»Und lacht man etwa über Steuern? Über Wachen? Über Könige? Oder gar über Götter? Hä? Hä? Hä?«
Kard und Madad aka Tim und Tom schüttelten ihre Mähnen.
»Seht ihr, seht ihr. Deswegen nennt man uns die Respektlosen. Wir lachen über alles und machen uns über jeden lustig. Und deswegen mögen uns die Wachen nicht da hinten. Wir lachen über sie. Das ist besser als jedes Schwert, versteht ihr. Wir lachen über die Wachen, über Flanakan und sogar über Goiba.«
Kards Herz machte einen Sprung.
»Was, ihr lacht sogar über Goiba? Seid ihr verrückt? Fürchtet ihr nicht ihren Zorn?«
»Nein, nein. Wir lachen auch über Branu, das gleicht sich wieder aus. Das ist wie in der Mathematik. Minus mal Minus macht Plus.«
»Mathe… was?« Madad/Tom hatte offensichtlich davon noch nie gehört.
»Mathematik? Zahlenzauber?« Jetzt wurde die Stimme von Oiklihd plötzlich ganz leise. »Eine Magie, die aus einem Land jenseits von Haragor kommt.« Vielsagend hob Oiklihd die linke Augenbraue und schaute die Freunde an.
Kard/Tim begann als Erster zu lachen. Madad/Tom setzte mit ein. »Magie, die außerhalb von Haragor… ha, ha, ha. Das ist ein Scherz, oder?« Die Riesenperücke schüttelte sich, als ob unter ihren Füßen die Erde beben würde. »Jeder weiß, dass jenseits des Meeres oder jenseits der Südlichen Wüste, das Große Nichts ist, das Reich der Götter, das Große Unvorstellbare.«
»Sagt wer?« Oiklihd ließ sich vom Gelächter der beiden nicht aus der Ruhe bringen.
»Du willst uns zum Lachen bringen, oder, Oiklihd, der Respektlose? Oder? Das kannst du nicht ernst meinen, oder?«
Oiklihd kniff die Augen zusammen. »Wer sagt denn, das da nichts ist? Flanakan? Dem glauben wir nicht. Die Govas, Govans und sonstige Götzendiener? Denen glauben wir nicht. Wir glauben nur unseren Ohren und Augen und Nasen. So ist das bei uns.«
Madad wälzte sich auf dem Boden. Der Kerl war zu komisch. Ein echter Scherzkeks. »Wieso bist du nicht mehr Hofnarr bei Flanakan? Ich finde dich großartig. Königlich. Göttlich.«
»Danke, danke, ich weiß.« Oiklihd, offensichtlich geschmeichelt, verneigte sich in Richtung der rollenden Fellkugel.
»Aber Flanakans Sinn für Humor hat in den letzten Jahren extrem nachgelassen. Ganz abgesehen von dieser Tsarr, die konnte uns eigentlich noch nie leiden. Wenn die lacht, dann stirbt meist irgendjemand. Und das ist wirklich nicht lustig.«
Nachdenklich kratzte sich Oiklihd am Kopf.
»Wie auch immer. Wir müssen jetzt in die Alte Stadt hüpfen. Wenn man uns auf den Booten nicht mitnimmt, dann geht es eben zu Fuß weiter. Vielleicht wollt ihr uns ja begleiten? Wäre doch lustig, oder?«
Warum nicht, dachte sich Kard und nickte ermunternd in Richtung Madad. »Ja, wäre vielleicht ein Spaß.«
»Wir haben zwei Kaninchen frei. Ich bin jetzt einfach mal der Despot in der Gruppe. Wir sind zu dritt, wisst ihr. Drei Narren und fünf Kaninchen. Und ich bestimme jetzt, dass ihr mitkommt. Die Meinung der anderen interessiert mich heute nicht. Lustig, oder?«
»Vielleicht?« Unsicher stimmte Kard zu. Auf jeden Fall wäre ihre Tarnung noch perfekter. Und mit den Riesenkaninchen wären sie schneller in der Alten Stadt als zu Fuß.
»Machen wir.« Auch Madad stimmte zu, und so liefen sie hinter Oiklihd und seinem Riesenkaninchen her, beäugt von den neugierigen Augen der anderen Reisenden. Ein Kleinwüchsiger, ein Riesenkaninchen und zwei zottelige Wahter – so etwas sah man in Haragor nicht alle Tage.
