Geschichten der Nebelwelt. Inga Kozuruba. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Inga Kozuruba
Издательство: Bookwire
Серия: Geschichten der Nebelwelt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753191263
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auf alles, was auch nur ansatzweise Spaß macht. Und spätestens beim Bier werden die Männer ungehalten sein.“

      Der Richter rollte mit den Augen: „Wie auch immer. Wir müssen wachsam sein und uns nichts zuschulden kommen lassen.“ Dann sprach er etwas leiser: „Schon allein deshalb, weil wir die Ankunft des Rächerordens erwarten.“

      Der Hauptmann nickte. Das war eine Tatsache, die ihm bereits bekannt war, an die er aber offensichtlich nicht denken wollte. Dann sah er den Richter fragend an: „Und wisst Ihr zufällig, wann wir mit ihrem Eintreffen rechnen können?“

      Karl seufzte: „Das versuche ich noch immer in Erfahrung zu bringen. Ich vermute aber, frühestens übermorgen. Sonst wäre meine Kundschafterin schon wieder zurück.“

      Forster nickte abermals: „Gut, wenigstens haben wir noch ein paar Tage. Ich werde den Männern nochmals einschärfen, in der nächsten Zeit möglichst... tadellos zu sein. Und was machen wir mit denen im Kerker?“

      Der Richter überlegte kurz: „Ich denke es ist besser, sie vorerst noch eingesperrt zu lassen, und sie gut zu bewachen. Ich kann im Augenblick nicht sagen, wie sich diese Verderbnis entwickelt, und wie sie sich verbreitet. In jedem Fall ist es sicherlich besser für die Stadt, wenn sie keine Unruhe stiften können, und wer weiß, vielleicht bringen die Gefangenschaft und die kargen Mahlzeiten sogar eine Besserung, als eine Art unfreiwillige Bußezeit.“

      Der Hauptmann sah so aus, als wäre er im Prinzip mit dem Vorschlag einverstanden, aber nicht besonders zufrieden: „Und was machen wir mit den Leuten, die keinen Platz mehr im Kerker finden?“

      Karl seufzte: „Haben wir die Möglichkeit, ein behelfsmäßiges Gefängnis einzurichten?“

      Der Hauptmann überlegte kurz: „Ich werde sehen, was sich machen lässt.“

      Der Richter nickte: „Gut. Dann werde ich sehen, ob ich uns noch die Unterstützung der Stadtherren sichern kann.“

      Forster grinste schief: „Viel Glück dabei. Ausgerechnet Eisenmeister und Waldherr sind vor Ort.“

      Karl nickte missmutig: „Ich weiß. Euch auch viel Glück... und stellt mehr Männer auf beim Markt. Wer weiß, was da noch passieren könnte.“

      Forster nickte: „Ja, das habe ich mir auch gedacht. Ich werde mich bei Euch melden, sollte noch etwas ungewöhnliches passieren. Schickt mir eine Nachricht, wenn sich bei den Stadtherren etwas ergibt.“

      Der Richter nickte ebenfalls und reichte Forster die Hand, die dieser mit einem festen Druck bedachte. Dann machte sich der Richter erneut auf den Weg.

      Kapitel 10

      Feli erwachte wie gewohnt im Morgengrauen. Die minimale Änderung der Helligkeit in der größtenteils abgeschotteten, aber nicht vollkommen abgedichteten Hütte genügte ihr, um den anbrechenden Tag zu erkennen. Sie kletterte aus der Hängematte, packte diese schnell zusammen und führte Kari hinaus, damit sie wieder trinken und etwas grasen konnte, während Feli sich selbst eilig frisch machte und ein wenig Brot und Käse zum Frühstück verspeiste.

      In Gedanken ging Feli bereits die Strecke durch, die sie an diesem Morgen prüfen wollte. Diesmal würde sie zunächst einmal auf die Straße zurückkehren und einige Meilen auf diese Weise hinter sich bringen. An diesem Wegabschnitt gab es tatsächlich keine nennenswerte Abkürzung, mit der sie sich Zeit herausholen konnte. Danach aber würde sie wieder eine Windung nutzen können. Die Straße würde Grünau, ein größeres Dorf passieren, und über dieses hinaus einen ziemlichen Umweg in Richtung Fluss und Brücke nehmen. Sie würde hinter Grünau jedoch eine nur wenigen Menschen bekannte Fuhrt ansteuern, die einzelne Reisende und kleine Gruppen nutzen konnten, die für einen größeren Tross oder gar einer Armee jedoch eine zu hinderliche Engstelle war.

      Kari warf ihrer Reiterin einen Blick zu. Sie hatte offensichtlich genug vom Herumstehen. Feli lächelte die Stute an und legte ihr Sattel und Zaumzeug an, um sich dann mit einer schnellen, fließenden Bewegung in den Sattel zu schwingen und aufzubrechen. Die Sonne zeigte sich über den Wipfeln der Bäume und es war hell genug, dass Kari ohne Schwierigkeiten querfeldein über die Wiese preschen konnte, die zwischen der Straße und dem Waldrand lag. Das lange Gras wogte im sanften Morgenwind, und der letzte Tau flog funkelnd durch die Luft, wann immer die Grashalme durch Karis Ansturm zur Seite gepeitscht wurden. Feli sog gierig die frische Morgenluft ein, die sie so liebte. Noch war es kühl, aber darum machte sie sich keine Sorgen. Die Bewegung würde sie und Kari schnell aufwärmen.

