»Du meinst, das Licht kann uns töten? Oder was passiert?«
Gordon nickte. »Ja, das Licht. Wir verbrennen in ihm.«
Sie standen einige Minuten still nebeneinander, dann ergriff Patriz wieder das Wort. »Warum sollte ein Vampir das wollen? Entschuldige«, berichtigte er sich, »warum sollten mehrere Vampire das wollen?« Gordon starrte zur Sonne hinauf. »Vielleicht weil ein anderes, größeres Ereignis dahinter steckt und ein paar Opfer in Kauf genommen werden?«
Patriz ließ nicht locker. »Welches Ereignis könnte das sein?«
»Ich weiß es nicht. Ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung.«
Kapitel 7
Cassandra war froh, endlich allein zu sein. Sie hatte bei ihrer Schwester durchsetzen können, getrennte Zimmer zu beziehen. Auch wenn sie erst einen Tag hier waren, ging Samantha ihr schon ziemlich auf den Geist und sie freute sich auf ihr Bett und Ruhe. Außerdem war sie auch müde vom langen Flug. Für morgen hatte Samantha Karten für das Ambrosia gekauft. Dort fand samstags eine Show statt, die sie sich unbedingt ansehen wollten. Zum Glück hatte Samantha auch wegen ihres verletzten Knöchels endlich Ruhe gegeben. So stark waren die Schmerzen nicht, und außerdem hatte Cassandra einfach keine Lust, ewig wie ein kleiner Trottel behandelt zu werden.
Ihr Handy klingelte. Cassandras Herz schlug schneller, doch als sie auf das Display sah, folgte abgrundtiefe Enttäuschung. Außerdem hatte der sexy Kerl ja gar nicht ihre Telefonnummer. Cassandra nahm das Gespräch an und straffte sich unwillkürlich. Mit einem aufgesetzten Lächeln flötete sie ins Telefon: »Hallo, Steve.« In Amerika war es gerade morgens.
»Oh mein armer Darling. Wie geht es dir?«
Innerlich schickte sie ihre Schwester zum Teufel. »Blendend. Wir haben tolles Wetter, das Essen ist traumhaft und unsere Zimmer äußerst großzügig geschnitten …«
»Lass den Unsinn, Darling. Das hört sich an, als wolltest du mir eine Ansichtskarte vorlesen. Was macht dein Fuß?«
»Frag doch Samantha.« Cassandra wackelte mit den Zehen. Sie hatte vergessen, sie zu lackieren. Steves Anruf weckte nichts in ihr. Keine Freude, ihn zu hören, keine Aufregung, ob seiner Stimme, kein Gefühl des Vermissens. Sie hörte, wie Steve laut einatmete. Wahrscheinlich hatte ihn ihre Aussage getroffen. Und wenn schon.
»Deine Schwester war besorgt und du hättest mich ja nicht angerufen.« Er klang ein bisschen beleidigt. Noch so ein Punkt. Steve verhielt sich manchmal wie ein Weichei, nicht wie ein Mann. Nicht wie einer mit funkelnden hellen Augen, mit Lippen, die zum Küssen einluden, mit schwarzen Locken, die …
»Ich wollte dich anrufen, aber dann dachte ich mir, so schlimm ist es ja nicht und ich wollte dir nicht auf die Nerven gehen. Jetzt bei deinem neuen Job. Wie geht es dir da? Wie waren die ersten Tage?«, plapperte sie drauflos, um ihre Gedanken zu verscheuchen. Cassandra schloss die Augen und massierte ihre Schläfen. Als ob das etwas brächte. Der Kerl von heute war einfach zu tief in ihrem Kopf verankert.
»Alles ganz wunderbar«, erzählte Steve bereitwillig. »Wir hatten gestern unser Kick-Off für die neuen Mitarbeiter. Ein Tag lang gefüllt mit Informationen zur neuen Firma, Leitspruch und die Kernprodukte, die angeboten werden. Abends waren wir noch im Seafood-Grill und haben …«
Cassandra hörte nur noch mit halbem Ohr zu. Sie dachte an die stählerne Brust, über die sie gerne gestreichelt hätte. Sie dachte an die Spannung, die zwischen ihnen gelegen hatte. Wie konnte sie ihn wiedersehen? Welche Möglichkeiten hatte sie, ihn zu finden?
