Rücksturz nach Tyros. Johannes Anders. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johannes Anders
Издательство: Bookwire
Серия: Sternenlicht
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189857
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      „Kommandant an Astrogator: Steuerung auf Automatik.“

      Gael schreckte zusammen, sie war dran. Nervös suchte sie das Steuerungsholo, das sie dummerweise im Hintergrund vergessen hatte, weil es zwar wichtig, aber blau und klein war. Da war es. „Automatische Steuerung bei CD minus 10“, antwortete sie schnell. „Raumüberwachung läuft.“

      „Basis MAGELLAN an den Erkundungskreuzer Mag-5: Sie sind freigegeben zum Start.“

      Die Luft im Hangar war abgepumpt worden, und über der Mag-5 öffnete sich die Schleuse.

      „Fertigmachen zum Start!“, befahl Zaya. „Erste Beschleunigung!“

      Wo war das Startpaneel? Und warum ließ man ALLISTER nicht diesen ganzen Mist machen? Ah, dort. Gael fuhr die Maschinen hoch. Ein automatischer Countdown zählte herunter, und dann verließ die Mag-5 die MAGELLAN. Noch kurz sah man das Mutterschiff auf dem Hauptschirm, dann war es verschwunden.

      „Wir brauchen ein paar Stunden, bis wir den Planeten erreichen“, wandte sich Zaya an den Botschafter. „Wir sollten uns eine Pause gönnen.“

      „Sehr schön, vielen Dank, Commander!“, antwortete der Botschafter freundlich und zog sich zurück. Die Xenopsychologin Aurora Schneider blieb allerdings auf der Brücke und kräuselte sorgenvoll ihre Stirn.

      *

      Als der Botschafter die Brücke wieder betrat, beugte sich die Kommandantin gerade über den Hauptschirm. Dort sah man bereits den Wüstenplaneten rotieren. Deutlich zeichneten sich die wenigen isolierten Seen auf der Oberfläche ab. Wolken gab es aufgrund der geringen Luftfeuchtigkeit kaum.

      Auch Storm hatte sich mittlerweile auf die Brücke verirrt. Ihr Name stand wohl eher für einen inneren Sturm, überlegte Gael, vielleicht für ein mühsam kontrolliertes Hochdruckgebiet, das in ihrem Hirn rotierte und als Tornado ausbrechen würde, wenn man ihr nicht regelmäßig etwas gab, das sie zu Klump schießen konnte. Gael wollte nicht wissen, welcher Wahnsinnige Storm den Job als Armierungsoffizierin gegeben hatte. Okay, sie wusste es. Es war natürlich die Alte gewesen.

      „Wir empfangen einen Funkspruch“, meldete Neno. „Sogar mit Bildsignal. Übersetzung läuft.“

      Kurz darauf erschien auf dem Schirm ein grün geschupptes Gesicht mit einer breiten Reptilienschnauze. „Wohlstand und Gelassenheit, friedliches Wesen“, sagte es. „Eine Geschichte ich erzähle, die ist geschehen einem Vetter meiner Frau. Unbekannte sich ihm annäherten und er sie bat zu bleiben. Lebt in Frieden und Beherrschung.“

      Die Brückencrew der Mag-5 sah sich verwirrt an.

      „Sofort anhalten“, schrie Aurora Klein plötzlich.

      Niemand reagierte.

      „Astrogator, voller Gegenschub!“, befahl Zaya.

      Gael schreckte zusammen. Sie verstand zwar nicht, was los war, aber sie fand die Navigationskonsole und sorgte dafür, dass die Mag-5 Fahrt verlor und im Raum stehen blieb.

      „Was ist los?“, fragte Zaya an Aurora gewandt. „Warum sollen wir anhalten?“

      „Weil der Skram es von uns verlangt hat“, erklärte die Xenopsychologin.

      „Aber er sagte doch, dass die Unbekannten gebeten wurden zu bleiben?“

      „Ja, aber da die Unbekannten sich nur näherten und nicht ankamen, ist damit fernbleiben gemeint.“

      „Ah ... gut. Das habe ich jetzt gar nicht so verstanden. Aber wenn Sie meinen … Botschafter, Sie sind dran.“

      Botschafter Devid Massimo sprach in das Mikrofon des automatischen Übersetzers: „Wohlstand und Gelassenheit, freundliche Bewohner von Skram! Ich, äh, möchte ebenfalls eine Geschichte erzählen: Fremde Wesen näherten sich dem Planeten Skram. Sie kamen in friedlicher Absicht und suchten Kontakt und Austausch.“ Er schaltete das Mikrofon aus und startete die Übersetzung. „Können wir das so senden?“, fragte er Aurora.

