Engel und Teufel. Anna Katharine Green. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anna Katharine Green
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180570
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einer Blume zu tun haben, die Batsy fallen ließ?“

      „Sie? Nichts. Nur möchte ich Dir raten - und Du weißt, ich habe Dir noch immer gut geraten - nimm das Ding aus Deinem Knopfloch. Stecke die Blume in ein Kuvert und bewahre sie gut auf und wenn sie Dir nicht eines Tages abverlangt wird, um eine wichtige Rolle zu spielen, dann darfst Du mich einen Esel heißen und vergessen, dass wir Spielkameraden gewesen sind.“

      Abel lächelte, nahm aber die Blume aus dem Knopfloch und schickte sich an, das Gras zu bedecken, wie Dr. Talbot ihm aufgetragen hatte.

      Der Andere stellte sich ans Tor, dem der Untersuchungsrichter und Mr. Sutherland sich eben näherten und machte Miene, sie anzureden.

      Es war der Musiker Sweetwater, den wir Mr. Sutherlands Haus betreten sahen, als der letzte der Diener es verlassen hatte.

      „Dr. Talbot“, redete er den Untersuchungsrichter an, der nun vor ihm stand.

      „Sie haben oft versprochen, mir zu erlauben, meine Fähigkeit als Detektiv zu beweisen, sobald sich einmal Gelegenheit hierzu böte. Denken Sie nicht, dass die Zeit hierzu nunmehr gekommen ist?“

      „Ah, Sweetwater! Ich glaube, der Fall ist zu verwickelt für den ersten Versuch eines unerfahrenen Mannes. Ich muss jedenfalls einen Experten von Boston kommen lassen. Ein anderes Mal, Sweetwater, wenn die Komplikationen nicht so ernster Natur sind.“

      Der junge Mann erblasste und wandte sich zum Gehen.

      „Darf ich wenigstens hier herum bleiben?“ fragte er, mit bittender Gebärde.

      „Gewiss. Fenton findet schon Arbeit - und für sechs andere“, setzte er hinzu. „Gehen Sie ins Haus und sagen Sie ihm, ich hätte Sie geschickt.“

      „Besten Dank“, rief Sweetwater und sein betrübtes Gesicht klärte sich auf. „Jetzt werde ich zuerst ausfindig machen, wie die Blume ins Haus gekommen ist“, murmelte er.

      06. „Frühstück ist serviert, meine Herren!“.

      Mr. Sutherland kehrte nach Hause zurück. Als er die weite Vorhalle betrat, stand er vor seinem Sohne Frederick. „Vater“, stammelte der junge Mann „kann ich einige Worte mit Dir sprechen?“

      Mr. Sutherland, überrascht über seines Sohnes Erregtheit, nickte zustimmend und folgte dem Vorangehenden in ein kleines Zimmer, das noch den Blumenschmuck der gestrigen Festlichkeit trug.

      „Ich will Abbitte leisten“, begann Frederick, „oder vielmehr, ich will Deine Verzeihung erbitten. Seit Jahren handelte ich Deinen Wünschen entgegen, verursachte der Mutter Herzeleid und Dir solchen Gram, dass Du oft wünschtest, ich wäre nie geboren.“

      Er hatte das Wort „Mutter“ merkwürdig betont und sprach in der Tat aus innerstem Herzen.

      Mr. Sutherland hörte ihm erstaunt zu. Sprach dies der Junge, an dem er längst verzweifelt war?

      „Ich“, fuhr Frederick fort „ich will mich ändern. Ich will versuchen, Dir so viel Ehre zu machen, als ich Dir Schande gebracht. Es mag im Anfang vielleicht nicht Alles so leicht gehen, doch ich will meine ganze Kraft daran setzen und wenn Du mir Deine Hand reichen willst -.“

      Im Augenblick hatte der alte Mann seine Arme um den jungen geschlungen.

      „Frederick“, rief er unter Tränen, „mein Frederick!“

      „Beschäme mich nicht zu sehr“, murmelte dieser, totenblass und wunderbar gefasst.

      „Es gibt keine Entschuldigung für meine Vergangenheit und ich bange um meine Zukunft - dass mir die Kraft vielleicht fehlt, meine guten Vorsätze auszuführen. Doch das Bewusstsein, dass Du diese Vorsätze kennst und Deine ungeteilte Liebe sollen genügen, mich stark zu erhalten und ich müsste in der Tat die elendeste Kreatur sein, würde ich Dich zum zweiten Male enttäuschen.“

      Er hielt inne, entwand sich seines Vaters Armen und, aus dem Fenster gegen Himmel schauend, fuhr er fort:

      „Ich schwöre, dass ich mich künftig so betragen werde, als sei sie noch am Leben und würde über mich wachen!“

      Mr. Sutherland schaute ihn erstaunt an. Er hatte Frederick schon in jeder Stimmung gesehen, aber noch nie so ernst, so gefasst und so entschlossen.

