Feuerland - die Technoinsel. Andy Kontor. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andy Kontor
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847691068
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um das Zeug auf dem Tisch zu verteilen. Scheißegal, Samy hat heute keinen Bock sich aufzuregen.

      „Da ist übrigens noch ein Tipp, den ich dir mitgeben möchte, min Jung. Versuch dich nie zu ärgern oder über irgendwas aufzuregen, sobald du Koks gezogen hast! Der kleine weiße Mann in deinem Kopf, der dich steuert, wird dir den Trick des Runterkommens einfach nicht verraten. Er sitzt hinter seinem Schaltknüppel und lacht, lacht über dich. Und sobald du ihm Macht zukommen lässt, lacht er noch mehr und stellt alles in deinem Kopf auf Loop, und ehe du es überhaupt bemerkt hast, bist du in seinem Labyrinth gefangen.“

      Wie ein Rüssel fährt der Fünfzigeuroschein über den Tisch.

      „Aber weißt du, min Jung, mit Drogen muss man einfach umgehen können. Schließlich willst du dich doch geil fühlen und solange der weiße Mann in deinem Kopf die Fäden zieht, wirst du immer nur der Wirtskörper für die Droge sein! Und jetzt erklär` ich dir mal meinen Style.“

      Samy geht zur Stereoanlage, drückt eine Taste auf dem Hochglanz-CD- Player. Samy schmeißt eine CD ein, dreht sich mir zu, steht jetzt in mächtiger Pose vor mir, setzt sich die Sonnenbrille auf, streckt die Arme in die Luft. Ich starre gespannt auf den Meister und erwarte seine Darbietung.

      „Jetzt, min Jung, zeig ich dir mal was das Wort Koks im eigentlichen Sinne bedeutet!“

      Samy tippt auf die Fernbedienung. Plötzlich donnert wie ein Blitzschlag das Anfangsthema des ersten Satzes der fünften Beethoven-Sinfonie aus den Lautsprecherboxen.

      Ta – ta – ta – taaa, ta – ta – ta - taaa.

      Samys Hände sind zu Fäusten geballt, während sich die Musik zu einem gewaltigen Crescendo aufbäumt.

      „Hör´ dir diesen abgefahrenen Shit an! Scheiß auf die Technomusik, dieses Zeug rockt richtig. Und weißt du warum?“

      Ich bin perplex, hätte von Samy nie erwartet, dass er sich in seiner tiefsten Seele zu solcher Musik hingezogen fühlt.

      „Weil diese Musik menschlich und göttlich zugleich ist, der goldenste Schimmer dieser unseren abgefucktesten Welt! Hör es dir genau an!“

      Samy hält für einen Moment den Atem an, rückt seine Sonnenbrille zurecht.

      „Es nennt sich Macht. Diese Musik ist die purste Form der Macht – jeder Mensch, der diese Takte im tiefsten Herzen begreift, ist erschüttert. Und das, min Jung, das ist der Style, den ich zum Leben brauche. Das ist das Feeling! Diese Musik und eine Nase Koks.“

      Und weiter? -

      „Was ich dir sagen will ist: ich bin kein Idiot, der sich das Zeug zum Spaß in die Nase zieht, um fett abzufeiern. Es geht mir, wie du jetzt vielleicht bemerkt hast, um etwas ganz anderes. Weißt du, min Jung. Macht ist etwas, das jeder will und zum Leben braucht, sonst geht er ein – das Gesetz der Natur will es so, die Kräfte des Universums.“

      Das hatten wir doch eben gerade. Wie geht es nun weiter? -

      Samy steht da wie ein goldener Sieger, die Melodie der Sinfonie zischt über seine Lippen. Wieder das Anfangsthema:

      Ta – ta – ta – taaa, ta – ta – ta - taaa.

      Noch schmunzle ich, doch jetzt wölbt sich ein bebendes Lachen in mir, dem ich mich bald ergeben muss.

      Samy ist unbeirrt. Mit der Fernbedienung blendet er die Musik aus.

