Die Hyperschallraketen irrten noch eine Weile suchend im Raum umher und blieben trudelnd zurück, als ihnen der Treibstoff ausging.
Protokoll des Gesprächs mit Leutnant Gael Klein
Sternenzeit 3166.05.24.09.00, Coach Juli
Äußerst pünktlich meldete sich heute Morgen Leutnant Gael Klein zu ihrem Coachingtermin. Leutnant Klein ist Astrogatorin der Mag-5 und glaubt an eine alte irdische Religion, die ein ausgleichendes Schicksal annimmt. Zur Berechnung der Schicksalsbilanz werden dabei Karmapunkte herangezogen. In früheren Sitzungen bemängelte Klein gelegentlich das ihrer Ansicht nach lässige Pflichtverständnis der übrigen Crew, die damit jede Menge schlechtes Karma anhäufe, das dem Schiff noch eines Tages zum Verhängnis werden würde. Umgekehrt beklagte die Crew mehrfach die pedantische, fast schon zwanghafte Art von Leutnant Klein. Klein erscheint auf den ersten Blick schüchtern und zurückhaltend, fast wie ein Mauerblümchen, aber wenn das Eis gebrochen ist, erweist sie sich schnell als hemmungslose Plaudertasche.
Da auch Leutnant Klein über leichte Kopfschmerzen klagte, wie schon drei Klienten vor ihr, versuchte ich, mehr darüber herauszufinden. Klein erklärte, dass die Kopfschmerzen morgens am stärksten seien und im Verlauf des Tages etwas nachließen. Außerdem berichtete sie von einem Alptraum, an den sie sich aber nur undeutlich erinnern konnte. Sie träumte, an eine Liege gefesselt zu sein und von den Vlock gefoltert zu werden, wobei unbestimmt blieb, was die Vlock genau mit ihr anstellten. Solche posttraumatischen Flashbacks sind nur allzu verständlich. Die Leute sind psychisch angeschlagen, nachdem uns die Vlock so übel hintergingen.
Leutnant Klein interessierte sich aber wenig für ihre Alpträume und wollte sich lieber an ihrer Crew abarbeiten. Sie bemängelte, dass die Kommandantin die Armierungsoffizierin nicht in den Griff bekäme. Noch schlimmer sei es aber mit Bordingenieur Chivan Swo, der ihrer Meinung nach nur noch Pfusch produziere. Sie zitierte seine Worte: „Wenn das Klebeband nicht hält, war es nicht genug Klebeband.“ Würde sie selbst mit so einer Einstellung ihren Dienst versehen, wäre die Mag-5 vielleicht in die Kanbanianischen Salzsümpfe gefallen, aber mit Sicherheit niemals an ihren Zielpunkten angekommen, behauptete sie. Diese Nachlässigkeit könne sich besagter Leutnant Swo nur erlauben, weil er heimlich in Commander Karan „verknallt“ sei.
Ich erkundigte mich, ob Commander Karan denn über diese heimliche Liebe Bescheid wisse. Leutnant Klein verneinte und gab zu, dass dann ja auch kein Grund für die Kommandantin bestand, irgendwelche Nachlässigkeiten zu dulden. Aber davon abgesehen liefe besagter Bordingenieur Swo auch ständig in ölbefleckten T-Shirts umher und räume nie die Krümel seines Fastfoods vom Boden weg. Ständig müsse sie deshalb die Reinigungsroboter ausrücken lassen, und man würde in den unmöglichsten Situationen über sie stolpern. Ganz anders gepolt sei dagegen der gutaussehende Kommunikationsoffizier Neno Chung. Selbiger sei immer adrett gekleidet und frisiert, und die Klientin verstehe nicht, warum sich niemand ein Vorbild an ihm nehme.
Ich fragte die Klientin, ob sie Möglichkeiten sehe, ihre Probleme mit dem Bordingenieur zu verschlimmern. Sie sah mich verwundert an und verstand nicht, was ich von ihr wollte. „Nun“, erklärte ich ihr, „wenn es Handlungsmöglichkeiten gäbe, die die Lage verschlimmern, dann brauchte man nur das Gegenteil zu tun, um sie zu verbessern.“
Leutnant Klein überlegte eine Weile, und ich genoss währenddessen dankbar die Ruhe.
„Ich müsste mehr herummeckern“, sagte sie dann kleinlaut. „Das würde die Lage mit Sicherheit verschlimmern. Wahrscheinlich würde Swo mir seine fettigen Fritten dann direkt auf das Astrogationspult knallen.“
Ich beließ es dabei, um ihren Erkenntnisgewinn nicht zu verspielen. Statt weiter zu arbeiten, erklärte ich ihr, dass ich sie für das Landungsteam empfehlen würde, das gerade zur Landung auf Skram zusammengestellt wurde. Wie erwartet reagierte Leutnant Klein entsetzt, denn zwanghaft veranlagte Menschen verlassen ungern ihre gewohnte Umgebung. Ich erklärte ihr, dass sie auf Skram als Aufpasserin gebraucht wurde. Jemand musste dafür sorgen, dass das diplomatische Team genauer arbeitete als beim Erstkontakt.
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