Homo sapiens movere ~ gejagt. R. R. Alval. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: R. R. Alval
Издательство: Bookwire
Серия: gejagt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738002973
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Ich sah Chakren, die aufflammten und zu dem Sternennetz wurden, dass ich kannte.

      Nach einer gefühlten Ewigkeit war es vollbracht.

      Schwerfällig öffnete ich meine Augen und wurde geblendet von strahlendem Sonnenschein. Obwohl ich wissen wollte, ob die anderen tatsächlich geheilt und über dem Berg waren, kippte ich nach hinten und holte den Schlaf nach, den ich dringend brauchte. Dieses Wunder, sofern es denn vollbracht war und nicht nur in meiner Einbildung existierte, hatte mich meine ganzen Kraftreserven gekostet.

      In einem großen, weichen Bett wachte ich auf. Ich brauchte nicht lange, um zu wissen, wo ich war. Jedoch hätte ich nicht erwartet, je wieder in diesem Zimmer zu sein.

      Diesem Bett.

      Oder besser ausgedrückt: So schnell.

      Starke Arme umfingen mich und hielten mich fester, als notwendig war. „Alles gut, Baby?“ Alan nannte mich Baby? Hatte er eine Kopfverletzung gehabt? Erinnere dich, los! Seine Kopfhaut war auf der linken Seite abgerissen gewesen und hatte wie ein Lappen heruntergehangen. Sein Schädel an sich war jedoch intakt gewesen.

      Glaubte ich.

      Himmel hilf, ich wollte mich nicht umdrehen und ihn ansehen. Wer weiß, was mich erwartete. Mein Magen schlingerte schon bei der Erinnerung daran verdächtig genug.

      Krächzend brachte ich ein ‚Hm, denke schon.’ zustande, woraufhin er mich noch fester an sich drückte. „Luft!“, keuchte ich, während ich besorgt lauschte, ob meine Rippen knackten. Er lockerte seine Umarmung ein wenig. „Ich hatte Angst, dass er sich nach dem Überfall auf das Rudel an dich heranmacht. Geht es dir wirklich gut?“ Ich nickte, auch wenn ich mir dessen nicht ganz sicher war.

      Humphrey hatte all diese Were verletzt.

      Anscheinend sehr schnell und ohne selbst dabei Schaden zu nehmen. Bloß gut, dass Ribberts Leute nicht ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen waren. Die waren zu dem Zeitpunkt wohl schon alle weg gewesen. Zumindest hatte ich keinen von Ribberts Rudel entdecken können… zwischen all dem Blut… und anderen Dingen.

      Alan musste zu Recht vermuten, dass Humphrey anschließend mich heimsuchte. Ich sollte anfangen, von Humphrey mit seinem richtigen Namen zu sprechen. Sael, so hatte ihn die Ker-Lon genannt. Vielleicht fiel es mir dadurch leichter, ihn als Monster zu betrachten. Als Humphrey hatte er nicht dazu tendiert, solche Scheiße zu veranstalten. Sael – ein Name, der in mir keinerlei Gefühle hervorrief – war sozusagen die andere Seite der Medaille. „Ich habe gehört, deine Fenster sind wieder kaputt.“ Eine Feststellung; keine Frage. Trotzdem nickte ich. „Ich bin froh, dass du unverletzt bist. Er hat über hundert meiner Leute erwischt, Sam. Und nochmal genau so viele verletzt. Wir haben ihn kaum richtig sehen können. Oder hören. Er war wie ein Schatten. Eingehüllt in Dunkelheit. Ich denke, er ist nicht mal ins Schwitzen gekommen. Und dieses Lachen…“

      Ich spürte, wie Alan schauderte.

      „Die Zeit, bis Josh mit dir hier war, war die Hölle für mich.“ Ich erfuhr, dass Josh zum Zeitpunkt des Angriffs im Keller gewesen war. Schwein gehabt… sozusagen.

      „Tut mir leid. Ich wollte das alles nicht. Es ist alles meine Schuld.“ Alan strich sanft über meine Haare und begann mich in seinen Armen zu wiegen wie ein ängstliches Kind. „Schh, nein. Sag sowas nicht. Ich hätte ihn vernichten sollen, als ich die Möglichkeit dazu hatte. Aber ich habe gezögert, weil er mein bester Freund war.“ Ha, bloß gut, dass Alan mein Stirnrunzeln nicht sah. Das waren schon keine Furchen mehr, das waren Gräben!

      Hatte Humphrey ihn verzaubert, so wie er mit Hilfe von Magie meine Gefühle verändert hatte?

      Oder hatte ich etwas vergessen?

      „Ich habe zwar etwas gegen Fiats Nest, aber ich denke, ich sollte meine Leute dorthin bringen. Zumindest den Großteil von ihnen. Er kann ihnen nicht nach Spline folgen. Nur ein paar werden noch hierbleiben und sich um das Notwendigste kümmern. Du solltest auch mitgehen.“

      Wie kam Alan auf die Idee, nach Spline zu gehen?

