Männer sind auch nur Menschen. H. G Götz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: H. G Götz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753188522
Скачать книгу

      Nachdem er dieses, sicher war sicher, ein paar Mal wiederholt hatte, meinte er selbstzufrieden: „Von wegen Schwimmreifen!“

       Emily

      Er hatte gerade den Rasen fertig gemäht und war dabei die abgestorbenen Äste der Büsche abzuschneiden, von denen er nicht mal wusste, wie sie hießen, als er Emily die Straße entlanglaufen sah. Direkt auf sein Haus zu. Augenblicklich stellte er den Rasenmäher ab. Sarah hatte ihm ihre Tochter wenige Tage vorgestellt nachdem sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten. Nachdem sie geduscht hatte, bestand sie regelrecht darauf, ihm Bilder ihrer Tochter, die sie auf dem Smartphone gespeichert hatte, zu zeigen.

      Worüber er, wie er heute noch wusste, nicht wenig erstaunt war.

      „Warum will sie mir Fotos ihrer Tochter zeigen“, fragte er sich. Kaum, dass er diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, hatte sie sich zu ihm auf die Couch gesetzt, sich an ihn gelehnt und gesagt: „Schau, das ist Emily“, womit sie ihm auch schon ihr Smartphone vor die Nase hielt, um ihm ein Bild nach dem anderen zu zeigen.

      Emily beim Schwimmunterricht. Emily im Babyalter. Emily auf einem Pferd. Emily!

      Ihm war augenblicklich klar geworden, dass sie ihre Tochter abgöttisch liebte und je mehr Bilder er sich ansah, umso mehr verstand er sie. Diese, ihre Liebe zu ihrer Tochter war keine gewöhnliche Mutter-Tochter Liebe. Sie musste perfekt sein.

      Es war von jener Art, die sie von ihren eigenen Eltern, nie erfahren hatte. Etwas, wovon sie ihm erst viel später erzählte.

      Ebenso etwas, dass er erst nach ein paar Monaten von ihr erfahren hatte war, dass sie das jüngste Kind(alle waren es Mädchen)von Vieren war. Und dass, wie sie behauptete, dass von ihrer Mutter, am wenigsten geliebt wurde.

      Ihr Vater hingegen, trug sie auf Händen. Wenn er, als Landwirt, der um Vier Uhr früh das Haus verließ und der meistens vor 18 Uhr abends, nicht wieder zuhause war, Zeit und Energie dafür gehabt hatte.

      Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie es dazu gekommen war, dass sie ihm ihre ganze Lebensgeschichte zu erzählen begann. Noch heute wunderte er sich, über die Art und Weise, über den ersten Satz, den sie als Erstes sagte, als sie daran ging, ihm ihre Lebensgeschichte zu erzählen.

      „Ich hab mich schon immer mehr für Traktoren, die

      Landwirtschaft und Autos interessiert als so mancher Junge“, begann sie. „Ich glaube deswegen war ich auch Papas Liebling. Ich war diejenige die ihm zur Hand ging, wenn es auf dem Hof etwas zu tun gab. Die den Stall ausmistete, das Vieh versorgte und die mit ihm auf dem Feld war, wenn er sich wieder mal nicht genug Arbeiter leisten konnte. Während meine Schwestern lieber mit Puppen gespielt oder sich Mamas Kleider angezogen haben. Ich glaube, das ist eines der Gründe, warum ich ein bisschen bi gepolt bin. Glaubst du nicht auch“, sagte sie so beiläufig als würde sie über das Wetter reden.

      Phil hatte sie, als sie ihm gestand an Frauen gleichermaßen interessiert zu sein wie an Männern, erschrocken angesehen.

      „Du bist bi“, fragte er sie. Er konnte sein Erstaunen verbergen.

      Sie hatte innegehalten und sah ihn an.

      „Warum siehst du mich denn so überrascht an“, fragte sie ihn.

      Er musste erst überlegen, wie er darauf reagieren sollte, wenn er sie nicht unnötig verletzten wollte. Und dass ausgerechnet ihm. Ihm, der aus einer erzkatholischen Familie stammte, in früheren Zeiten braver Kirchgänger gewesen war und homosexuelle Beziehungen für abartig hielt. Eine Überzeugung die er nie ganz aufgegeben hatte.

      „Ich bin einfach nur überrascht“, gab er schnell von sich, in der Hoffnung, dass nichts an seinem Ton verraten hatte, dass er der Überzeugung war, dass er gleichgeschlechtliche Beziehungen für pervers hielt. Sarah beließ es dabei, ging nicht weiter darauf ein und begann wieder ihm Fotos von Emily zu zeigen.

