Jadida (Muslimin) zählt junge 19 Jahre. 13-jährig war sie, als Mary sie aufnahm und adoptiere. Die Greisin Khadija Khalfan hütete in Bukoba über 70 Kinder, allein! Kiroyera versuchte das Waisencenter zu schliessen. Die Schützlinge waren unterernährt, schmutzig, verlaust und krank. Adoptionsgesuche aus aller Welt lehnte die Hausmutter permanent ab. Sie selbst lebte gut vom Geld, welches sie für die Kinder erhielt. Mary fand zeitweise jeden Morgen bis 20 davongelaufene Kinder in ihrem Garten. Jadida konnte die regulären Schulen besuchen und macht momentan ein Sekretariatspraktikum. Im perfekten Kontrast zu Pura kleidet sie sich gerne sehr weiblich, stimmig zu ihrer soften Stimme. Jadida wird es zu was bringen; sie begleitet oft unser Business.
Theo(dora), etwa 20ig, burschikos erscheinend, hat in Jeans ewiglange Beine in den Himmel hinauf. Sie ist eine verwandte Nichte und wohnt während den Ausbildungsferien bei Mary. Sie absolviert eine Schule für Kellnerinnen. Mary bedauert, wie Theo sich scheut, englisch zu sprechen, sie könnte es. Ich bemerke, das rührt vielleicht daher, dass sie sich ‘schämt’, den Mund vor Fremden zu öffnen. Sie hat neben zwei fehlenden, zwei rötlich gefärbte Zähne (Fluormangel). Ich überrumple Theo mal und kreiere spontan die unterschiedlichsten Gasttypen in den verschiedensten Rollen. Theos englisch ist solala unbefriedigend, ihr Wille zum Versuchen-zu-Lächeln und sich zu verbessern, wächst. Wir spielen einige Abende. Theo scheint happy für meinen zwinkernden, halberhobenen Zeigefinger.
Bwana Mango: keine Ahnung warum. Am Eck bei Marys Grundstück steht ein junger Mangobaum. Ein Normaler, keine Verwinkelungen, keine Astbilder - ein normaler junger Mangobaum eben. Jedesmal beim Vorbeilaufen berühre, und grüsse ich ihn kurz. Wenn ich dies verpasse, ‘muss’ ich zurücklaufen. Merkwürdig.
Da kommen wir zu Nsajigwa, seines Zeichens ‘Freidenker’. Ich erkannte das nicht an seiner Art Mütze und bin verurteilt. Nsajigwa bedeute in seinem Dialekt ‘der Gesegnete’. Er übersetzt dies brusthebend ins arabische Suaheli: Barack. Nsajigwa zählt 46 Jahre, war nie wirklich liiert; bei vier Bibis konnte er nicht landen, bei anderen Vier war es umgekehrt. Vor zehn Jahren absolvierte er drei Monate in Japan einen Touristenguidekurs und vor fünf Jahren ebenso lang in Holland ein Philosophieseminar (suspekt, seine fehlenden Erinnerungen an beides). Er ist spindeldürr, zwei paar Hosen, drei T-Shirts wie löchrige Socken besitzend (wovon das eine Paar die Urgrossmutter nicht mehr stopfen würde). Unserer beider unterschiedlichen Jobs, laufen auch ineinander. Dabei darf ich bemerken, dass für meinen Part keine Aufgaben vorgegeben sind; ich habe absolut freie Hand und könnte auch einfach sechs Monate lang Nichts-Tun. Im Gegensatz zu Nsajigwa, er soll mit ausgeklügelten Touren guiden und für künftige Reiseleiter ein einjähriges Schulungskonzept erstellen. Seine Entwürfe beurteile ich als unbrauchbar. Kritikfähig – wehe. Am liebsten würde er sich passiv mir anhängen, um dann meine Ideen aktiv als die Seinen zu verkaufen. Das Gute am Ganzen, ich mache mich allein auf, und bin ehrlich gesagt, erfolgreicher. Mary teilt die Beobachtungen bezüglich Mister. Nsajigwa ist schlicht ein typischer Einzelgängertyp; wir werden schauen, wie/mit was/in welchem Umfang wir ihn beschäftigen (können).
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Madaraka Nyerere, eine weitere Persönlichkeit: fünfzig, jüngster Sohn des ersten Staatspräsidenten Julius Nyerere, selig. Madaraka, ein super angenehmer Mann, sein unerwartetes explodierendes Lachen ein ansteckendes Geschenk. Locker gekleidet, pilgert er für mich nach Kiseke. Butiama liegt eine Halbtagesbusfahrt entfernt. ’Das Heu liegt auf derselben Bühne’, keine Frage! Er ist begeistert von meinen Arbeiten (und mir). Er schlägt vor, einen Monat Butiama zu unterstützen. Das nationale Museum und des Vaters J. N. Mausoleum dürfte ich umgestaltungsmässig unter die Lupe nehmen. Das werden freudige Herausforderungen.