      „Ja“, fuhr der junge Mann fort, unverwandt die Augen in die Ferne gerichtet, „ich schwöre, dass ich künftig nichts tun werde, das ihr Andenken entehren könnte! Mein Denken und mein Handeln sollen so sein, als ob ihre Augen mich noch sehen, als ob sie noch Schmerz empfinden könne über mein Fehlen und Freude über meine Erfolge.“

      Ein Bild Mrs. Sutherlands, gemalt, als Frederick kaum zehn Jahre alt war, hing nicht weit von dem Sprechenden. Er schaute nicht dahin, aber Mr. Sutherland schaute hin, mit einem Blicke, als ob er sonnige Strahlen aus den Augen scheinen zu sehen erwartete.

      „Sie hat Dich sehr lieb gehabt“, sagte er dann langsam und ernst. „Wir beide hatten Dich lieber, als Du je geahnt, Frederick.“

      „Ich glaube es“, entgegnete dieser, den Augen des Vaters begegnend.

      „Und um Dir zu zeigen, dass ich künftig Deinen Worten folgen will, habe ich beschlossen, Dir zu Liebe meinem innigsten Herzenswunsch zu entsagen. Vater -.“, er zögerte, doch nur einen Augenblick; dann fuhr er mit fester Stimme fort, „ich glaube bemerkt zu haben, dass es Dir nicht angenehm wäre, Miss Page als Tochter zu sehen -.“

      „Ob ich wünsche, dass die Nichte meiner Haushälterin den Platz in diesem Hause einnehme werde, den einst Marietta Sutherland inne hatte? Frederick, ich hatte zu hohe Meinung von Dir, um zu glauben, dass Du dich soweit vergessen würdest, selbst als ich sah, dass Du dich von ihren Reizen beeinflussen ließest.“

      „Du hattest mich zu hoch eingeschätzt, Vater. Es war in der Tat meine Absicht, sie zu heiraten! Ich habe es indes aufgegeben, für mich allein zu leben und sie könnte mir nie helfen, für Andere zu leben! Vater, Amabel Page darf nicht in diesem Hause bleiben, soll Friede zwischen Dir und mir sein!“

      „Ich gab ihr bereits zu verstehen, dass ihre Anwesenheit in diesem Hause nicht länger mehr wünschenswert ist“, entgegnete der alte Mann.

      „Sie fährt zehn Uhr fünfundvierzig. Ihr Betragen heute Morgen in Mrs. Webbs Hause - die, wie Du vielleicht noch nicht weißt, in der letzten Nacht schmählich ermordet wurde - war derart, dass es zu unliebsamen Bemerkungen Anlass gab und ihr Verbleiben in einer guten Familie unmöglich machte.“

      Frederick erblasste. Etwas in den Worten seines Vaters hatte ihn tief erschüttert. Mr. Sutherland glaubte, dass es der Tod der edlen Frau wäre, doch schon aus den ersten Worten seines Sohnes merkte er, dass dessen Gedanken bei Amabel waren, die er unmöglich mit einem Verbrechen in Verbindung bringen konnte.

      „Sie war in Mrs. Webbs Hause? Wie ist das möglich? Wer würde eine junge Dame dahin mitnehmen?“

      „Sie ging allein, Niemand nahm sie mit. Kein Mensch - ich selbst vermochte sie nicht zurückzuhalten, nachdem sie gehört, dass ein Mord begangen worden war. Sie drang sogar ins Haus! Als sie aus dem Totenzimmer gewiesen wurde, ging sie in den Garten und blieb dort solange stehen, bis sie Gelegenheit hatte, uns eine Blutspur zu zeigen, die uns sonst sicher entgangen wäre.“

      „Unmöglich!“ Frederick blickte seinen Vater an, als ob Erstaunen oder Schreck ihn starr gemacht hätte.

      „Amabel hätte das getan? Entweder Du scherzest oder ich träume - was Gott geben möge -!“

      Der Vater, der solch tiefes Gefühl in seinem Sohne nie vermutet hätte, schaute ihn erstaunt an. Doch sofort ging dies Erstaunen in Schreck über, als es ihn wanken und gegen die Wand fallen sah.

      „Du bist krank, Frederick, Du bist wirklich krank. Lass mich Mrs. Harcourt rufen. Aber nein, die kann ich nicht rufen, sie ist ja die Tante des Mädchens.“

      Frederick richtete sich gewaltsam auf.

      „Rufe Niemanden, bitte“, sagte er.

      „Es