Geliebter Unhold. Billy Remie. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Billy Remie
Издательство: Bookwire
Серия: Chroniken der Bruderschaft 4
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189772
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Flammen restlos verbrannt wurde. Das war alles, war er hier noch tun konnte.

      Säuberung und Sorge dafür tragen, dass diese Unschuldigen wenigstens zu Asche wurden, die der Wind wegtrug, statt Raubtierfutter zu werden.

      »Der Großkönig ist clever, er weiß, wie er Riaths Schwächen ausnutzen…« Xaith brach mitten im Satz ab und runzelte die Stirn. Nur ein nachdenkliches, ärgerliches »Hmmm«, entkam ihm, er kaute auf der Unterlippe.

      Siderius sah ihn von der Seite an. »Wenn sie den Händler finden, könnten sie ihn auch gegen dich verwenden, habe ich Recht?«

      Unheimlich dieser Straßenjunge, seit wann konnte er Gedanken lesen?

      »Ist mir egal, er bedeutet mir nichts.«

      Aber er bedeutet Vaaks etwas, und auch wenn dieser verschwunden war, wusste er so sicher wie er wusste, dass hier Barbaren am Werk waren, dass Vaaks es weder sich noch ihm verzeihen würde, wenn Jin etwas zustieß, während er ihm ungefragt nachreiste.

      Fluchend griff Xaith nach den Stoffbahnen, mit denen er sich das Kind umgebunden hatte. Sein Neffe zog protestierend die Fänge aus seiner Brust und hinterließ einen kreisrunden, leuchtend roten Zahnabdruck in der Mitte seiner Brust. »Bleib hier. Und diesmal meine ich es ernst!«, wies er Siderius an, als er ihm das Kind in die Arme drückte und losließ, sodass der Junge schnell zugreifen musste, damit das Bündel nicht zu Boden fiel. »Versteckt euch, bis ich zurück bin.«

      Er machte sich keine Sorgen um die Jungen oder um Baron, sie wussten was zu tun war, wenn er sie allein ließ, hundertfach hatte er Siderius auf diese Situationen vorbereitet und dieser hatte bewiesen, dass er imstande war, sich zu verstecken.

      Nein, seine Sorge galt allein einem närrischen Kauffmanns Sohn.

      *~*~*

      Er hatte nicht den Wunsch verspürt, an jenem Tag noch weit zu reisen. Der Mut war ihm entflohen und nur matte Trostlosigkeit war zurückgeblieben. Schließlich hatte er das schwere Reisebündel von seiner Schulter gleiten lassen und in der Nähe der Quelle ein winziges Lager aufgeschlagen.

      Als Kaufmann war er zwar kein Kämpfer, kein Krieger, aber sein Vater und er hatten immer gewusst, wie man ohne Dach über dem Kopf überlebte, man musste nur gut vorbereitet sein. Jin war kein Jäger, doch er hatte genügend Vorräte dabei, Wegzehrung, die er sich gewissenhaft einteilte. Sauberes Wasser, es war sogar noch ein Schlauch Wein da, gepökeltes Fleisch, hartes, aber haltbares Brot, stinkender Käse und ein paar Früchte, die er kannte und aufgesammelt hatte.

      Er hatte jedoch keinen Appetit, und das kleine Lagerfeuer entzündete er nur, um etwas zu tun zu haben, er hatte eine Fackel danebengelegt. Tatsächlich war Feuer sehr erfolgreich, um einige Raubtiere zu vertreiben, erfolgreicher als eine blank gezogene Klinge, denn Tiere wichen instinktiv vor den heißen, zuckenden Flammen zurück.

      Einzig und allein fürchtete er sich vor Schlangen und Insekten, die giftig waren und unheimlich gerne nachts in die Decken krochen. Es war nicht ratsam, auf dem Boden zu schlafen, wenn man ein einfacher Mensch war, weshalb Jin stets eine kleine, aber nützliche Hängematte bei sich trug. Sie war aus robustem Bullenleder, starken Seilen und diente tagsüber als Schutz seines Reisebündels, am Abend rollte er sie auseinander und spannte sie zwischen zwei eng stehenden Bäumen.

      Es war ein kleiner Aufwand, aber bisher hatte ihn keine giftige Schlange gebissen.

      Was Räuberbanden betraf, so gab es für ihn nur zwei Möglichkeiten, entweder er rannte weg oder er gab ihnen alles, was wertvoll war. Am klügsten war es, nicht bewaffnet zu sein, das lockte sie zwar an, aber es reizte sie nicht, zu Mördern zu werden. Vielleicht hatten sie auch Mitleid.

      Jedenfalls war nicht jeder Räuber auch gleich ein Mörder, meistens begnügten sie sich damit, einsame Reisende zu bedrohen, bis sie ein oder zwei wertvolle Güter oder einen Beutel Silber ergattern konnten, dann machten sie sich schnell vom Acker, um nicht erwischt oder eingeholt zu werden. Tatsache war, Diebe wurden nicht so vehement verfolgt wie Mörder, das wusste auch jeder Bandit. Jin konnte wohl von Glück sprechen, denn als Nicht-Magier hatte er in Nohva keine unangenehmen Begegnungen gehabt, auch in Elkanasai waren ihm bisher vergleichsweise friedliche Räuber begegnet, meistens jedoch gelang es ihm, ihnen auszuweichen und sich still zu verhalten, nicht entdeckt zu werden.

