Die Sternenschnüffler. Thomas Manderley. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Manderley
Издательство: Bookwire
Серия: DIe Sternenschnüffler
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753183664
Скачать книгу
wach spazierte Joe ein paar Minuten später durch die Abflughalle. Er wollte sich vor der Abreise noch etwas umsehen und so versuchte sein Blick, einen Weg durch das Dickicht der Massen zu finden, die sich vor den Check-in-Schaltern drängten. Nach einer kleinen Weile schaffte er es und erspähte eine kleine Snack-Bar, die sich zwischen einen Laden für Unterhaltungselektronik und „Aresalritas Schmuckparadies“ quetschte. Joe steuerte geradewegs darauf zu und genehmigte sich in Ruhe einen extrastarken Espresso und ein Croissant. Der Geruch des frischen Kaffes und des ofenwarmen Gebäcks lies all den Lärm um ihn herum verstummen, als ob es keine Lautsprecherdurchsagen, kein Quittierungspiepsen der Check-In-Computer und keinen permanent andauernden Gesprächsbrei der Leute im Terminal geben würde. Übrig blieben nur Duft und Geschmack und der Blick auf eine Frau mit langen rosafarbenen Haaren, wie Lora sie trug. Sie stand in der Warteschlange an einem der Gates mit ihrer Bordkarte in der Hand und trippelte brav mit den anderen Passagieren Schritt für Schritt vorwärts zur Kontrolle am Einstieg.

      „Ist sie es?“, fragte sich Joe, doch dann erkannte er am Infodisplay des Gates, dass es sein Flug war, in den die Leute bereits einstiegen. Also stürzte er seinen Espresso hinunter, ließ den Rest seines Croissants auf dem Teller liegen und sprintete hinüber zum Ticket-Verkauf.

      An einem der Schalter wartete nur ein einzelner, älterer Mann, also fackelte Joe nicht lange und drängelte sich vor: „Entschuldigen Sie, ich muss dringend einen Flug erwischen“ sagte er mehr in den Raum hinein, als den Mann wirklich anzusehen, der nur noch schnell zur Seite springen konnte und sprachlos mit offenem Mund stehenblieb.

      „Stellen Sie sich bitte hinten an, mein Herr!“, sagte die Verkäuferin in bestimmten Ton.

      „Ich muss den Flug da vorn noch erwischen, schnell!“

      Die Verkäuferin verzog das Gesicht: „Na schön, haben Sie Gepäck dabei?“

      „Nein, nun machen Sie schon!“

      „OK, hier ist ihr Ticket. Ich checke Sie direkt von hier aus ohne Gepäck ein, dann brauchen Sie sich nicht in die Warteschlange stellen.“

      Joe bezahlte am Scanner, ohne dass er den Preis für den Flug überhaupt kannte, riss der Verkäuferin die Bordkarte aus der Hand und rannte zum Gate.

      „Nichts zu danken!“, rief ihm die Verkäuferin hinterher, aber Joe ging bereits durch die Tür hinaus zum Schiff.

      Als er dann auf der Suche nach einem ruhigen Sitzplatz durch den Mittelgang nach vorn ging, sah er die Frau mit den langen rosafarbenen Haaren am Fenster in einer der mittleren Reihen sitzen und jetzt erkannte er mit Freude, dass es tatsächlich Lora war: „Na dann wird es ja ein lustiger Überflug!“, dachte er und da der Platz neben ihr noch frei war, ergriff er die Gelegenheit und setzte sich zu ihr.

      „Ach Sie, na welch eine Überraschung!“, begrüßte ihn Lora herzlich.

      „Ich bin gerade an der Bordtoilette vorbeigekommen und hier ist es tatsächlich nur eine einzige: für Frauen, für Männer, für einbeinige und zweibeinige Spezies!“, sagte Joe und erwiderte ihr Lächeln.

      „Na, da bin ich ja beruhigt.“, sagte Lora: „Dann kann ja nichts mehr schief gehen.“

      „Bitte anschnallen, wir starten!“, schallte es aus den Lautsprechern und unterbrach das Gespräch der Beiden, die jetzt erst einmal damit beschäftigt waren, ihre Gurte zu finden, aber noch bevor sie damit fertig wurden, hob der Transporter ab und beschleunigte gen Himmel.

      Während Joe gar nicht darauf achtete, stoppte Lora ihre Suchaktion und sah aus dem Fenster hinunter auf die Stadt, die langsam immer grauer und undeutlicher wurde. Loras Herz schlug immer schneller und ihr Mund begann zu lächeln, während sie tief ein- und ausatmete. Doch mit zunehmender Höhe, verblasste ihr zufriedener Gesichtsausdruck und Lora konnte es nicht vermeiden, dass eine Träne hinab über ihre Wange lief. Lora wischte sie sich jedoch schnell aus dem Gesicht.