»Hörst du, Cassy?«
»Ja, das hört sich wunderbar an, Steve.«
»Wir sind eingeladen beim Boss. Barbecue. Einige meiner Kollegen haben erzählt, dass er dafür immer richtig viel Geld springen lässt. Den Samstag, wenn du zurückkommst.«
»Sehr schön. Ich freue mich drauf. Steve, pass auf …« Ich habe mich in einen völlig wildfremden Typen verknallt, weil du es einfach nicht bringst. »Ich bin ziemlich müde. Lass uns doch morgen nochmal telefonieren.«
»Ja natürlich. Entschuldige bitte. Schlaf gut, Darling. Bis morgen. Ich liebe dich.«
»Dich auch.«
Sobald sie aufgelegt hatte, stieg das Verlangen wieder in Cassandra auf. Sie streckte sich auf dem Bett aus. Wie er sie fest im Arm gehalten und aus dem Wasser getragen hatte. Wie er halbnackt vor ihr gekniet hatte, mit diesem rätselhaften Ausdruck in den Augen. Spannung, die man beinahe greifen konnte. Und dann war er plötzlich verschwunden gewesen.
Sag es.
Ich liebe Steve nicht.
Nochmal.
Da ist noch etwas.
Ich kann ihn nicht heiraten.
Und?
Ich will diesen Kerl.
Zwei Minuten später war sie eingeschlafen.
Kapitel 8
Gordon Hadidas hasste das Nichtstun. Und noch mehr hasste er es, zu warten. Vor allem, wenn es darum ging, auf ein Lebenszeichen der Frau zu warten, die ihn schier verrückt machte. Er konnte nicht stillsitzen. Die Arbeit im Club interessierte ihn nicht. Die Tänzerinnen kamen und gingen, der Beat wurde lauter. Vor seinem geistigen Auge erschien ihm das wunderhübsche Gesicht der Frau von heute Mittag. Das durfte nicht sein. Er hatte im Moment ganz andere Sorgen. Vom Strand aus, wo Patriz noch mit dem Entfernen der Beweise beschäftigt war, war er direkt in sein Büro im Club gefahren. Er hatte überlegt, ob er die Frau aufspüren sollte. Für ihn stellte dies normalerweise keine Herausforderung dar. Jeder Mensch zog eine unsichtbare Geruchsmarke hinter sich her, der Vampire problemlos meilenweit folgen konnten. Aber was würde er dann tun? Sie sich einfach nehmen? Um sich zu beweisen, dass es nur Verlangen war, was er spürte? Nicht mehr?
Gordon Hadidas hatte immer getan, was er wollte. Und er hatte seine Interessen nicht selten auch rücksichtslos durchgesetzt. Eine Ablenkung. Das war es, was er brauchte. Er musste sich ablenken. Suchend blickte er sich in der VIP-Lounge um. Sein Blick fiel auf eine schwarzhaarige Tänzerin, die an ihrem Getränk nippte. Sie trug schwarze, enge Shorts und eine eng geschnürte Korsage. Sie war drall, unheimlich sexy und sah nun auch zu ihm hinüber. Er konnte beobachten, wie sie rot wurde, spüren, wie ihr Herz schneller schlug, hören, wie das Blut in ihren Adern pulsierte. Er nickte ihr zu und sie kam zu ihm rüber. Genau das, was er wollte, und als sie angekommen war und den Mund öffnete, um etwas zu sagen, stand er auf, nahm sie an der Hand und verließ die Lounge über die Plexiglasbrücke zu seinen privaten Räumen. Dabei sah er weder nach links noch nach rechts, folgte den Gängen, bis er angekommen war. In seinem Büro stand eine schwarze Ledercouch einladend in einer Ecke.
»Da geht aber einer zur Sache«, gickelte das Mädchen, während Gordon sie an sich zog, seine Hand in ihren Nacken legte und ihren Mund mit seinem verschloss. Sie schmeckte nach Gummibärchen und kaltem Rauch. Normalerweise ekelte ihn das an, aber er war verzweifelt genug, um darüber hinwegzusehen. Er musste diesen süßen, weichen Schmollmund vergessen. Diese weichen, wohlgeformten Brüste …
Seine Finger fummelten am Verschluss der Korsage, die sich schnell öffnen ließ. Er schob die Hände darunter und massierte den prallen Busen. Unecht.
Er versuchte, seine Leidenschaft in Gang zu bringen, legte die Arme um sie, presste sie an sich, versuchte, in dem wilden, ungezügelten Kuss zu versinken. Doch es gelang ihm nicht. Auch wenn sein Schwanz bereits steinhart war, sein Kopf war woanders. Seine wahre Erfüllung stand nicht vor ihm. Dennoch riss er die Hose nach unten und führte seine Finger in ihre Mitte, die bereits heiß und feucht auf ihn wartete. Nur Sex. Mehr nicht. Mit wenigen Handgriffen zog er sich seine Hose aus, warf das Mädchen auf die Couch und drehte sie um. Er wollte ihr nicht ins Gesicht sehen. Hart und erbarmungslos drang er in sie ein, knurrte vor Leidenschaft