Victa: Pikipiki-Driver. Mit ihm erlebte ich die allererste Mototaxi-Fahrt über Sieben-Holterpolter-Kilometer in Kiseke hinein. Ich werde feststellen, dass er die Kiseke-Crew leitet. Eigenartig, wie stets er ums Eck driftet, egal auf welchem Streckenabteil, egal zu welcher Tageszeit. Und wenn ich am Quartierende an der Kreuzung Soko Sabasaba auf einen Bus Richtung Stadt warte, lehne ich an seinem Töff und geniesse die gestenreichen Diskussionen wie Streitgespräche unter den Drivern - und inzwischen auch meinen Bekanntheitsgrad. Der Eine, mit einem Silberblick von lieblichsten, gesellt sich jedesmal zu mir, er nimmt mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sagt, … wie gerne würde ich es verstehen… es fühlt sich umsorgt und behütet an.
Auch der einzige Nachtdriver für unser Quartier ist in sehr dunkler Stunde Zuhause genügend wach, um mich zuverlässig auf meinen Call hin abzuholen.
Eva, ausgewanderte Schwedin. Ich schätzte sie auf Ende vierzig, stimmen tut sechzig. Vor unzähligen Jahren lernte sie durch die sanitären Ingenieurarbeiten ihres Ehemannes die Region Mwanza kennen. Nach der Trennung besuchte sie Mwanza alle Jahre für ein paar Wochen, seit zwei Jahren lebt sie hier. Eva engagiert sich äusserst lebhaft für den Tourismus Mwanza, sie verliebte sich in diese Stadt - ich auch! An den freien Tagen spaziert Eva ausgiebig, hört chillig Mozart. Sie ist immer begleitet von Silale, ihrem Securityguy, ein älterer, traditionsgekleideter Masai. Oftmals sind die als sehr vertrauenswürdig geltenden Masai Türsteher, Kassenbetreiber, Wach- oder Medizinmänner.
Josephine, 53ig, Mutter von vier Kindern, meine Hauseigentümerin. Power hat sie. Musikmusikmusik, Samstag und Sonntag Dartspielen oder die Kirchenbank betanzen. Sie mag Pflanzen, ihre sehr kahle Dünn-Rasta-Frisur und ein, zwei, drei Whiskeys durch den Tag. Sie tourt in Ostafrika für Erziehungs-/Aufklärungsprogramme umher. Ich merke, dass sie der Typ Mensch ist, der alles unternimmt, solange ihr Bart geschmeichelt wird. Unfähig für jegliche Kritik, hat sie dafür umbiegendes Reden zu eigenen Gunsten umso cleverer intus. Sie verlangte die Mieten für sechs Monate im Voraus. Auf Marys Rat dealte ich fünf aus. Meine stattliche Summe verspricht sie, in die Einrichtung des Häuschens zu investieren. Leere Worte. Nach sechs Wochen hängen zumindest eine Art schnell dahingefertigter Vorhänge und zu meiner Halbzeit Mwanza liegt eine Glasplatte auf dem Tisch. Was ich vehement als allerletzte Priorität begründete, war ein Kühlschrank. Zweifelsfrei ist das neue silberne Riesenungetüm einer! Ich nütze ihn als Küchenschrank (für eine handvoll abgekochte Trinkliter brauchts kein kostspieliger Stromverschleiss). Auch vorbildlich gilt Josephine im Telefon aufhängen und Türen knallen - meine Freundin bist und wirst du nicht.
Hendry, 28ig, Lehrer und Shave-Salonbesitzer. Momentan bildet er sich an der Universität St. Augustine (SAUTI) weiter. Er büffelt seit zwei Semestern in Mwanza. Sein Tribe kommt aus Moshi, aufgewachsen ist er in Dar. Sein erster eigener Laden eröffnete er im Village Kiseke, deshalb nächtigt er zeitweise bei seiner Schwester in einem der PPF-Häuser. Dorthin eine defekte alte 450er Honda stossend, begegneten wir uns. Mit Hendry rumzutouren, auszugehen und shoppen ist Fun. Die überaus starken Booster-PC-Speakers vom Onkel waren mit 8 Schweizerfranken mit Sicherheit unter dem Einkaufspreis berechnet. Es ist aufregend, mit Hendry, sowie auch mit seinen Studentenkollegen, ausgiebig über kontinentale Unterschiede zu diskutieren. Aufpassen muss ich nur, dass sich Hendry nicht endgültig in mich verknallt.
Manraj: 29ig, Inder in der dritten Generation Mwanza, Kettenraucher (wortwörtlich), wohl-habend (offensichtlich). Seine Familie sei eine der Reichsten in der Provinz Mwanza, steckte mir Mary. Manraj Clan fliegt jährlich nach Indien, steckt er mir – don‘t forget your roots. Diese hätte er unabhängig davon fast verloren. Keiner rechnete mehr damit, dass er bald seinen Dreissigsten