„Und eine ziemlich kräftige Salve“, fügte Matt Dunhill hinzu. „Gott sei Dank keine Musketen, sondern Pistolen.“
Für beide stand fest, dass Trenton und Forsythe auf eine größere mexikanische Truppe gestoßen sein mussten. Der Klang der Waffen verriet, dass die beiden Kompanien nicht auf Infanterie gestoßen waren, da diese ihre Musketen genutzt hätte. Die Anzahl der abgefeuerten Pistolen verriet, dass es sich vielmehr um eine berittene Einheit handelte.
„Dunhill, Sie und Deggar unterstützen A und F“, befahl der Major hastig. „Walters wird mit G den Wagenzug decken.“
„Sir, wenn unsere Leute auf eine stärkere Truppe gestoßen sind, dann kann es gut sein, dass die Mexikaner den Spieß umdrehen und uns ihrerseits angreifen. Ich empfehle, die Batterie gegen den Hügel in Stellung zu bringen und die Wagen zu einer Wagenburg zu formieren.“
„Sie haben Ihre Befehle, verdammt!“, stieß Holmes erregt hervor. „Befolgen Sie meine Anweisungen!“
Matt Dunhill errötete kurz und salutierte dann. „Zu Befehl, Sir.“
Er zog sein Pferd herum und gab rasch seine Befehle.
Kommandos waren zu hören, welche die Kolonne entlang liefen, dazwischen Trompetensignale. Für einen Moment schien Chaos auszubrechen, während jenseits der Hügelkuppe der Gefechtslärm anschwoll. Man hörte relativ wenige Schüsse, aber undefinierbares Geschrei, dazwischen immer wieder die Signale amerikanischer oder mexikanischer Hornisten. Teilweise schienen diese widersprüchlich zu sein und Dunhill versuchte vergebens, die Signale zu interpretieren und daraus den Verlauf des unsichtbaren Gefechtes zu deuten.
Die dreißig Frachtwagen und sechs Artillerieprotzen befanden sich, hintereinander formiert, auf der langen Straße zwischen Presidio del Norte und der Hügelkuppe. Auf der linken Seite verlief der Rio Conchos, auf der rechten erstreckte sich die Ebene. Dunhill und Deggar formierten ihre beiden Einheiten dort rasch zu zwei Gefechtsformationen. Jede Kompanie bildete zwei Kampflinien, die sogenannten Treffen, die, hintereinander geordnet, einen Abstand von zwölf Pferdelängen zueinander hielten. Sollte ein Pferd der vorderen Reihe stürzen, konnte der Reiter der zweiten problemlos darüber hinwegsetzen.
Matt Dunhill hatte den Säbel gezogen, stieß ihn nach oben. Kershaw blies das Signal zum Schritt, dem direkt darauf das zum Trab folgte. Die A-Kompanie ritt an, Deggars C-Kompanie folgte. Matt konnte sich vorstellen, dass Holmes über die Langsamkeit des Vorrückens fluchte, aber er hatte nicht vor, seine Männer in vollem Galopp blindlings über den Hügel stürmen zu lassen. Was er von der Kuppe aus erblickte, das würde entscheidend dafür sein, wie er seine Dragoner einsetzte. Noch wusste er nicht, wie stark der Feind war, wie sich der Kampf entwickelte, und wie man Brenton und Forsyth am Besten unterstützen konnte.
Der Captain blickte kurz über die Schulter zurück. Holmes war wohl doch kein kompletter Narr. Er hatte Matts Empfehlung angenommen. Die sechs Geschütze wurden in Stellung gebracht und würden eine Linie quer zur Straße bilden. Die Wagen fuhren zu einer Wagenburg auf. Captain Walters ließ seine Kompanie G gerade absitzen. Man führte die Pferde zwischen die Wagen, während die Dragoner mit ihren Musketoons bei den Geschützen und zwischen den Fahrzeugen in Stellung gingen.
Jenseits des Hügels waren nur noch sporadische Schüsse zu hören, aber je näher die A-Kompanie der Kuppe kam, desto deutlicher wurden das Geschrei und der Kampfeslärm.
Noch bevor Matt Dunhill die Höhe erreichte, kam ihm ein Dragoner entgegen. Der Mann hatte die Mütze verloren und eine blutende Wunde am Kopf. Er trieb sein Pferd zu höchster Eile an. Dunhill konnte gerade noch einen kurzen Blick in die weit aufgerissenen Augen des Soldaten werfen, dann war dieser auch schon vorbei. Der Blick war starr und voller Panik gewesen. Kein gutes Zeichen für das, was sich auf der anderen Hügelseite abspielte.
Dann erreichte Kompanie A endlich die Kuppe und konnte das Gefechtsfeld einsehen.
Matt Dunhill wurde blass, als er begriff, was sich dort abspielte.
