Als Norman Maine Esther Blodgett entdeckt, sind seine Tage als Box-Office-Held und damit als Filmstar längst gezählt. Viele Stars sind damals für die Studios notorische Troublemaker, aber Norman Maine spielt nicht mehr das nötige Geld ein, um das Management darüber hinwegsehen zu lassen. PR-Mann Libby, der berufsmäßige Troubleshooter, spricht gegenüber Niles sein Verdikt über Norman Maine: „[…] the exhibitors don’t like him, the critics don’t like him, the public don’t like him, and I don’t like him.“ Als Libby später im Film das frischgebackene Ehepaar Maine behelligt, um Exklusivaufnahmen des Glamourpaares im neuen Zuhause zu machen („Caption: Their honeymoon never ends.“), wollen die Menschen doch eigentlich nur Bilder von Vicki Lester sehen. Niles kommt dazu und setzt sich abseits der nun zur Vicki-Lester-Fotosession verdichteten PR-Aktion mit Maine unter die Palmen. Im Gespräch wird klar, dass der große Erfolg von Vicki Lesters Leinwanddebüt allein ihr und nicht Maine zugeschrieben wird. „Do you think I’m slipping?“, fragt Maine seinen Freund und Chef. „The tense is wrong“, antwortet der, „you’re not slipping, you’ve slipped.“ Man hört förmlich die Worte in Maines Bewusstsein einsickern. „My fan mail is still big“, wendet er ein; aber Niles ernüchtert ihn, dass Fotografien billiger als Tapeten und die Anfragen für Maine-Porträts folglich kein gültiger Prestigeindikator seien. Ein anderer Schauspieler, Pemberton, scheint in Maines Fußstapfen zu treten, er – nicht mehr Maine – soll im nächsten Vicki-Lester-Film die männliche Hauptrolle übernehmen. Auf den großen Filmplakaten, die „The Enchanted Hour“ bewerben, wird schon bald der Name „Norman Maine" mit dem von Vicki Lester überklebt; während die Berge an Lester-Fanpost hektisch anwachsen, landet in Maines Fach bloß noch sporadisch ein Brief; kurz darauf gibt das Niles-Studio bekannt, den Vertrag mit Norman Maine aufgelöst zu haben. „Orchids to Niles!“, jubelt die Presse. Kinos, die bereits Maine-Filme gebucht haben, werden vom Studio von ihren Obligationen entbunden – ein desaströses, unrühmliches Karriereende.
Zu Hause, in der malerischen Villa am Strand von Malibu, schlägt Maine nun die Zeit mit Wohnzimmergolf tot, während seine Frau Filme dreht. Anrufer halten ihn für Vicki Lesters Butler. Als sie von einem langen Arbeitstag im Studio zurückkommt, hat er Sandwiches vorbereitet, ein gemütlicher Abend in romantischer Zweisamkeit scheint bevorzustehen. Aber Norman Maines Zustand ist derart fragil, dass ihn die Serie an kleinen Herabstufungen allmählich zermürbt. Als dann auch noch der Paketbote an der Tür skeptisch fragt, wer er denn sei, ihn obendrein als „Mr. Lester“ adressiert, da treibt es ihn zu einem „little drink“.
