andere Richtung sah und auf das Ende des Abschieds wartete.

      Endlich lösten sie sich wieder voneinander und Beide waren ganz außer Atem.

      „Ich liebe dich!“

      Sandi konnte nichts mehr darauf erwidern, denn sie war noch vollständig gelähmt. Sie sah Daniel sich an der Ecke noch einmal umdrehen und winken, bevor er verschwand.

      „Na, war’s schön? Ach, was frag’ ich dich denn! Man sieht’s dir ja an!“

      Sibylla musste sich nun auch verabschieden, denn es war wirklich schon reichlich spät.

      Sandi konnte lange nicht einschlafen, als sie in ihrem Bett lag, denn sie musste diesen verrückten Tag noch einmal Revue passieren lassen. Es war alles so schnell gegangen. Hatte sie sich Daniel nicht direkt an den Hals geworfen? Was war, wenn er nun von ihr dachte, sie sei leicht zu haben? Doch dann dachte sie an Pias Worte und stellte sich Daniels Gesicht vor. Nein, so war er nicht! Sie glaubte ihn schon so gut zu kennen, dass sie sich sicher sein konnte, ihm voll vertrauen zu können. Sie war sich nun völlig sicher, dass sie mit ihm immer noch zusammen wäre, wenn ihre Eltern sie damals nicht auseinander gebracht hätten.

      Aber an ihre Eltern wollte Sandi nun überhaupt nicht mehr denken. Sie kannten Daniel doch überhaupt nicht. Ihre Meinung war ihnen deshalb völlig egal! Sandi hatte nun das, was sie sich seit langem erträumt hatte: Einen Freund! Und nicht irgend einen, sondern den einzigen, den sie liebte und wahrscheinlich auch je lieben würde! Mit diesem wunderbaren Gefühl konnte sie dann auch endlich einschlafen.

      Am nächsten Tag wurde sie jedoch gleich wieder von Daniel enttäuscht. Zwei Stunden wartete sie vor dem Tunnel, aber umsonst. Daniel tauchte nicht auf! Wütend und vor allen Dingen tieftraurig fuhr sie dann mit ihrem Fahrrad „Felix“ ( er existierte noch!) wieder nach Hause. Dort umlagerte sie das Telefon, weil sie dachte, er würde wenigstens anrufen. Aber er tat es nicht!

      Unglücklich weinte sie sich an diesem Abend in den Schlaf. So schnell hatte er sie also wieder vergessen! Gestern war sie glücklich gewesen und heute zu Tode betrübt!

      „Mach dir doch nicht gleich wieder den Kopf verrückt! Was meinst du, wie oft ich schon versetzt worden bin? Aber dafür habe ich auch schon eine Menge Jungen auf mich warten lassen. Damit gleicht es sich wieder aus! Du nimmst alles einfach immer viel zu ernst! Wie ich deinen Daniel einschätze wird er sich sicher bald bei dir melden. Der ist doch total vernarrt in dich!“

      Sandi war am nächsten Nachmittag wieder bei Pia und hatte ihr gleich ihr ganzes Leid geklagt.

      „Ach, Pia! Was soll ich denn nur tun? Ich vermisse ihn doch so schrecklich! Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum er nicht gekommen ist. Wir hatten doch vorgestern einen so schönen Tag!“

      Plötzlich stand Pia auf und ging hinaus in die Diele. Gleich darauf kam sie mit dem Telefon und dem Telefonbuch zurück. Beides legte sie vor Sandi auf den Boden.

      „Bitte schön! Jetzt ruf ihn an!“

      Sandi sah überrascht zu Pia auf, doch die nickte ihr nur zu. Sandi zuckte die Schultern und griff zum Telefonbuch.

      „Also, gut, wenn du meinst!“

      Gemeinsam suchten sie die Nummer der Schwarz’ heraus und Pia wählte für ihre Freundin. Es läutete am anderen Ende, und läutete, und läutete. Schließlich legte Sandi den Hörer auf.

      „Es ist niemand da!“ seufzte sie traurig.

