Der Junge mit dem Feueramulett - Die Schule der Alchemisten. Frank Pfeifer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frank Pfeifer
Издательство: Bookwire
Серия: Der Junge mit dem Feueramulett
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754178515
Скачать книгу
stinkst tatsächlich fast so wie ein Torak, Junge. Irgendwie, irgendwie nach…«

      Der Priesterin fielen die Worte nicht ein. Sie trat noch einen Schritt auf Kard zu.

      »Irgendwie nach Branu.«

      Kaum hatte die Gova dies ausgesprochen, trat sie einen Schritt zurück. Kard war sich nicht sicher, ob es aus Schrecken oder Ekel war.

      »Ein Mensch, der wie ein Torak stinkt und ganz eindeutig nach Branu, das ist sehr seltsam. Ich sollte…«

      »Wir kommen von K’sandra und haben eine Lieferung für das Waisenhaus. Hier, der Auftrag.«

      Benji war vorgesprungen, in der Hand hatte er ein Papier und wedelte der Priesterin nun damit vor der Nase herum.

      »Von K’sandra, der Gova des Waisenhauses?«

      Die Gova nahm das Schriftstück und studierte es genau. Dann gab sie es Benji zurück und musterte Kard noch einmal mißtrauisch.

      »Es sind also keine Toraks?« Der alte Soldat wollte offensichtlich auf Nummer sicher gehen.

      »Nein, natürlich nicht.«

      »Dann können sie passiere. Das Tor ist ja jetzt schonmal auf.«

      »Na gut. Geht. K’sandra wird schon wissen, was sie tut. Grüßt meine Cousine. Goiba für immer.«

      Ein müdes, gehorsames Echo antwortete der Priesterin. Goiba für immer, Goiba für immer, Goiba für immer.

      *

      »Jetzt schlachten sie sogar uns Ichtos wahllos ab. Schon fast zehn meiner Schwarmbrüder haben die Wachen zur Schwarzen Burg abgeführt. Wegen Kleinigkeiten. Perlmuttschwindel und Fischvergiftung. Können wir was dafür, wenn der Kunde die Makrele erst eine Woche später ißt? Walkotze und Haifischgekröse, sollen wir etwa unsere Kunden vor Ort füttern? Und dabei haben wir uns hier in Conchar immer sicher gefühlt.«

      Die Schreiende Makrele, selbst an überfüllten Markttagen zwar laut schreiend aber im Grunde die Ruhe selbst, war völlig aus dem Häuschen.

      »Flanakan will uns alle einschüchtern.«

      »Nein. Nicht Flanakan. Die Menschen sind es. Die hielten sich schon immer für etwas Besseres. Nur weil sie die Mehrheit sind.«

      »Nicht auf Ichtien.«

      »Nicht im Dunklen Wald.«

      »Ja, aber hier. Hier in Conachar. Und auch sonst überall im Reich.«

      »Aber die Befehle kommen von Flanakan. Er gibt den Wachen die Anweisungen, uns wegen Nichts und wieder Nichts verhaften zu lassen. Und die Hinrichtungen, alles sein Werk.«

      »Wer profitiert denn von den Hinrichtungen? Die Schreiner! Die Galgenschreiner! Das sind alles Menschen!«

      »Also haben jetzt die Galgenschreiner die Macht in Conchar?«

      »Vielleicht…«

      Im Keller des ›Knochenbruchs‹ gingen die Stimmen wild durcheinander. Obwohl es mitten am Tag war, war es hier unten dunkel. Alle Luken abgehängt, die Luft war stickig. Im Gang wischen den Schofffässern saßen Vertreter aller Wesen Conchars. Eine Kerze stand zwischen ihnen, ihre Flamme beugte sich in alle Richtungen, je nachdem aus welcher Richtung die unterdrückten, wütenden Schreie kamen. Draußen hielten einige von ihrer Gruppe Ausschau nach Wachen, um sie rechtzeitig warnen zu können.

      »Ich sage, wir müssen etwas gegen die Menschen unternehmen. Ihnen ihren Hochmut austreiben.« Gsark blickte auffordernd in die Runde.