      „Seltsam“, dachte er sich, während sie ihm ein Foto nach dem anderen zeigte, ohne dass er sie wirklich wahrnahm.

      „Wieso stört mich das bei ihr nicht?“

      Natürlich erwischte sie ihn dabei, als er abwesend vor sich hinstarrte.

      „Du musst schon hinschauen. Ich zeig die Fotos von Emily nicht jedem“, protestierte sie.

      Abermals wischte sie mit einem Finger über das Display.

      „Oder bist du jetzt etwa geschockt?“

      Die Frage überraschte ihn.

      Sie hatte es als doch bemerkt! Verdammt!

      „Worüber sollte ich denn geschockt sein“, fragte er sie, mit einer Unschuldsmiene, die ihn augenblicklich verriet.

      Er war noch nie ein guter Lügner gewesen!

      „Sag bloß das du einer von denen bist, die glauben, dass alle gleichgeschlechtlichen Beziehungen, wie es so schön heißt, pervers sind?“

      Das war das erste Mal gewesen, dass sie ihn mit diesem seltsamen Blick ansah. Dieser Blick, der spottend, provozierend und zugleich so unschuldig war, dass er ihn aus der Fassung brachte.

      Dieser Blick erregte ihn. Fast wäre er versucht gewesen, sie nochmals zu nehmen, besann sich dann aber.

      Er wusste, dass sie dies richtig zu deuten, gewusst hätte!

      „Zeig mir lieber die Fotos“, forderte er sie auf, während er ihr einen Klaps auf den nackten Po gab.

      Es mussten Dutzende Bilder gesehen haben, die sie ihm im Laufe des besagten Nachmittages gezeigt hatte. Tatsächlich konnte er auf den Fotos erkennen, dass Emily ein besonderes Kind sein musste. Ihr Gesicht ließ eine Intelligenz erkennen, eine Wärme erkennen die ihm auf den Fotos nur so entgegensprang. Abgesehen davon, dass sie ein besonders hübsches Mädchen zu sein schien.

      Etwas, das sich kurze Zeit später bestätigte, als Sarah eines Tages mit ihr vor der Tür stand, um ihn abzuholen damit er sie zu McDonalds begleitete.

      Damals, gerade erst vor einem dreiviertel Jahr war das gewesen, als sie gerade zehn Jahre alt geworden war. Überrascht sagte er spontan zu und erfuhr dabei, dass Emily nicht nur außergewöhnlich hübsch, sondern auch für ihr Alter extrem intelligent war. Außerdem wusste sich zu benehmen, sprach nur wenn sie gefragt wurde oder fragte zuerst ob sie sich zu etwas äußern durfte. Sarah hatte, was die Erziehung des Mädchens anbelangte, gute Arbeit geleistet.

      Es dauerte nicht lange bis beide, Emily und er herausfanden, dass sie sich hervorragend verstanden. Vom ersten Tag an – er sollte sie infolge noch öfters sehen – alberten sie miteinander herum, verhielten sich wie alte Kumpels, die sich schon seit Jahren kannten. In einer geradezu gewählten Ausdrucksweise, fragte sie ihn nach Dingen, von denen er nicht vermutet hätte, dass sie sie interessieren könnten. Wo er herkam, wie es kam, dass er ausgerechnet in Lind wohnte. Was er beruflich machte. Wie seine Ausbildung ausgesehen hatte…! Alles so unaufdringlich und zwischendurch immer danach fragend, ob sie nicht zu aufdringlich sei! Er hatte keine andere Wahl, als dieses Mädchen lieb zu gewinnen.

      Er fragte sich, ob er in ihr die kleine Tochter zu sehen begonnen hatte die er sich gewünscht hatte und konnte die Frage nur mit einem Ja beantworten. Diese kleine Tochter, die er mangels einer geeigneten Frau, ein Wunschtraum bleiben würde. Emily schien dies zu spüren. Irgendwie wusste sie, dass er so etwas wie väterliche Liebe für sie empfand. So kam es, dass sie sich auf den ersten Blick prächtig verstanden. Tatsächlich entwickelte sich zwischen den beiden ein Verhältnis der besonderen Art. Ein Verhältnis, dass sich mehr und mehr zu einem ich-bin-zwar-nicht-dein-Vater, wäre-es-aber-so-gerne-Verhältnis, entwickelte.

      Umso mehr traf es ihn, als Sarah den Kontakt zwischen ihr und ihm unterband, als ihr Freund plötzlich wieder auf der Bildfläche erschien.

      Dani, wie Sarah ihn nannte.

      „Dani“, sagte Phil erstaunt. „Du hast also einen

      Freund, der Dani heißt.“

      Nach dem ersten Schock, während dem ihm tatsächlich