»Nein, nein,« erwiderte Heinrich. »Ich habe meine Andachten, ich habe meine Arbeiten, und dann bin ich leidend und werde allein schlafen.«
Der Huissier verbeugte sich.
»Hört,« sagte Heinrich, ihn zurückrufend, »bringt der Königin dieses orientalische Konfekt, es bereitet Schlaf.« Und er übergab dem Huissier seine Konfektbüchse.
Der König trat in sein Gemach; hier warf er einen gleichgültigen, ja empörten Blick aus all die ausgesuchten Toilettengegenstände, die ihn früher gereizt hatten, und gegen die er jetzt beinahe einen Abscheu fühlte. Parfümierte und gesalbte Handschuhe, Masken von feiner Leinwand, mit Teig überstrichen, chemische Kombinationen, um die Haare zu kräuseln, den Bart zu schwärzen, die Ohren rot und die Augen glänzend zu machen, dies alles vernachlässigte er schon seit längerer Zeit.
»Mein Bett,« sagte er mit einem Seufzer.
Zwei Diener entkleideten ihn, zogen ihm Unterhosen von schöner, friesischer Leinwand an, hoben ihn vorsichtig auf und schoben ihn zwischen seine Laken.
»Den Vorleser Seiner Majestät!« rief eine Stimme.
»Nein, niemand,« sagte Heinrich, »keinen Vorleser, oder er mag in seinem Zimmer für mich Gebete lesen; nur Herrn von Joyeuse, wenn er zurückkommt, führt zu mir.« »Aber, wenn er spät kommt, Sire?«
»Ach! er kommt immer spät nach Hause, doch zu welcher Stunde er auch kommen mag, führt ihn zu mir, hört ihr?«
Die Diener löschten die Kerzen aus und zündeten beim Feuer eine Lampe mit Essenzen an, die blasse und bläuliche Flammen gaben ... eine Art von phantasmagorischer Unterhaltung, die der König seit der Rückkehr seiner Grabgedanken besonders liebte, dann verließen sie auf den Fußspitzen das schweigsame Gemach.
Während Heinrich, der in der Einsamkeit leicht von abergläubischer Furcht heimgesucht wurde, den Reflexen seiner Lampe auf der Wand folgte, während er seinen Blick in die dunkelsten Winkel tauchte, während er das geringste Geräusch aufzufassen suchte, das den geheimnisvollen Eintritt eines Schattens hätte verkündigen können, verschleierten sich seine Augen, und bald entschlummerte der König in dieser Stille und Einsamkeit.
Doch seine Ruhe dauerte nicht lange; von aufgeregten Gedanken im Wachen wie im Schlafe verfolgt, glaubte er Geräusch in seinem Zimmer zu hören und erwachte.
»Joyeuse, bist du es?« fragte er.
Niemand antwortete. Die Flammen der blauen Lampe waren schwächer geworden, sie sandten nach dem Plafond von geschnitztem Eichenholz nur noch einen bleichen Kreis, der die goldenen Zierate grün färbte.
»Allein, abermals allein,« murmelte der König. »Ah! der Prophet hat recht: ›Die Majestät müßte immer seufzen.‹« Dann sagte er nach einer augenblicklichen Pause: »Mein Gott, gib mir die Kraft, stets in meinem Leben allein zu sein, wie ich nach meinem Tode allein sein werde.«
»Ei! ei! allein nach deinem Tode, das ist nicht sicher,« erwiderte eine scharfe Stimme, die mit metallischem Klange einige Schritte vom Bett ertönte, »und für was hältst du die Würmer?«
Erschrocken setzte sich Heinrich auf und schaute ängstlich fragend jedes Gerät des Zimmers an. »Oh! ich kenne diese Stimme,« murmelte er.
»Das ist ein Glück!« versetzte die Stimme.
Ein kalter Schweiß floß über die Stirn des Königs, und er seufzte: »Man sollte glauben, es wäre Chicots Stimme.«
»Du brennst, Heinrich, du brennst,« antwortete die Stimme.
Nun erblickte Heinrich, der mit einem Beine aus dem Bette fuhr, in einiger Entfernung vom Kamin in demselben Lehnstuhl, den er eine Stunde vorher Epernon bezeichnet hatte, einen Kopf, auf den das Feuer jenen rotgelben Schein warf, wie wir ihn auf Rembrandts Bildern sehen.