      »Noch mehr Flugblätter?«

      »Nein, Flugblätter bringen nichts. Wir müssen sie da packen, wo sie sich so toll finden.«

      »Willst du ihnen ihre kleinen Finger abhacken?«

      Gsark lächelte. »Gar keine schleckte Idee. Aber nein. Wir fangen sie und lassen sie dann nackt durch die Straßen Conchars laufen.«

      »So ein Schwachsinn.«

      »Nein, das ist gut. Schämen sollen sie sich, diese hochnäsigen Menschen.«

      »Hey, ich bin auch ein Mensch.«

      »Ja, aber du bist ja einer von uns.«

      »Trotzdem…«

      »Er hat recht.« Gsaxt, der jüngere der beiden Torakbrüder, hatte das Wort ergriffen. »Es geht nicht darum, welches Wesen in Conchar besser oder schlechter ist als das andere. Unser Feind ist Flanakan. Das hat unser Papa auch immer gesagt, Gsark.«

      »Ja. Und Papa ist jetzt tot, oder?«

      Jetzt schwiegen die Zellenmitglieder in Erinnerung an den, der sie einst alle zusammengerufen hatte.

      »Wir brauchen einen Führer.«

      Zustimmendes Gemurmel.

      »Wir brauchen eine Armee!«

      »Wir sind die Armee!«

      »Wir brauchen den Segen der Götter!«

      Die Götter. Die gab es ja auch noch. Ohne sie war in Haragor nichts möglich.

      »Das mit dem Minas-Schwert hat ja wohl nicht geklappt.«

      »Der Junge hat versagt.«

      Gsaxt und Gsark schauten sich an. Das stimmte. Es gab kein Minas-Schwert. Keine Magie, die sie beschützen würde. Sie waren auf sich allein gestellt.

      »Und wer hat versagt? Ein Mensch! Die sind zu nichts zu gebrauchen. Sie sind schwach, bösartig und wollen uns vernichten. Uns Toraks. Und Ichtos. Alle Nicht-Menschen!«

      »Aber Gsark, das stimmt doch gar nicht. Wir leben mit ihnen zusammen, schon immer. Wir trinken sogar ihr Schoff!«

      »Ja, genau. Und was wirft man uns jetzt vor? Schoffpanscherei. Dabei verkaufen wir das nur. Das Schoff, das uns die Menschen liefern!«

      Gsark holte tief Luft.

      »Mir reicht es, Leute. Heute Nacht ziehe ich los. Mit Kapuze und Keule. Ich werde es einen paar von denen heimzahlen. Wer ist dabei?«

      »Ich.«

      »Ich.«

      »Ich auch.«

      Gsaxt sah erschrocken in die Runde. Die Wut von Gsark hatte viele angesteckt.

      »Bruder. Du machst einen Fehler. Wir sollten noch abwarten. Uns besser organisieren.«

      »Abwarten? Warten auf was? Dass die Menschen uns wie Vieh zusammentreiben?«

      »So weit wird es nicht kommen. Wir sind doch alle Brüder, alle Wesen von Haragor. Wir müssen gegen Flanakan und die Wachen vorgehen.«

      »Ha, ha. Du willst gegen Flanakan vorgehen? Nur zu! Aber gegen die Magie der Schwarzen Burg bist du machtlos, Bruder. Aber die Menschen, die laufen da draußen auf der Straße herum. Wenn die erstmal gelernt haben, dass sie mit uns nicht alles machen können, wird wieder Frieden einziehen.«

      »Du sprichst von Frieden, aber heute Nacht willst du sie verprügeln.«

      »Die Wege der Götter sind unergründlich.«

      »Oh, jetzt hast du schon die Götter auf deiner Seite?«

      »Halt den Mund, kleiner Bruder. Du redest nur. Aber was machst du gegen Flanakan?«

      »Wir müssen uns alle erheben gegen den Herrscher. Alle Wesen Haragors.«

      »Und das willst du mit Flugblättern erreichen?«

      »Das ist nur der Anfang.«

      »Ja, aber die Menschen schlachten uns jetzt. Jetzt und hier. Wir haben keine Zeit zu warten. Sonst sterben wir.«

      »Aber es sind nicht die Menschen, es ist Flanakan…«

      Aber die anderen Mitglieder der Widerstandszelle hörten nicht mehr auf Gsaxt. Gsark war aufgestanden