»Klingt nicht gut«, meinte Hansen enttäuscht.
»Mertens´ Leute haben diesen Schuldschein hier gefunden«, Riedmann hielt seinem Chef einen Beweismittelbeutel mit dem Schriftstück vor die Nase.
»Dass Bender spiel- beziehungsweise wettsüchtig war und Schulden hatte, wussten wir bereits. Insofern bin ich jetzt auch nicht allzu überrascht, dass in der Wohnung ein Schuldschein gefunden wurde. Was sollte mir daran nicht gefallen?«
Riedmann zögerte einen Moment, bevor er seinem Chef antwortete.
»Der Schuldschein ist auf Robert Meltin ausgestellt.«
Meltin war eine bekannte Größe im Rotlichtmilieu. Ihm gehörten mehrere einschlägig bekannte Klubs in Aachen und Umgebung. Er war die absolute Nummer eins, wenn es um legale oder illegale Prostitution ging.
Meltin war vor drei Jahren verdächtigt worden, für den Tod von zwei seiner Frauen verantwortlich gewesen zu sein. Hansen war davon überzeugt, dass Meltin die achtzehnjährigen Bulgarinnen hatte umbringen lassen, weil sie versucht hatten, sich aus seinen Fängen zu befreien. Allen war klar, dass die Frauen gegen ihren Willen in dem Bordell arbeiten mussten, und es gab Hinweise, dass Meltin mit der Ermordung der Frauen ein Exempel statuieren wollte. Aber nichts davon konnten sie beweisen. Erst recht nicht, dass Meltin die Morde in Auftrag gegeben hatte. Mögliche Zeugen waren eingeschüchtert und an einer Aussage gehindert worden. Nicht einmal den Mörder hatten sie gefasst. Hansen war damals Meltin gegenüber beinahe tätlich geworden, wofür man ihm fast ein Disziplinarverfahren angehängt hatte. Er hatte es einzig Hellhausen zu verdanken, dass er weitgehend unbeschadet aus der Sache herausgekommen war. Selten hatte ihn ein Fall so mitgenommen.
»Ich weiß ganz genau, was du jetzt denkst Karl. Du glaubst, dass das ein Wink des Schicksals sein muss«, unterbrach Riedmann seine Gedanken. »Aber bitte mache da jetzt keine persönliche Sache daraus. Wir wissen ja nicht einmal, ob das überhaupt etwas mit unseren Ermittlungen zu tun hat.«
»Keine Angst, Stefan. Ich bin doch ein Profi. Versprochen«, erwiderte Hansen. »Allerdings ist mir neu, dass Meltin im Glücksspielbereich mitmischt.«
»Mir auch. Aber der Schuldschein beweist, dass Bender ein massives finanzielles Problem gehabt haben muss. Immerhin geht es hier um fünfzehntausend Euro.«
»Fünfzehntausend? Das ist eine Menge Geld«, murmelte Hansen.
»Hältst du es für möglich, dass Meltin etwas mit dem Tod von Bender beziehungsweise der Mordserie zu tun hat?« »Um ehrlich zu sein, kann ich mir das nicht vorstellen. Auch wenn mir es ein reizvoller Gedanke ist. Aber wie sollte die Ermordung von Kämper und Körlings ins Bild passen? Na, ich werde der Sache jedenfalls nachgehen. Dann kannst du deine Recherchen im Fall Kämper fortsetzen. Wo steckt eigentlich Mertens?«
»Den hast du knapp verpasst. Nachdem er hier fertig war, wollte er noch kurz ins Labor. Benders Computer abgeben. Der war passwortgeschützt. Unsere Fachleute werden sich darum kümmern. Vielleicht finden sie ja etwas.«
»In Ordnung«, erwiderte Hansen. »Dann fahre ich jetzt zu Meltin.«
»Und ich fahre noch mal zum Studentenwohnheim. Ich werde mir die Kommilitonen von Michael Kämper noch mal vornehmen und fragen, warum sie uns verschwiegen haben, dass er gedealt hat. Vielleicht erfahre ich ja noch etwas, das uns irgendwie weiterhelfen kann«, antwortete Riedmann.
