„Wir reiten so nahe an sie heran, dass wir ihre vordere Linie mit den Musketoons erreichen können!“, rief Matt mit lauter Stimme. „Dann greifen mir mit dem Säbel an. Spart euch die Pistolen auf, bis wir uns von ihnen lösen müssen. Wenn Kershaw und Berbaum gleich zum Angriff blasen, dann attackiert und kämpft wie die Teufel, und wenn ihr das Rückzugssignal hört, dann wendet die Gäule und reitet wie die Teufel! Wir sammeln uns dann bei den Wagen!“
Second-Lieutenant George McClure räusperte sich. „Die Kanonen, Sir“, murmelte er.
„Verdammt, ja“, brummte Matt. „Danke, Tom.“ Erneut hob er die Stimme. „Schwenkt rechtzeitig nach rechts und links, damit ihr nicht in das Feuer unserer Artillerie geratet!“
Der Gefechtslärm an der Position der F-Kompanie schwoll jetzt an, als die C-Kompanie zwischen die Angreifer brach. Die Mexikaner waren derartig darauf konzentriert gewesen, Forsythe endgültig zu überrennen, dass sie die Annäherung Deggars erst spät bemerkten.
Bei den drei Kavalleriekompanien, welche sich Dunhills Position näherten, wurde das beobachtet. An der Spitze ritt ein Mann mit goldenen Epauletten, der nun seinen Säbel schwenkte. Offensichtlich wollte er einen Teil seiner Truppe nun seinerseits in die Flanke der C-Kompanie attackieren lassen.
Dieser kurze Moment der Ablenkung war genau das, worauf Matt Dunhill gewartet und gehofft hatte. „Zum Angriff blasen!“
Kershaw und Berbaum stießen in die Hörner. Unter dem Stakkato des Angriffsignals ging die B-Kompanie aus dem Stand in den Galopp über.
Der mexikanische Kommandeur wischte alle Zweifel zur Seite, ignorierte nun Kompanie C und trieb seine Kavalleristen an, um sich Kompanie B zu stellen.
Captain Matt Dunhill setzte auf zwei Vorteile, die seine Reiter besaßen. Sie griffen hügelabwärts an und verfügten somit über mehr Geschwindigkeit, und seine Männer würden erst ihre Musketoons abfeuern, bevor sie, wie die Mexikaner, zu den Säbeln griffen. Das würde dem Gegner erste Verluste zufügen und deren Überlegenheit ein wenig reduzieren.
Die Distanz schrumpfte rasend schnell. Dreihundert Meter… Zweihundert Meter… Hundert Meter…
„Feuer!“, brüllte Dunhill.
Das vordere Treffen der B-Kompanie feuerte. Es war eine kleine Salve aus fünfunddreißig Springfield-Musketoons und nicht jede der Bleikugeln im Kaliber 0.69 traf. Immerhin gingen ein paar Reiter und Pferde zu Boden, und brachten Unordnung in die vorderen Glieder der Mexikaner. Die Dragoner ließen die Waffen achtlos fallen, die von den Bandeliers aufgefangen wurden, und zogen nun ihre Säbel. Mit einer raschen Bewegung war der lederne weiße Fangriemen über das Handgelenk gestreift und festgezogen. Er würde verhindern, dass der Träger den Säbel verlor, wenn man ihn aus seiner Hand schlug.
Schon prallten die vorderen Reiter auf ihre Gegner.
Stahl klirrte auf Stahl, Pferde stießen gegeneinander und der heftige Zusammenstoß brachte einige zu Fall. Doch der so oft verfluchte Säbeldrill zeigte Wirkung. Die Dragoner mochten keine exzellenten Fechter sein, doch sie zeigten sich geübter, als ihre Gegner. Stoß, Parade, Finte, Blockade, Hieb… Im Einzelkampf zeigten sich die mexikanischen Kavalleristen deutlich unterlegen, doch dies machten sie zunehmend durch ihre enorme Übermacht wett.
Dragoner und Kavalleristen stürzten verwundet oder sterbend zu Boden.
Second-Lieutenant George McClure war mit dem zweiten Treffen heran. Die Musketoons wurden aus kürzester Distanz abgefeuert und aus dieser Nähe war jeder Schuss ein Treffer.
Matt Dunhill versuchte den Überblick zu behalten. Glücklicherweise kämpften er und seine Männer auf halber Höhe des Hangs, so dass er auf den Bereich hinunter sah, wo jetzt die Kompanien C und F kämpften. Matt orientierte sich an den beiden Wimpeln, die sich dicht beieinander befanden. Es hatte den Anschein, als bewegten sie sich langsam den Hügel hinauf. Allerdings wurden die Dragoner dort durch eine noch weit größere Übermacht bedrängt, als sie der Kompanie B gegenüberstand.