      „Ich kann es Ihnen nicht sagen, Botschafter. Wir hätten viel mehr Zeit für die Erforschung der Skram-Zivilisation gebraucht.“

      „Nun lässt es sich nicht mehr ändern. Wir müssen antworten. Also senden Sie es bitte, Kommandantin!“

      „Funkspruch absetzten, Neno!“

      Der Kommunikationsoffizier tat seine Pflicht.

      Gespannt warteten sie auf eine Antwort.

      Nach einigen Minuten meldete sich ALLISTER: „Drei Hyperschallraketen starten von der Planetenoberfläche.“

      Jedem war klar, dass die Schutzschirme die Raketen nicht aufhalten konnten. Sie wirkten gegen Energie- und Laserbeschuss, aber nicht gegen materielle Einschläge.

      Storm betätigte einige virtuelle Schalter in ihrer Holokonsole. „Alle Raketen erfasst. Werfer bereit zum Abschuss!“

      „Kein Abschuss!“, befahl Zaya. „Ich wiederhole: Kein Abschuss! - Astrogator, Ausweichmanöver!“

      Gael startete eine Routine für ein automatisches Ausweichmanöver, aber die Raketen hatten sich offenbar auf die Mag-5 aufgeschaltet und hängten sich an sie dran. Eine Alarmsirene heulte auf.

      „Sechs weitere Raketen starten von der Planetenoberfläche“, meldete ALLISTER.

      „Armierungsoffizier empfiehlt Abschuss! Dringend! Wir können nicht alle gleichzeitig anvisieren, und sie nacheinander abzuschießen braucht ausreichend Zeit!“

      „Reiß dich zusammen, Storm!“, verlangte Zaya mit harter Stimme.

      „Zwölf weitere Raketen gestartet“, meldete ALLISTER.

      „Wie sieht es aus, Gael?“, erkundigte sich Zaya.

      „Ziemlich eng!“, presste Gael hervor. ALLISTER schlug ihr eine ständig wechselnde Liste automatischer Ausweichmanöver vor, und sie war vollkommen damit ausgelastet, die Manöver auszuwählen, die den größten Erfolg versprachen. Leichte Panik stieg in ihr auf. Die Raketen kamen jetzt von allen Seiten.

      „Lass mich die verdammten Dinger abschiessen!“, knurrte Storm.

      Gael war es ein Rätsel, wie Storm mit dem schlechten Karma leben konnte, das sie ständig anhäufte. Aber in diesem Fall fand sie es gar nicht so verkehrt, die Raketen abzuschießen, denn es fiel ihr immer schwerer, passende Ausweichmanöver zu finden. Sie musste schon auf Manöver zurückgreifen, die nur 73 % Erfolgswahrscheinlichkeit versprachen.

      Währenddessen lieferten sich Storm und die Kommandantin ein Blickduell. Zaya brannte ihren Blick in Storms Augen uns forderte: „Vergiss es! Wir können den Erstkontakt nicht mit einem kriegerischen Akt beginnen!“

      Währenddessen verhaspelte sich Gael mit ihren Routinen. Statt mit einem von ALLISTER vorgeschlagenen Manöver den Raketen auszuweichen, hielt sie direkt darauf zu. Die Brückencrew klammerte sich entsetzt an den Armaturen fest und an allem, was sie greifen konnte. Glücklicherweise reagierten die Raketen zu träge, so dass die Mag-5 an ihnen vorbeirauschte und etwas Zeit gewann. Gael atmete auf. Sie hatte zwar nur Glück gehabt, aber das musste ja keiner wissen. Womöglich würde man ihr das später sogar als geniales Rettungsmanöver anrechnen.

      Das Mutterschiff meldete sich, anscheinend hatte die Ortung das Drama mitbekommen: „Basis MAGELLAN an Erkundungskreuzer Mag-5! Sie werden zum sofortigen Rücksturz zur MAGELLAN aufgefordert. Dies ist eine AlphaOrder der Schiffsführung. Ausnahmebefehl an die Mag-5. Sofortiger Rücksturz zur MAGELLAN!“

      Die Raketen näherten sich wieder. Storm und die Kommandantin hatten sich immer noch nicht geeinigt. „Wenn wir fliehen, werden die Skram uns nicht mehr ernst nehmen“, behauptete Storm. „Die Raketen müssen abgeschossen werden!“

      „Schluss jetzt, wir haben Alpha-Order!“, wischte Zaya ihre Einwürfe beiseite. „Astrogator! Sofortiger Rücksturz zur MAGELLAN! Volle Kraft!“

      Gael wischte die Ausweichmanöver beiseite und schlug auf den virtuellen