Oiklihd stellte ihnen seine zwei Kumpanen vor. Arschimaedes und Puetontagoras, ein Torak und ein Mensch, beide keineswegs so kleinwüchsig wie Oiklihd. Arschimaedes, Torak, Spezialist für schlüpfrige Witze, begann mit Oiklihd sofort einen deftigen Wortwechsel darüber, dass Despot zu sein nur für den witzig ist, der eben der Despot ist. Für die anderen konnte es bestenfalls als schadenfroher Dritter lustig sein. Aber bevor die Respektlosen sich darüber weiter streiten konnten, beschlossen sie, dass jeder einmal der Despot sein dürfte. Immer dann, wenn man auf dem Weg eine blaue Tür sehen würde, sollten die Rollen gewechselt werden. Irgendeine Regel musste es ja geben.
Kard war gleichzeitig fasziniert wie verunsichert. Die drei waren lustig, keine Frage. Aber dass Oiklihd auch keinen Respekt vor den Göttern hatte, gefiel Kard überhaupt nicht. Dass man entweder Branu oder Goiba oder einem der anderen Göttern mehr oder weniger zugetan war, verstand Kard. Er hatte es sich angewöhnt, sich mit allem Göttlichen auf guten Fuß zu stellen. Lieber mal ein Schälchen Winxbier zu viel geopfert, als sich dem Zorn einer vernachlässigten Gottheit zuzuziehen. Und der Gedanke, dass es neben dem Göttlichen noch etwas anderes geben sollte, diese Mathemagie, erzeugte geradezu einen Brechreiz in ihm. Am besten, er passte sich so schnell wie möglich auch diesen Gegebenheiten an, sonst würde er noch ganz wirr im Kopf werden.
Der Torak, Arschimaedes, hatte etwas Naives, Kindliches an sich, auch wenn er schon über siebzig Jahre alt war. Für einen Torak war er damit in den besten Jahren. In seinem Alter hatten die meisten Toraks gerade eine Familie gegründet und waren dabei, viele kleine Torakkinder in die Welt zu setzen. Und gerade davor lief der gute Arschimaedes auch davon, wie er unumwunden zugab.
»Da war dieses Mädchen«, er grinste in die Runde, als ob er einen tollen Scherz gerissen hätte, »wir arbeiteten beide auf den Winxfeldern, ihr versteht schon, oder?« Wieder grinste er in die Runde und machte mit seinen Hüften kreisende Bewegungen. Oiklihd hieb Tim/Kard in die Seite und meckerte ein leises Zwergenlachen in sich hinein und Puetontagoras hieb dem Buckligen grinsend auf die haarige Schulter. Pflichtschuldig setzte Kard, der sich die Haare aus dem Gesicht gestrichen hatte, sodass wenigstens Auge, Mund und Nase sichtbar waren, ebenfalls ein Grinsen auf. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, was gerade so komisch ist.
»Und eines nachts«, berichtete Arschimaedes weiter, »als ich mal wieder durch die Winxfelder zu diesem Mädchen schlich, landete ich in einem kreisrunden Kreis mitten im Gras.«
»Kreise sind immer kreisrund, du Hirni.«
»Das kommt auf die Perspektive an. Von schräg oben sieht ein Kreis wie eine Ellipse aus.«
»Quadratquatsch.«
Bevor sich Arschimaedes und Oiklihd richtig in die Wolle bekamen, hakte Madad nach. »Yo, das mit den Kreisen im Gras, das kennen wir auch. Was hat es damit auf sich?«
Alle drei Respektlosen atmeten synchron tief ein und begannen alle gleichzeitig zu reden. »Kreisrund müssen sie sein…Winxbier…keine Ahnung wieso…hoppel, hoppel, hoppel…Neumond, Vollmond, egal…«
»Äh, ich verstehe kein Wort. Könnt ihr euch mal darauf einigen, wer erzählt? Vielleicht du, der Despot?« Madad schaute, auch wenn das niemand registrieren konnte, da sein gesamter Kopf unter seinen Haaren begraben war, fragend in die Runde.
»Nein, niemand fragt den Despoten, ob er etwas tun soll oder will oder kann. Der Despot tut es einfach. Daher bestimme ich, dass nicht ich, sondern Puetontagoras die Geschichte erzählen soll.«
Puetontagoras, Mensch, vielleicht um die vierzig, normale Statur, nicht zu groß, nicht zu klein, dunkler Vollbart unter kleinen blauen Augen und mächtiger Nase, atmete tief ein. Dann strich er sich die Krümmel weg, die auf seiner dunkelblauen, mit sinnlosen Buchstabenkombinationen (sin, cos, lim) bestickten Hose, gelandet waren. Er legte auch das Winxbrot, an dem er bisher geknabbert hatte, zur Seite. Dann wandte er den Blick zu den Riesenkaninchen, die versuchen, Grasbüschel herauszuziehen, die sich in den Fugen und Rissen des Platzes versteckten.
»Diese Tiere, ha.« Dann schwieg Puetontagoras eine Weile und schaute vielsagend