Dieser Schein stieg auf den Arm des Lehnstuhles herab, worauf der Arm der Person gestützt war, dann auf ihr knochiges, hervorspringendes Knie und endlich auf den Fuß, der einen rechten Winkel mit einem nervigen, magern und übermäßig langen Bein bildete.
»Gott beschütze mich,« rief Heinrich, »es ist Chicots Schatten.« – »Ah! mein armer Henriquet,« sagte die Stimme, »du bist also immer noch so einfältig?«
»Was soll das bedeuten?« – »Die Schatten sprechen nicht, Schwachkopf, denn sie haben keinen Körper und folglich keine Zungen.«
»Dann bist du wirklich Chicot?« – »Ich will in dieser Hinsicht nichts entscheiden; wir werden später sehen, was ich bin, wir werden sehen.«
»Wie, du bist also nicht tot, mein armer Chicot?« – »Gut! nun schreist du wie ein Adler; doch, im Gegenteil, ich bin tot, hundertmal tot.«
»Chicot, mein einziger Freund!« – »Du hast wenigstens den Vorteil vor mir, daß du immer dasselbe sagst. Pest! Du hast dich nicht verändert!«
»Aber du, du,« entgegnete der König traurig, »hast du dich verändert?« – »Ich hoffe wohl.«
»Chicot, mein Freund,« sagte der König, indem er seine beiden Füße auf den Boden setzte, »sprich, warum hast du mich verlassen?« – »Weil ich tot bin.« »Aber du sagtest soeben, du wärest es nicht,« – »Und ich wiederhole es.«
»Was soll dieser Widerspruch heißen?« – »Dieser Widerspruch soll heißen, daß ich für die einen tot und für die andern lebendig bin.«
»Und was bist du für mich?« – »Für dich bin ich tot.«
»Warum für mich tot?« – »Das ist leicht zu begreifen. Höre wohl. Du vermagst nichts für die, die dir dienen.«
»Herr Chicot!« – »Ärgere dich nicht, oder ich ärgere mich.«
»Ja, du hast recht,« sagte der König, zitternd vor Angst, der Schatten könnte verschwinden, »sprich, mein Freund, sprich.« – »Nun wohl! ich hatte ein kleines Geschäft mit Herrn von Mayenne abzumachen, erinnerst du dich?«
»Vollkommen.« – »Ich mache es ab. Gut! Ich prügle diesen Kapitän ohnegleichen, sehr gut. Er läßt mich suchen, um mich zu hängen, und du, auf den ich rechne, um mich gegen diesen Helden zu verteidigen, verläßt mich, statt mich zu beschützen; statt ihm den Garaus zu machen, versöhnst du dich mit ihm. Was habe ich sodann getan? Ich habe mich für tot erklärt und durch die Vermittlung meines Freundes Gorenflot beerdigt, so daß mich seit jener Zeit Herr von Mayenne nicht mehr sucht.«
»Du hast einen greulichen Mut gehabt, Chicot; sprich, wußtest du nicht, welchen Schmerz mir dein Tod verursachen würde?« – »Ja, das ist richtig, aber durchaus nicht greulich. Ich habe noch nie so ruhig gelebt, als seitdem die ganze Welt überzeugt ist, ich lebe nicht mehr.«
»Chicot, Chicot, mein Freund!« rief der König, »du erschreckst mich, mein Kopf gerät in Verwirrung.« – »Ah, bah! das merkst du erst heute?«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll.« – »An etwas mußt du dich, bei Gott! doch halten, was glaubst du, laß hören?« »Nun, ich glaube, daß du gestorben bist und zurückkehrst.« – »Dann lüge ich; du bist artig.«
»Tu verbirgst mir wenigstens einen Teil der Wahrheit; doch sogleich wirst du nur, wie die Gespenster so oft, furchtbare Dinge sagen.«
»Ah! da sage ich nicht nein. Halte dich bereit, armer König.«
»Ja, ja,« sagte Heinrich, »gestehe, daß du ein durch den Herrn auferweckter Schatten bist? Wie wärest du sonst durch diese bewachten Gänge hierher gekommen?«
Und sich ganz dem schwindelartigen Schrecken überlassend, der ihn ergriffen hatte, warf Heinrich sich in sein Bett zurück und wollte sich mit seinen Laken bedecken.
»La! la! la!« sagte Chicot mit einem Tone, der einiges Mitleid und viel Sympathie verbarg, »erhitze dich nicht, du brauchst mich nur zu berühren, um dich zu überzeugen.«
»Du bist also kein