Bei den mexikanischen Kavalleristen, denen Brenton und Forsyth so ungestüm gefolgt waren, handelte es sich tatsächlich nur um die Vorhut einer starken mexikanischen Truppe.
Deren Lager war jenseits des Hügels errichtet worden. Der Aufbau von Feldlagern ähnelte sich und Dunhill begriff sofort, dass sie es mit wenigstens zwei Regimentern zu tun hatten. Man war gerade dabei, das Camp abzubrechen. Einige Zelte standen noch, andere waren gerade umgelegt worden, um die Planen zu rollen. An aufgespannten Leinen standen noch immer mehrere hundert Pferde, die gerade gesattelt wurden. Alles ging ruhig und geordnet, als seien die Mexikaner nicht sonderlich besorgt über das plötzliche Auftauchen amerikanischer Truppen.
Eigentlich hatten sie auch keinen Grund dazu.
Direkt unterhalb des Hügels befanden sich bereits Hunderte von mexikanischen Reitern, die gegen die Kompanien von Brenton und Forsythe kämpften. Die im Lager Zurückgebliebenen fanden es wohl überflüssig, sich auch noch in den ungleichen Kampf zu werfen.
Matt Dunhill sah die grünen Uniformjacken mexikanischer Kavalleristen und die blauen von Reitern, deren Anblick ihm auf den Magen schlug. Männer, deren Hauptwaffe eine fast drei Meter lange Lanze mit nadelscharfer Spitze war. Lanzenreiter. Dagegen erschien der rund einen Meter lange Dragonersäbel eher kümmerlich. Jede Lanze war mit einem kleinen roten Fähnchen geschmückt und Dunhill war sicher, dass einiges der roten Farbe mit dem Blut amerikanischer Soldaten getränkt war.
Matt Dunhill versuchte sich zu orientieren. Er fand den Wimpel der F-Kompanie in einem größeren Pulk von Dragonern, die massiv von Mexikanern bestürmt wurden. An anderen Stellen kämpften kleine Trupps oder einzelne Reiter gegeneinander. Das Feldzeichen der A-Kompanie war nirgends zu sehen und Matt hoffte inständig, dass Brenton nicht vollständig überrannt worden war.
Inzwischen hatten die Mexikaner die frischen amerikanischen Truppen erspäht. Nun formierten sich im Lager drei zusätzliche Kompanien. Dann waren dort unten weitere Signaltrompeten zu hören. Der mexikanische Befehlshaber wusste nicht, ob nicht noch weitere Dragoner erscheinen würden und ließ nun zur allgemeinen Mobilmachung blasen. Hunderte von Kavalleristen und Lanzenreitern schwangen sich in die Sättel.
Dunhill wandte sich um. Thomas Deggar kam hastig herangeritten. Seine Kompanie C verharrte hinter A und konnte das Gefecht nicht einsehen.
Deggar stieß einen missmutigen Laut aus, als er den Feind erblickte. „Das sind aber eine verfluchte Menge Mexikaner“, knurrte er. „Brenton hat wohl in ein richtiges Wespennest gestochert.“
„Ich weiß nicht wo Brenton steckt“, gab Matt zu. „Aber Forsyth kämpft da drüben um sein Leben. Tom, führe C zu seiner Entlastung. Ich versuche inzwischen, die Mexikaner mit B abzulenken.“
„Wenn ich Forsyth heraus gehauen habe, sollten wir uns schleunigst auf Holmes Position zurückziehen“, meinte Deggar mit einem verzerrten Lächeln. „Ich fürchte, selbst mit Artillerieunterstützung ist der Bissen zu groß für uns.“
„Ganz meine Meinung“, stimmte Matt zu. „Ich habe ja ziemlich über die Geschütze geflucht, weil sie uns immer wieder aufgehalten haben, aber jetzt bin ich heilfroh, dass wir sie dabei haben.“
„Also dann, viel Glück.“ Deggar salutierte mit seinem Säbel. „Du hast den Vortritt.“
Matt Dunhill war bewusst, dass hier kein Sieg zu erringen war. Inzwischen schätzte er, dass die Mexikaner hier sogar weit mehr als zwei volle Regimenter aufboten.
Er konnte mit seinen Männern nur versuchen, das Feldzeichen und die Überlebenden von F zu retten, doch dies würde mit dem Blut der B-Kompanie bezahlt werden. Matt war kein Freund sinnlosen Opfermutes und doch konnte er dem Feind das kleine rot-weiße Feldzeichen nicht einfach überlassen. Nicht, ohne dass man zumindest den Versuch seiner Rettung unternahm.
Unten waren die drei Kavalleriekompanien der Mexikaner jetzt formiert. Sie trabten an und kamen Dunhills B-Kompanie entgegen, die noch immer abwartend verharrte. Es mochten an die dreihundert Mexikaner sein, die sich nun anschickten, die knapp siebzig Amerikaner anzugreifen.
Hinter der B-Kompanie