»Gut, aber pack die bloß nicht mit Samthandschuhen an. Mach den Leuten ruhig mal klar, dass sie durch ihr Schweigen unsere Ermittlungen massiv behindert haben«, meinte Hansen, bevor er sich von Riedmann verabschiedete und die Treppe des Wohnhauses hinabstieg.
Auf dem Weg zu seinem Auto erhielt Hansen einen Anruf aus dem Präsidium. Das Phantombild von Juliette Vermaelen war fertig. Hansen entschied, das Phantombild umgehend an die Presse weiterzuleiten und zusammen mit einer Suchanzeige am nächsten Tag zu veröffentlichen. Er tat einen tiefen Atemzug. Endlich nahmen die Ermittlungen Fahrt auf.
Jetzt aber hieß es, sich auf die bevorstehende Befragung von Robert Meltin zu konzentrieren. War es ein Wink des Schicksals, dass sich ihre Wege nochmals kreuzten? Hansen wusste, wie skrupellos Meltin war, wenn es um die Durchsetzung seiner Interessen ging. Warum also nicht auch im Fall Bender? Aber weshalb sollte er die Kuh schlachten, die er melken wollte? Und wie sollten die Morde an Kämper und Körlings ins Bild passen? Wenn es sich jedoch tatsächlich bewahrheiten sollte, dass Kämper ein Drogendealer war, dann hatten sowohl das erste Opfer als auch Mathias Bender auf die eine oder andere Art Kontakt zum kriminellen Milieu gehabt. Somit gab es so etwas wie eine Gemeinsamkeit zwischen den beiden Opfern. Zugegeben, es wirkte auf den ersten Blick ein wenig konstruiert. Aber immerhin war es ein interessanter Ansatz.
Hansen fuhr auf direktem Wege zum »Klub Baroness«, wo Meltin in der Regel anzutreffen war. Aber als er knapp zwanzig Minuten später dort ankam, wurde er enttäuscht. Meltin war nicht da. Niemand öffnete die Eingangstür, auch auf mehrmaliges Sturmklingeln und Klopfen hin nicht. Also stattete er Meltin einen Privatbesuch ab. Er brauchte weitere fünfzehn Minuten, bis er die Feldstraße in Broichweiden erreichte. Aber Meltin war auch nicht zu Hause.
Frustriert überlegte Hansen, ob es Sinn ergab, die anderen Klubs, die Meltin gehörten, aufzusuchen oder bis morgen zu warten. Er entschied sich für Letzteres und fuhr noch einmal ins Präsidium. Er wollte, wenn er schon Zeit geschenkt bekam, sich eine Strategie für die Befragung überlegen.
Gegen neunzehn Uhr, Hansen wollte gerade aufbrechen, rief Hellhausen an. Natürlich wollte er sich nach den Früchten ihrer Arbeit erkundigen. Nachdem Hansen dem Kriminalrat die jüngsten Fortschritte geschildert hatte, fuhr er völlig erledigt nach Hause. Dort fand er einen Zettel auf dem Küchentisch. Christine war mit einer ihrer Kolleginnen zum Badminton gegangen. Hansen hatte es mal wieder vergessen, obwohl sie es ihm am Vortag noch erzählt hatte. Also würde er wieder einmal alleine zu Abend essen müssen. Nachdem er den Nudelauflauf verputzt hatte, den er im Kühlschrank gefunden hatte, ließ er sich ein heißes Bad ein. Seine Frau würde wohl nicht vor elf Uhr zu Hause sein, da sie normalerweise nach dem Sport noch etwas trinken ging. Er warf noch einen kurzen Blick in die Tageszeitung und ging gegen dreiundzwanzig Uhr völlig erledigt ins Bett. Kaum, dass er sich hingelegt hatte, war er auch schon eingeschlafen.
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