      Die Straße floss unter Karis Hufen vorbei wie ein Fluss aus Erde und Staub. Felis scharfe Augen sahen deutlich, dass ihr die Begegnung mit dem Heer des Rächerordens noch immer bevorstand. Alles, was der Wind ihr zutrug, waren die Geräusche des Waldes und der Wiese, Vögel und Insekten. In dieser Gegend war nichts zu spüren von der drohenden Gefahr, die irgendwo im Südosten lag.

      Grünau war schon bald zu sehen. Gewöhnliche Reisende hätten von der Hütte aus sicherlich einen halben Tag gebraucht, aber Feli reiste schnell und mit leichtem Gepäck. Als sie sich dem Dorf näherte, sah sie bereits die Bauern auf den umliegenden Feldern, und in größerer Entfernung auch die Schafe kleinen Wolken gleich auf den grünen Wiesen. Sie fragte sich, ob das von ihr geschlagene Wolfsrudel sich an einem dieser Tiere gütlich getan hatte, oder ob die Bauern Glück gehabt hatten. Sie hatte keine Zeit, um sich dieser Angelegenheit anzunehmen, und konnte nur auf das Beste hoffen.

      Die Straße führte sie schließlich mitten ins Dorf hinein, über den Marktplatz, und weiter nach Osten. Sie musste Kari etwas zügeln, um die vielen Menschen auf den Straßen nicht über den Haufen zu reiten, und ihre Anwesenheit immer wieder mit Ausrufen ankündigen. Der Markttag würde zwar erst am folgenden Tag stattfinden, doch auch an einem gewöhnlichen Tag war in einem Ort dieser Größe einiges auf den Straßen los. Die Handwerker hatten ihre Türen geöffnet und präsentierten die zum Verkauf stehende Ware in der Auslage direkt am Straßenrand. Kinder, die gerade nicht dazu verdonnert waren, im Haushalt oder auf den Feldern auszuhelfen, tobten unter der Sonne im Freien. Sie sah den einen oder anderen streunenden Hund, und Katzen, und auch ein rebellisches Huhn, das wohl vor dem Schlachtblock Reißaus genommen hatte und von einer wütend schreienden Bauernfrau verfolgt wurde. Sie sah Waschfrauen am einem großen Zuber am Brunnen, den einen oder anderen bereits rauchenden Kamin, auf dem wohl bereits das Mittagsmahl gekocht wurde, und auch die bemannten Ausgucke in hölzernen Türmchen entlang des Palisadenzauns, der das Dorf umgab und die Wachsamkeit über das offene Gelände in alle vier Himmelsrichtungen sicherte. Feli war sich sicher, dass diese Befestigung das Dorf in einem richtigen Krieg nicht retten würde, doch vor marodierenden Banditen und Wolfsrudeln bot das einen genügenden Schutz.

      Die Dorfleute sahen ihr neugierig nach, doch nicht allzu lange. Es kam nicht oft vor, dass Menschen wie Feli in größter Eile durch Grünau geprescht kamen, aber es war nicht unerhört. Die Gilden waren zwar schon lange in den Hintergrund getreten, und hatten in diesen Landen bei weitem nicht mehr die Präsenz und die Macht wie sie sie in den früheren Tagen ausgeübt hatten, aber das Abzeichen der Waldläufer, das Feli deutlich sichtbar an ihrer Reisegewandung und auch am Sattel und Zaumzeug ihrer Stute trug, war den meisten Leuten noch ein Begriff. Wann immer es notwendig war, Nachrichten schnell zuzustellen, oder bedeutende Personen sicher durch die Wildnis zu geleiten, wandte man sich an ihre Zunft. Damit war diese Gilde in den Köpfen der Leute noch immer präsent, während die obskuren Geistesbegabten und verschiedenen Magierschulen schon längst zum Stoff von Geschichten und Sagen wurden, und die legendären Kampfakademien ebenfalls in Vergessenheit geraten waren. Manche Gilden waren in diesen Landen sogar ganz und gar aufgegangen im Klerus, so wie die Heilkundigen und die Geistesbegabten, die nun oftmals als Dämonenjäger oder Seher zu finden waren. Oder aber sie traten an den Höfen der höchsten Adligen als geschätzte Berater auf, da ihr tadelloses Gedächtnis und ihr herausragendes Denkvermögen sie zu unschätzbaren Verbündeten machten, von den weniger bekannten Fähigkeiten ganz zu schweigen.

      Trotz der Verzögerung konnte Feli Grünau bald hinter sich lassen, und spornte Kari abermals an. Sobald sie die das Dorf umgebenden Felder hinter sich ließ, ritt sie wieder querfeldein über die Weidegründe der Kühe und Schafe, und wäre beinahe einem Sturmhauch