Vicki Lester gelingt schließlich der ultimative Triumph: Sie gewinnt den Oscar – und damit die Anerkennung ihrer Peers, die sie gekürt haben. Vor der versammelten Academy-Gemeinschaft trägt sie einen sanften, demütigen Dank vor, als plötzlich ein lautes „Hey!“ ertönt und Norman Maine – auf den sie zuvor vergeblich an ihrem Tisch mit Niles gewartet hat – in das Zeremoniell hineinplatzt. Er wankt zum Podium, gratuliert seiner Frau und stößt dabei versehentlich eine der aufgereihten Oscarstatuetten um. „Now I wanna make a speech“, setzt er seine Blamage fort: „Gentleman of the Academy and fellow suckers“, ruft er. Und mit Blick auf seine drei Flops, die unlängst sein Karriereende besiegelt haben, verlangt er für sich einen Spezial-Oscar, „for the worst performance of the year. In fact, I want three statues. For the three worst performances of the year, because I’ve earned them!“
Die Tragik dieses Auftritts lässt sich an den Worten kaum ermessen, man muss die Szene mit Fredric March gesehen haben. Seine versoffen-unkontrollierte Verzweiflungsgestik mündet in eine unbeabsichtigte Ohrfeige für die frischgebackene Oscarpreisträgerin Vicki Lester, die herbeigeeilt ist, um ihren Ehemann und Kollegen vor weiteren Peinlichkeiten zu bewahren. Geistesgegenwärtig beordert Niles das Orchester, Musik zu spielen, und Vicki Lester schenkt ihrem Gatten trotz dieses unsäglichen Vorfalls ein Lächeln, während er nun selbst völlig schockiert innehält, die Kleidung derangiert, der Blick leer, das sprichwörtliche Häufchen Elend im Fokus der großen Academy-Aufmerksamkeit. Die beiden retten sich an den Tisch von Niles; ein Close-up zeigt jetzt einen bekümmerten Norman Maine, während im Hintergrund die Galagäste tanzen und im Vordergrund der Oscar steht – in diesem Moment mehr Mahn- als Denkmal – und Maine in der Manier eines komplett überforderten Kindes weinerlich nach einem Drink verlangt. Die Sequenz schließt damit, wie ein vom Alkohol ausgeknockter Maine zu Hause auf dem Sofa seinen Rausch ausschläft und ihm seine Frau die Schuhe auszieht – nie war der neben ihr auf dem Boden liegende Oscar bedeutungsloser als in diesem Augenblick.
Wenn der zunehmend versoffene Regisseur Max Carey in „What Price Hollywood?“ den Ausgangspunkt von Norman Maine darstellt, dann bezog sich diese Figur also zunächst auch auf die Carey-Vorlagen: den alkoholkranken Produzenten John McCormick (1893–1961), der in den Zwanzigern mit dem Star Colleen Moore verheiratet gewesen war, wohl auch auf den alkoholkranken Regisseur Marshall „Mickey“ Neilan (der sogar in „A Star Is Born“ einen Kurzauftritt hat). Als weiterer Inspiration bedient sich „A Star Is Born“ bei dem Schicksal von Frank Fay (1891–1961); der Warner-Star verschaffte seiner Frau einen Screentest – Barbara Stanwyck (1907–90) avancierte zum Superstar, Fay trank sich ins Karriereaus. Sowohl Stanwyck als auch Moore standen ungeachtet der entsetzen Öffentlichkeit lange Zeit schier unverbrüchlich zu ihren alkoholkranken Ehemännern, bis der Suff sie zur tödlichen Bedrohung für die beiden Schauspielerinnen gemacht hatte – die eine die Treppe hinunter geprügelt, die andere beinahe erwürgt.
Die entgegengesetzten Karriereverläufe der Paare McCormick/Moore und Fay/Stanwyck waren also zwei der bekanntesten Wirklichkeitsentsprechungen des fiktiven Paares Maine/Blodgett. Die konkrete Leinwandfigur des Norman Maine konturierten wiederum einzelne Persönlichkeiten, für deren mal mehr, mal weniger rapide Selbstzerstörung in der Hollywoodkolonie nur allzu viele Zeug:innen existierten. Neben den genannten McCormick, Neilan und Fay gehörte dazu nicht zuletzt der Regisseur selbst: Wellman konnte auf etliche Kontrollverluste unter Alkoholeinfluss zurückblicken. Auch mag er an seinen nur unwesentlich älteren Mentor und Förderer Bernard J. Durning (1892–1923) gedacht haben, den er während dessen heftiger Alkoholepisode während der Dreharbeiten von „The Eleventh Hour“ (1923) auf dem Regiestuhl ersetzte. Am Skript schrieb auch der junge Budd Schulberg (1914–2009) mit, der später einen Drehbuchoscar für „On the Waterfront“ (1954) gewann und dessen Vater B.P. Schulberg (1892–1957) einst mächtiger Produktionsleiter von Paramount gewesen war, bis seine phänomenale Karriere infolge des 1929er Börsencrashs und ausufernden Arbeitsstresses an Alkohol und Glücksspiel zerbrach.
All diese Quellen, aus denen Norman-Maine amalgamiert wurde, schienen indes ohnehin in einem der damals bekanntesten Schauspieler:innen überhaupt zusammenzulaufen: Wie Fredric March seinen strauchelnden Hollywoodstar spielt, erinnert an Attitüden und Redeweisen des damals noch sehr berühmten John Barrymore (1882–1942), der bereits Max