      Die meisten Räuber lauerten an Straßen zwischen den Städten, wo sie am besten Reisende in einen Hinterhalt laufen lassen konnten. Selten schlichen sie an abgelegenen Orten entlang, es sei denn, sie verfolgten jemanden geduldig.

      Jedenfalls hatte Jin ein Bündel voller teurer Schmuckstücke dabei, die er selbst herstellte und verkaufte, und einige von ihnen hatte er Räubern im Tausch angeboten, damit sie ihn ziehen ließen und er es als Geschäft betrachtete.

      Also kam er bestens allein zurecht, er fürchtete sich nicht.

      Dennoch hatte er weder Hunger noch den Wunsch, zu reisen. Er wollte nicht zurück, nicht allein. Jahrelang hatte er ein Ziel verfolgt, es immer vor Augen gehabt. Es hatte ihn angetrieben, Xaith einzuholen, ihn zu finden. Und jetzt fühlte es sich an, als hätte er an Lebenssinn verloren.

      Was sollte er bloß tun?

      Es gab kein Zuhause mehr, zumindest keines, in das er gern zurückkehren würde, und das hatte nicht einmal etwas mit der Tatsache zu tun, dass man seinen Vater ermordet hatte.

      Das Schlimme war, er konnte Xaith gut verstehen, und doch wollte er ihn nach Hause bringen, hoffend, dass er alles richten könnte, dass es wieder ein Zuhause wäre, wenn sie gemeinsam Heim gingen.

      So gesehen verfolgten Xaith und er die gleichen Absichten, hielten an dem gleichen Hirngespinst fest, denn Xaiths Rückkehr würde vermutlich genauso wenig etwas verbessern oder ändern, wie ein wiedererweckter König. Wobei Jin ohnehin der festen Überzeugung war, dass es schlicht nicht möglich wäre, nicht so, wie Xaith es sich wünschte.

      Riath war losgezogen, um Xaith mit Gewalt heim zu schleifen. Jin wollte und hatte das nicht zulassen können, er hatte Xaith schon gesucht, als dieser nur seit zwei Herzschlägen als »vermisst« galt. Wobei König Wexmell darauf bestand, ihn seines Weges gehen zu lassen.

      Und Vaaks… oh Vaaks. Sein Verhalten, bevor er verschwand, hatte Jin so sehr enttäuscht. Und nun bereute er die vielen Streitigkeiten und harschen Worte zwischen ihnen, fühlte sich schuldig, da Vaaks spurlos verschwollen schien, nachdem Riath mit ihm auf die Jagd gegangen war.

      Irgendetwas stimmte nicht, irgendetwas war passiert, und Jin wollte fest daran glauben, dass Xaiths Liebe und Besessenheit von Vaaks helfen würde, ihn zu finden. Oder zumindest aufzudecken, was dort im Wald wirklich geschehen war.

      Riath kam allein zurück, blutüberströmt, so erzählte man später. »Ein Puma in den Bergen. Vaaks viel mit dem Raubtier verkeilt in eine Schlucht, ich suchte ihn flussabwärts, aber ich fand nichts mehr von ihm. Wenn er lebt, kommt er heim.«

      Wexmell hatte nach ihm suchen lassen, die Schwarzfelsburg hatte nach ihm suchen lassen, Jin selbst hatte mit dem Ersparten seines Vaters Söldner angeheuert und nach ihm suchen lassen. Doch sie fanden nur seltsame Spuren einer Bestie, die einen Puma um eine Mannslänge überragte. Oder sogar mehr. Tiefe Kratzer im Baum, angegriffene Jäger, getötete Reisende, ein ganzer Weiler wurde evakuiert. Keine Spur von Vaaks und dem, was ihn angegriffen hatte.

      Jin traute es Riath zu, dass er all das nur inszeniert hatte, auch wenn der Aufwand enorm schien. Doch, er traute es ihm zu. Denn seltsam war auch, dass seitdem hunderte Jäger – vor allem Trophäenjäger – nach dem mysteriösen Biest suchten, aber es nicht finden konnten.

      Jin saß lange am Feuer, bis es fast niedergebrannt war, und grübelte über die Vergangenheit und über die Frage, wohin er jetzt gehen sollte. Wobei sein Herz nicht imstande war, loszulassen. Tatsächlich trieb ihn nur eine Überlegung um: wann und mit wie viel Abstand sollte er wieder beginnen, Xaith zu verfolgen? Denn wenn dieser endlich begriff, dass sein Vorhaben zum Scheitern verurteilt war, würde er ganz gewiss jemanden brauchen, der ihn auffing. Und vielleicht würde er ja dann endlich loslassen und anfangen können, seinen Verlust zu betrauern und zu verarbeiten.

      Vielleicht