      Kurze Zeit später verließ der Transporter die Atmosphäre und die Fenster wurden dunkel. Lora sah hinüber zu Joe, doch dieser war, trotz des Kaffees wieder Opfer seiner Müdigkeit geworden und schlief tief und fest in seinem Sitz. Da der Flug ja noch ein wenig dauern würde, beschloss Lora, das Gleiche zu tun. Sie setzte sich in eine bequeme Position und schloss die Augen, doch es war vergebens: Viel zu viele Gedanken über die vergangen zwei Wochen auf Gesius und über die Zukunft, die vor Ihr lag, schwirrten kreuz und quer in ihrem Kopf umher und ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Als ein paar Minuten später ein Mann in der Sitzreihe direkt vor ihr eine laute Unterhaltung mit seinem Nachbarn begann, bei der es sich offensichtlich nur um das Wetter drehte, blieb Lora keine andere Wahl als wach zu bleiben. Sie sah wieder hinüber zu Joe, der immer noch schlief.

      „Seltsamer Vogel!“, dachte sie: „Wo der wohl herkommt? Von diesem Planeten jedenfalls nicht, denn mit der Frisur hätte er hier nie einen Job bekommen. Womit verdient der wohl sein Geld? Warum hat er eigentlich noch nichts darüber gesagt, dass ich Iriduanerin bin? Es muss ihm doch wohl aufgefallen sein, dass meine Spezies sehr selten in dieser Gegend anzutreffen ist.“

      Lora lehnte sich schnell und unauffällig wieder zurück in ihren Sitz, denn Joe war wieder aufgewacht. Nach einem Hustenanfall seines anderen Sitznachbarn, einem weinenden Baby und einem Geruchsangriff von der anderen Gangseite her, gab nun auch Joe das Schlafen auf. Er starrte mit halboffenen Augen auf die Rückenlehne seines Vordersitzes und dachte: „Was macht nur eine Iriduanerin hier in dieser Gegend? Wo sie wohl hin will?“ Er sah zu Lora hinüber und ihre Blicke trafen sich direkt, denn Lora drehte sich im gleichen Moment auch zu ihm um.

      „Wohin geht denn die Reise?“, fragte Joe und brach damit als Erster das Schweigen.

      „Oh, nach Hause, nach Iridua. Ich habe hier nur gearbeitet.“

      „Aber sagten Sie nicht, dass Sie erst seit zwei Wochen hier seien? War wohl ein schlechter Job!?“, fragte Joe weiter.

      „Datenverwaltung in einer der berüchtigten Menschenfirmen. Ich hätte wissen sollen, dass das nicht gut gehen kann.“

      „Ja, wir Menschen sind schon eine eigenartige Spezies, nicht wahr? Wir wollen alles perfekt machen und produzieren im Endeffekt doch nur Chaos! Ich bin übrigens Musiker und habe nichts mit Menschenfirmen zu tun!“

      „Musiker? Dann sind Sie so etwas wie ein Prominenter, was?! Welche Musik spielen Sie denn?“

      „Ich bin Jazz-Sänger.“, sagte Joe, der sich nicht anmerken ließ, dass ihm die Fragen nach seinem Prominentenstatus langsam auf die Nerven gingen. Doch die Freude über Loras offensichtliche Neugier überwog und spülte den Ärger schnell davon.

      „Jazz? Ist das nicht eine dieser alten, ausgestorbenen Musikstile von der Erde?“

      Joes Freude verschwand schlagartig aus seinem Gesicht: „Ausgestorben wohl nicht. Sonst wäre ich ja kein Jazz-Musiker. Ich bin gerade auf Tournee und fliege zum nächsten Konzert.“, erklärte Joe mit ein wenig Stolz in der Stimme.

      „Wow!“, sagte Lora und wurde am weiteren Sprechen durch eine Durchsage des Computers gehindert: „Eine Transmission für Herrn Joe Falk. Bitte kommen sie zum Telekommunikationsraum!“

      „Entschuldigen Sie, ich muss da leider rangehen! Das ist wahrscheinlich mein Manager.“, sagte Joe, stand auf und ging nach vorn zur Telekommunikationskabine.

      „Kein Problem!“, rief Lora hinter ihm her und als er in der Kabine verschwand, senkte Lora ihre Stimme und murmelte vor sich hin: „Ich warte dann einfach hier. Zu dumm, wenn man in der Vergangenheit lebt, ausgestorbene Musik singt und jegliche moderne Technik, wie einen eigenen, interstellaren Kommunikator prinzipiell ablehnt!“

      Nach etwa zehn Minuten kam Joe mit hängenden Schultern zurück und setzte sich stumm wieder auf seinen Platz.

      „Haben Sie keinen eigenen Kommunikator?“, fragte Lora neugierig, aber Joe reagierte gar nicht darauf. Stattdessen starrte er mit leerem Blick ins Nichts hinein.

      „Was ist denn los? Ist Alles OK mit Ihnen? Ich hoffe, es ist keine Nachwirkung der Toilettentür.“

      Joes Gesichtsfarbe sah inzwischen ungesund blass aus.