      „Koks war schon damals die Droge der Könige. Macht und Koks sind untrennbar, so wie Ecstasy und Techno. Es gibt keine Möglichkeit, sich dem Willen zur Macht zu entziehen. Jeder Mensch ist eine Marionette dieses ewigen Spiels. Alle wollen wir sie und nur diejenigen können sich lebendig nennen, die sie auch wirklich besitzen. Auch ich besitze sie nur für Augenblicke, aber es steht außer Frage, das ich sie zum Leben brauchen.“

      Das Lachen in mir überwältigt mich, auch wenn ich es ernsthaft riskiere, bei Samy in Ungnade zu fallen.

      „Was lachst du, Schwuchtel?“

      Ein Glück, dass es just in diesem Augenblick an der Tür klingelt.

      Samy geht zum Wohnzimmerfenster, schaut auf Zehenspitzen über die nassen Büsche und erkennt unter dem grauen regenschweren Himmel Danis Auto.

      „Dani, geil! Die riecht das Zeug auch auf hundert Meilen. Fast ein halbes Jahr lässt sie sich hier nicht blicken, aber wenn Koks in der Bude lagert, dann, ja dann steht sie plötzlich vor der Tür. Zu dir komm ich später, min Jung.“

      Ich fühle, dass mein Lachen etwas mit meinem Flash zu tun hat.

      Ohne dieses grenzenlose Erfrischungstuch, das meinen Körper wie eine Brise aus überweltlichem Wohlgefühl durchweht, hätte ich mich wohl nicht zu so einem offenkundigen Gefühlsausbruch hinreißen lassen.

      Gut, dass ich ein paar Augenblicke für mich habe, um mich wieder zu beruhigen. Dann tritt Dani ein, zusammen mit ihrer Freundin Yvonne.

      „Hallo! Hier geht´s ja lustig zu!“

      Die beiden Mädels grinsen. Dani deutet auf die Schale Koks in der Mitte des Tisches.

      „Da habt ihr ja was Feines zum Naschen mitgebracht!“

      Danis straffe Brüste blenden meinen Blick. Samy hat jetzt doch Technomusik aufgelegt. Poor Ludwig!

      Samy legt Dani und Yvonne eine Line.

      „Na dann – amüsiert euch Mädels!“

      Die beiden Mädels ziehen. Samy und ich sitzen und grinsen.

      „Voll krass – die haben die Bundesstraße komplett gesperrt. Wir mussten über die ganzen kleinen Pissdörfer fahren. Ein LKW ist umgekippt. Ein Milchtransporter.“

      Weiße Milch, weißer Schnee. In meinem Kopf tummeln sich merkwürdige Gedanken. Noch immer muss ich an Samys Darbietung denken. Samy sitzt relaxt in die Ledercouch zurückgelehnt, während sich die Mädels Lines ziehen.

      Samy erzählt lang und breit über unsere Fahrt nach Hamburg, den Bullenscheinwerfer, den Porno–Wachmann. Die Mädels lauschen gespannt. Ich mixe uns einen Drink, Barcadi–Cola.

      „Ja, wisst ihr überhaupt, dass damals in Amerika Koks ein fester Bestandteil von Cola war. Das musst du dir mal reinziehen. Die haben das Zeug schon zum Frühstück gesoffen. Trink Coca-Cola! Die Amis waren jahrelang auf Koks, Leute! Irgendwann hat die Regierung das abgeschafft, vielleicht um den Durchheitsfaktor einzudämmen!“

      Stimmt die Geschichte wirklich, frage ich mich. Auf jeden Fall ist sie lustig,

      egal, ob sie stimmt oder nicht. Wenn sie stimmt, dann wird mir vieles klar:

      eine ganze Nation jahrelang auf Koks, das muss Konsequenzen haben. Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich: Koks und Geld sind die treuesten Gesellen. Wo Koks ist, ist auch Geld; wo Geld ist, befindet sich meistens auch Koks.

      Ich selbst befinde mich noch tagelang auf dem Koksfilm. Es sind seltsame Tage.

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