      Humphrey hatte es mir so leise mitgeteilt, dass Alan das unmöglich gehört haben konnte. Oder doch? Und was war mit meiner Familie? Sollte sie etwa hier bleiben? „Warum denkst du, er folgt uns nicht?“ Alan lachte schwach. „Vampire gehen nicht nach Spline.“ Das mochte sein, aber Humphrey war keiner.

      Alan müsste das wissen!

      „Humphrey ist ein Ker-Lon, Alan. Ich bin mir nicht sicher, ob für ihn dasselbe…“ Alan versteifte sich spürbar hinter mir, als hätte ich ihn geschlagen. „Sam? Ich rede nicht von deinem Briam. Ich rede von Roman.“ Ach du Scheiße! Hieß das, hinter uns waren zwei wütende Briam her? Wütend – haha… Ich meinte natürlich völlig ausgetickte, unberechenbare, mörderische Kreaturen. „Wir haben es mit zweien dieser Sorte zu tun?“ Alan bat mich eindringlich, ihn anzusehen, wobei er mich weiterhin versuchte durch Streicheln meiner Haare, meiner Arme und meines Kopfes zu beruhigen. Vermutlich hätte noch nicht mal eine LKW-Ladung Baldrian geholfen.

      Auf alles gefasst, drehte ich mich zu ihm um.

      Sein Kopf und sein Gesicht schienen erstaunlich normal. Nur seine Haare waren sehr kurz geschoren. „Sam. Du musst mich vorige Woche falsch verstanden haben. Uns jagt nur ein Briam. Und das ist Roman.“

       Wenn Roman uns jagt, bedeutet das ...

      Jegliche Farbe floh aus meinem Gesicht. Ich musste blinzeln, um die Tränen zurückzuhalten. Ich wusste nicht, was schlimmer war: Zu fürchten, von Humphrey gejagt zu werden und diesen töten zu müssen oder zu wissen, dass er längst tot war.

      Humphrey.

      War.

      Tot.

      Diese Erkenntnis hatte den Effekt eines riesigen Mühlsteins, der mir erst auf den Kopf schlug und dann auf meinem Brustkorb liegen blieb. Das Zimmer schien auf einmal viel zu wenig Sauerstoff zu haben.

      Und definitiv keine Heizung.

      Ich schnappte zitternd nach Luft, aber verlor den Kampf gegen die plötzlich ausbrechende Trauer. Alan hielt mich fest, während ich sein Shirt mit Tränen ertränkte und er mir immer wieder zuflüsterte, wie leid es ihm tat und wie sehr er bedauerte, dass ich es erst jetzt verstand.

      Ich brauchte eine ganze Weile, um mich – zumindest äußerlich – zu beruhigen. Tief in mir drinnen würde ich jedoch noch einige Zeit brauchen, um den Verlust zu verstehen und zu verarbeiten. Denn unmittelbar nach meinem letzten Schluchzer wurde mir klar, dass nicht Humphrey mich auf einem Baum abgeladen hatte, sondern Roman.

      Aber wenn er Alan wehtun wollte, warum hatte er mich dann verschont?

      „Oh Gott…“ Ich vergrub mein Gesicht an Alans nassem Shirt und erzählte ihm stockend von meinem Erlebnis. Gleichzeitig entschuldigte ich mich, dass ich ihm nichts gesagt hatte. „Es hätte nichts geändert, Sam. Du kennst mich doch. Ich hätte mein Rudel nicht nach Spline beordert.“ Ja, das stimmte. Erst wenn Alan sich mit eigenen Augen davon überzeugte, dass er keine Chance hatte, wäre er bereit, diese Möglichkeit zu ergreifen.

      Verfluchter Mist!

      Wenn Alan aufgab, wie sollten wir Roman bezwingen?

      Waren uns wirklich die Hände gebunden oder brauchte Alan nur etwas Zeit, um einen Plan zu schmieden? „Du lässt dir doch etwas einfallen, oder?“ Alan schloss gequält die Augen. „Wenn er Magie wirkt – und glaub mir, das kann er – weiß ich nicht, was wir tun können. Er hat uns einfach überrollt. Als wären wir nichts weiter als Fliegen, derer man mit Insektenspray Herr wird.“ Darum hatten sie also keine Tiergestalt oder Zwischenform angenommen. Es war viel zu schnell passiert.

      Ich hatte die Auswirkungen mit eigenen Augen gesehen, sonst würde ich es nicht glauben.

      Doch ich war weit davon entfernt, kampflos aufzugeben. „Er kann Magie wirken, sagst du. Hat er auch mit Energie um sich geworfen? So wie ich?“ Alan verneinte, was ich für ein gutes Zeichen hielt. Entweder das oder Roman hatte keinen Grund gesehen, etwas anderes als Magie zu verwenden, da die Gestaltwandler