      „Mensch, du Dummes! Gib doch bloß nicht so schnell auf. Versuch es noch einmal!“

      Diesmal klappte es dann auch wirklich. Daniels Großmutter war am Apparat.

      „Ja, hallo! Ist Daniel da? Hier spricht seine Freundin!“

      Sandis Herz fing an schneller zu schlagen, als sie hörte, wie Daniel gerufen wurde. Dann hörte sie seine Schritte im Hintergrund und dann war er am Telefon. Sandi hörte seine sanfte, dunkle Stimme und sie ging ihr durch und durch.

      „Hallo, Danny! Ich rufe an, um dich zu fragen, wo du gestern warst! Ich habe echt lange auf dich gewartet!“" Sie hielt den Atem an, während sie auf seine Antwort wartete.

      Sie hörte ihn scharf einatmen. Was bedeutete das?

      „Oh, ich weiß! Entschuldige bitte, aber es hat leider nicht geklappt. Ich musste gestern ganz dringend aufs Rathaus, um meine Anmeldung für das Straßenfest im Juni abzugeben. Ich will da mit meiner Feuershow teilnehmen und gestern war Anmeldeschluss! Ansonsten wäre ich auf jeden Fall gekommen!“

      Sandi sah Pia überrascht an. Das Telefon hatte eine Freisprecheinrichtung und deshalb konnte ihre Freundin jedes Wort mithören. Pia zuckte nun auch mit den Schultern.

      „Was für eine Feuershow? Du hast mir nie etwas davon erzählt!“

      „Ach so! Stimmt, das weißt du ja noch nicht! Ich bin Feuerschlucker, oder will zumindest mal einer werden. Jedenfalls übe ich schon seit einiger Zeit an meiner Show. Und Fakir bin ich auch! Weißt du, ich laufe über Glasscherben und so ‘n Zeug!“

      „Wow!“

      Pia zog erstaunt die Augenbrauen nach oben. Sandi war ebenfalls total erstaunt.

      „Wirklich? Davon hatte ich keine Ahnung! Das finde ich ja echt toll!“

      Sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass ihr Freund so etwas konnte.

      „Sag mal, hast du nicht Lust, heute zu mir zu kommen? So gegen fünf Uhr hätte ich Zeit! Ich würde mich sehr freuen!“

      „Du, ich weiß nicht! Ich bin nicht zu Hause, sondern bei Pia!“

      Sie warf ihrer Freundin einen Blick zu, aber diese nickte nur zustimmend.

      „Ja, okay! Geht klar! Sie hat nichts dagegen!“

      Daniel atmete erleichtert auf. „Okay, dann sehen wir uns um fünf! Tschüss!“

      Sandi legte auf und war wieder total glücklich.

      „Na also! Ich habe dir ja gesagt, dass alles ganz harmlos ist. Aber er hat ja ganz schön was drauf! Das hätte ich gar nicht gedacht! Na, die Show werde ich mir auf jeden Fall mal ansehen!“

      Bis halb fünf blieb Sandi noch bei Pia und half ihr bei der Hausarbeit. Dann bestand Pia aber darauf, dass sie zu ihrem Daniel ging.

      „Bleib schön artig! Das mir keine Klagen kommen! Morgen verlange ich einen kompletten Bericht! Ist das klar?“

      „Okay, okay!“ Sandi lachte und verabschiedete sich. Sie konnte es nun nicht mehr erwarten, bei Daniel zu sein.

      Daniel wohnte immer noch in dem gleichen schäbigen Reihenhaus. Auf den ersten Blick hatte sich auch überhaupt nichts verändert, doch als sie näher kam, sah Sandi, dass die ganze Klingelanlage herausgerissen war. Was sollte sie nun tun? Sollte sie einfach an die Tür klopfen und darauf warten, dass sie jemand hörte? Da bemerkte sie, dass die Tür einen kleinen Spalt offen stand.

      Okay, dachte Sandi und ging einfach hinein. Hier drin hatte sich ebenfalls nichts verändert.