First-Lieutenant James Clyborn kämpfte sich an Matts Seite. Er hatte seine Mütze verloren und eine blutige Schramme am Kopf, dennoch grinste er verzerrt. „Wir müssen zurück, Matt. Es sind einfach zu viele.“
Ein Dutzend mexikanische Kavalleristen kamen herangeprescht. Sie bildeten ein massives Pulk, welches sich rücksichtslos durch die Kämpfenden drängte und ein ganz bestimmtes Ziel hatte. Die Reiter orientierten sich am Wimpel und wussten, dass sich dort der Befehlshaber des Feindes aufhalten musste.
Der deutschstämmige Sergeant Friedrich Schmitt und drei ausgewählte Dragoner bildeten die sogenannte „Colorguard“, deren Aufgabe es war, das Feldzeichen und seinen Träger unter allen Umständen zu schützen. Schmitt und seine kleine Schar hatten sich diese Ehre redlich verdient und schon in einigen Gefechten bewährt. Auch jetzt bewiesen sie, dass sie zu den besten Kämpfern der B-Kompanie zählten.
Schmitt und sein Trupp feuerten nun ihre einschüssigen Pistolen ab und warfen sie achtlos zur Seite, da keine Zeit blieb, sie zurückzustecken. Schon prallten die Säbel aufeinander. Der Sergeant drängte die Waffe seines Gegners zur Seite, ließ die eigene Klinge an ihr entlang gleiten und rammte ihre Spitze in die ungeschützte Achselhöhle des Mexikaners. Noch während der Mann sterbend vom Pferd sank, wandte sich der Unteroffizier schon dem nächsten zu.
Corporal Prentiss, der Wimpelträger, wurde von drei Angreifern bedrängt, lenkte sein Pferd mit den Schenkeln, um sich mit Säbel und Wimpellanze wehren zu können. Ein wuchtiger Hieb riss ihm die Klinge aus der Hand, die haltlos am Fangriemen baumelte. Prentiss gelang es im letzten Augenblick, die Lanze herumzureißen und sie dem einen Widersacher mit der herzförmigen Spitze in die Brust zu rammen.
Der Mexikaner stieß ein schmerzerfülltes Keuchen aus und sank nach hinten. Doch die Spitze hatte sich zwischen den Rippen des tödlich Verwundeten verhakt. Während der Kavallerist vom Pferd sackte, drohte er Prentiss mit sich zu ziehen. Der wurde erneut bedrängt und hatte keine Wahl, als die Lanze loszulassen.
Dragoner Perkins war heran, schlug seine Waffe mit einem brutalen Hieb in den Nacken eines Kavalleristen. Obwohl die Schneide vorschriftsmäßig ungeschärft war, wurde der Kopf fast abgetrennt.
Matt Dunhill und James Clyborn fochten Seite an Seite oder versuchten dies doch zumindest. Geschrei, Kampflärm und Blutgeruch sowie das Wiehern verwundeter Pferde machten die Reittiere nervös. Sie tänzelten, richteten sich immer wieder auf, um mit ihren Hufen zu treten. Dunhill schlug einen Kavalleristen aus dem Sattel, dann einen zweiten, der Clyborn gerade von hinten attackieren wollte.
Irgendwo war das Rückzugssignal, die „Retreat“, aus einem amerikanischen Signalhorn zu hören. Es musste ein Horn der F- oder C-Kompanie gewesen sein.
„Deggar zieht sich zurück!“, brüllte Clyborn über den herrschenden Tumult hinweg. „Es wird Zeit, Matt!“
Schmitt erreichte Prentiss und Perkins, die am Standort des Wimpels um dessen Besitz kämpften. Immer wieder versuchten die Dragoner oder ihre Gegner, die aus der Brust des toten Mexikaners aufragende Lanze zu ergreifen und den Feind daran zu hindern, sie aufzunehmen. Schmitt stieß erregte Flüche in seiner deutschen Muttersprache hervor, hackte sich seinen Weg förmlich frei. Sein Hieb trennte die ausgestreckte Hand eines Kavalleristen ab, dann beugte sich der Sergeant im Sattel zur Seite und befreite die Lanze mit einer kraftvollen Drehbewegung. Lanzenspitze und Tuch waren von Blut besudelt, als er das Feldzeichen wieder aufrichtete. Er warf einen Blick in Dunhills Richtung und rief etwas, dass im Lärm unterging, doch der Captain begriff auch so, was sein Unteroffizier meinte.
„Hornist!“, brüllte Dunhill mit Leibeskräften. „Retreat!“
Wie durch ein Wunder waren die beiden Trompeter der B-Kompanie in der Lage, das Signal zu blasen und zu wiederholen. Berbaum´s Horn verstummte, als es von einer Kugel aus dem Griff des Hornisten gerissen wurde. Die orange geflochtene Fangschnur fing es auf und der Corporal starrte einen Moment auf den Durchschuss im Schalltrichter, bevor er sein Instrument erneut ansetzte.
Die Dragoner reagierten auf das Signal, doch sie wurden hart bedrängt, denn die