„Das sieht richtig gemütlich aus, lieber Gosi. Doch sag, für wen sind denn all die anderen schönen Zimmerchen? Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, wer darin wohnen soll“, fragte Pegjandi und stellte sich auf die Zehenspitzen, um über die Wichtenmützen vor ihm hinweg zu sehen.
„Über diese Frage freue ich mich natürlich ganz besonders, denn ich habe mir wirklich große Mühe gegeben, für viele unserer kleinen Freunde hier im Wald die richtige Unterkunft anzubieten. Ja, wo fange ich am besten an? … Ah ja, hier mit diesen Pflanzstängeln: Die sind hohl und werden als Nisthöhlen von den Wildbienen und den Wildwespen bevorzugt. Ich hatte noch etwas Schilfrohr in meiner Werkstatt, das ich gut verwenden konnte. Dazu habe ich einige Stängel der Brombeeren, der Disteln und auch der Himbeeren gegeben. Und seht einmal hier… das ist Hartholz, das ich angebohrt habe. Auch das mögen sie sehr. Am besten eignet sich hierzu das Holz der Buche, der Esche oder Eiche. Sehr gut geht auch das Holz eines Apfelbaums oder vom Haselnussstraus. So, lasst mich mal sehen, was haben wir denn da noch? Genau! Diese dünnen Äste hier mögen die Schmetterlinge sehr gern, vor allem wenn sie noch frisch sind und nicht schon so ausgetrocknet.“
„Du bist ja witzig. Wenn die Schmetterlinge noch frisch sind?“ lachte Pokki und klatschte sich vor Lachen auf die Oberschenkel.
„Nein, ich meinte, wenn die Äste noch frisch sind, du Knalltüte“, lachte nun auch Gosi.
„Die Holzwolle hier ist für Marienkäfer, Ohrwürmer und die Florfliegen. Auch das Stroh und die Tannenzapfen werden gern von diesen Tieren genutzt. Und für die Zeit, wenn es ab Herbst kälter wird, habe ich für die einzelnen Zimmer noch entsprechende Abdeckungen gebaut, die ich dann zum Schutz vor Kälte, Wind und Feuchtigkeit befestigen kann.“
Nach diesen Worten blickte er stolz in die Runde und freute sich sehr über das Lob, das er nun von allen Seiten erhielt.
„Danke, lieber guter Gosi!“ freute sich Betty, die wieder aus ihrem Töpfchen-Zimmer herausgeflogen kam. „Es ist wirklich wunderschön und du hast dir eine solche Mühe gegeben. Doch nun ist es an der Zeit, dass ich euch erzähle, warum ich zu euch gekommen bin…“
Unglaubliche Neuigkeiten
Wir schlugen ihr vor, dass wir uns alle am Versammlungsplatz zusammenfinden wollten, an dem unsere Wichtentreffen regelmäßig stattfanden. So könnte sie uns allen gleichzeitig erzählen, warum sie zu uns gekommen war. Ich war ja schon so gespannt.
Mithilfe unseres lieben Glühwürmchens, das sich uns zwar etwas unkonzentriert, aber emsig wie eh und je ebenfalls angeschlossen hatte, konnten wir auch die Elfen und unsere tierischen Freunde Kibuz, Mink, Pauri, Sami und Halia zu unserem Treffen bitten. Warum das Glühwürmchen in dieser merkwürdigen Verfassung war, sollten wir erst viel später erfahren.
Bald darauf waren wir dann tatsächlich alle wieder beisammen und auch die schönste aller Elfen, meine Lýsa, war wieder in meiner Nähe… (seufz). Nachdem wir uns alle ein Plätzlein gesucht hatten und nun endlich stillsaßen, ließ Betty sich auf Sólas Knie nieder, die auf der Kante des Podestes saß und blickte uns aufmerksam an. Einen nach dem anderen. Dann lächelte sie.
„Hallo, meine lieben neuen Freunde. Ich möchte mich ganz herzlich bedanken, dass ihr mich so freundlich aufgenommen habt. Dir, lieber Stubbur und auch dir lieber Snørgl danke ich, dass ihr mich so lieb versorgt habt, als es mir schlecht ging. Und dir, lieber Gosi, natürlich auch meinen herzlichen Dank, dass du mir und den Insekten hier aus der Umgebung eine so schöne Unterkunft gebaut hast. Es freut mich sehr, euch alle kennenzulernen. Ja, wo fange ich mit meiner Erzählung an? Bsss… bss… bssss… ich denke, ich richte euch zunächst die Grüße von Amiria aus. Und ach ja, für diejenigen unter euch, mit denen ich noch nicht persönlich gesprochen habe: ich bin Betty, die Hummel.“
Von allen Seiten kam ein herzliches „Hallo, Betty!“
„Sag, liebe Betty, du kennst Amiria?“ wandte sich nun Sóla an das kleine Hummelmädchen und sah dabei so verwundert zwischen ihr und ihren Schwestern Elin und Lýsa hin und her, dass ich stutzig wurde.
„Ja, also eigentlich kenne ich sie nicht persönlich. Aber die Kakapodame kennt sie“, antwortete Betty ihr und als sie gerade weiterreden wollte, unterbrach Vökull sie.
„Bitte was ist ein Kaka… was?“
Gespannt warteten wir auf ihre Erklärung und ich dachte noch so bei mir, dass das sicherlich eine interessante Geschichte werden würde. Das wir jedoch auf dem Weg in ein neues Abenteuer waren, ahnte ich nicht im Geringsten.
„Ich vergaß, dass ihr ja noch nie einen Kakapo gesehen habt. Bss… bsss… Ich im Übrigen auch nicht. Aber ich weiß, dass das ein Vogel ist, der nicht fliegen kann und nach Honig und Blumen riecht. Ja genau. Also der Kakapo hat der Amiria erzählt, dass er verschwunden ist und die glühenden Würmer in Gefahr sind. Also die könnten verschwinden, sagt Amiria. Nein, wartet… nicht Amiria sagt das, sondern diese merkwürdige Ente, deren Namen ich mir nicht merken kann. Oder war das doch der Kakapo und die Ente ist weg? Bss… bss… bss … Nun bin ich völlig durcheinander. Ich wollte mir doch alles genau merken. Jetzt habe ich doch ein paar Dinge vergessen und in meinem Kopf ist alles verheddert. Da war doch noch irgendetwas mit dieser Stadt, die eigentlich keine ist. Und den Gleisen, die ins Nirgendwo führen. Bss… bss… bss… jetzt schwirrt mir aber der Kopf.“
Was für ein Kauderwelsch. Also wenn ihr da schon der Kopf schwirrt, dann schlägt meiner aber einen Kabolz.
Was sagst du, lieber Leserling? Dieses Wort kennst du gar nicht? Das wundert mich nicht. Du musst wissen, dass unsere Schreiberline eine Berlinerin ist und weil ich das Wort auch nicht kannte, habe ich es mir erklären lassen: Also Du und ich würden dazu Purzelbaum sagen.
Aber lass mich dir weiter erzählen…
Zunächst herrschte einen Moment lang absolute Ruhe, bis Vökull losprustete:
„Das hält der stärkste Wicht ja nicht aus. Ich habe nicht ein Wort verstanden, was die Betty da erzählt hat. Weiß einer von euch, wovon sie spricht?“ lachte er so sehr, dass ihm die Tränen kamen. Und wir anderen lachten mit. Nur Betty nicht. Die saß in sich zusammengesunken noch immer auf dem Knie von Sóla und senkte Köpflein und Flügel.
„Ich konnte mir das nicht alles merken“, seufzte sie und wie sie so dasaß, tat sie mir unendlich leid.
„Hört auf zu lachen!“ rief ich den Wichten zu.
„Verzeih uns bitte, liebe Betty“, wandte ich mich behutsam an sie. „Aber für unsere Ohren waren das gerade unglaubliche Neuigkeiten. Vielleicht solltest du noch einmal ganz von vorn beginnen und uns zunächst erzählen, was passiert ist, denn ich glaube, dass du uns um Hilfe bitten wolltest, oder? Wir haben aber noch nicht verstanden, wer unsere Hilfe braucht.“
Ich sah mich um und als ich in die Gesichter der Oberwichte blickte wurde mir klar, dass ich mit meiner Frage genau richtig lag.
Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, versuchten wir noch einmal Betty zu befragen. Doch sie wirkte noch immer etwas erschöpft und musste zunächst ihre Gedanken sortieren, weswegen wir ihr zunächst etwas Ruhe gönnten…
Die besonderen Kinder
Lange blieb es jedoch nicht ruhig, denn die Oberwichte Vegard, Dellingur und Dagbjartur nahmen die Versammlung zum Anlass, uns von unseren neuen Auftragskindern zu berichten. Auch wenn wir durch Bettys Erzählungen von einer besonderen Aufregung erfasst waren, so wurden wir doch alle wieder mucksmäuschen still, als Vegard zu sprechen begann.
„Meine