Flughafen Mwanza - 'The Rock-City'! Ich werde abgeholt. Wer wird es sein, wo werde ich logieren? In der Abenddämmerung wartet sie: Die strahlende Mary, eine Black-Power-Lady. Es funkt und plappert zwischen uns, als sind wir uns ewig vertraut. Sie staunt, dass ich für das Halbjahr einen einzigen Koffer mithabe. Auch Frau weiss sich manchmal bescheiden zu halten (wobei die Hälfte Mitbringsel&Co sind). Bevor wir losfahren, kauft Mary Prepay-Voucher von drei verschiedenen Konkurrenten. Finanziell sollte man den Erwünschten vom selbigen Anbieter aus anrufen. Manche Tanzanier besitzen deshalb zwei oder drei mobile Telefone – private Festtelefonie erfahre ich nirgends.
Wir fahren in dunkler Finsternis zum Christmas-Tree-Hotel (gelb, nicht grün gestrichen). Ich lerne William kennen, Geschäftsführer Kiroyeratours Bukoba, ein smilender, turbohintern eifriger Mann. Nsajigwa setzt sich zum Kennenlernen dazu. Er ist der erste Tourguide für Kiroyeratours in Mwanza - ausserdem der erste und wahrhaftig in meiner kompletten Zeit der einzige Mensch in Tanzania, der stinkt! Wir begleiten William zur Nachtfähre nach Bukoba. Dabei umfährt Mary im Citykern die einzige(!) Verkehrsampel. Geschäftiges Treiben am Pier. Vielleicht buche ich mal eine Kabine so à la Minikreuzfahrt. Beim Ablegen zeigen sich die Strassen um acht Uhr abends praktisch menschenleer. Ganzjährig stehen die Menschen bei Tagesanbruch auf und ruhen früh nach dem raschen Eindunkeln. Es ist angenehm, zeitlos entsprechend der Sonnenuhr zu leben.
Die ersten beiden Nächte soll ich im hellgetünchten Greenpark schlafen, dem Erstling von Guesthouse in Kiseke. Das Bett misst ausladend breit, das Bad blinkt sauber und an den Komfort von jederzeit-bereit-stehenden blauen oder roten Plastik-Flipflops (inklusive aller Alters- und Flickversionen) gewöhnt frau sich gerne. Die erste Nacht dauert allerdings kurz. Afrikaner kennen selten musikalische Sperrstunde, mit oder ohne Gäste. Geschlafen habe ich trotzdem erholsam. Am Morgen, draussen im Hof, schmeckt mein erstes Frühstück: Zwei vitaminlose öltriefende Chapati und ein heisser zuckriger Chai (Fladenbrot und gewürzter, milchgepulverter Tee).
Mary lädt ein und auf für die Monatssitzung der 'MTTF Mwanza Tourism Task Force'. Das Hotel Isamilo ist Gastgeber. Seltsamer Name, denke ich, heisst die Besitzerin Isa, ihr Kater Milo oder bedeutet es was in Suaheli? Weder noch, das Quartier heisst Isamilo. Von einem dieser steinbrockigen Hügel ‘entdeckte’ der Pionier Speke angeblich den Lake Victoria. Von welchem Fleck aus genau, das bleibt ein unwichtiges Rätsel. Hauptsache für die Mwanzaner, dass es bei ihnen geschah. John Hanning Speke (1827-1864) war Officer in der British Indian Army. Um die Nilquelle aufzuspüren, unternahm er drei Expeditionen in Afrika. 1856 stiess er an diesem Ort auf den Lake Victoria und war sich irrtümlicherweise des Zieles sicher. Enchanté, Mister Speke - die erste ‘Persönlichkeit’, der ich begegne.
Mit dem heutigen Monatsmeeting bin ich mitten drin und erlebe, wie die 'MTTF Mwanza Tourism Task Force' funktioniert. Hoteliers, Stadtverwaltung, Reiseveranstalter, private Personen, Künstler und Weitere bemühen sich, Mwanza touristentauglich zu kreieren. Es geschieht locker, die ersten Kontakte zu knüpfen. Zum Beispiel mit John Sombi. Der Schlangentänzer und Musiker hat nächste Woche eine Aufführung hier. Eva, Andy, Kathy, Fiona, James, Delphine, Joseph, Marianne, … (alle dreissig Namen zu wissen, darf warten). Zum heutigen Tagesschluss erlebe ich erfüllt den ersten Sonnenuntergang über dem Victoriasee - wunderfarbig warm golden!
Es ist spät. Neben ein paar Floskeln Suaheli lernte ich vorher ’Chipsi-Mayai’. Selbstbewusst bestelle ich folglich im Greenpark beim Freiluft-Kitchen-Corner eine Kartoffel-Omelett. Irgendwie will der junge Mann gar nicht verstehen, der strahlt mich nur unentwegt an. Haalloooo, meine Gesten sprechen Bände! Ich grinse. Chakula, Mahlzeit. Eine Big-Mama-auf-Chapati-Take-Away-Durchweg vermittelt. Er begegne zum erstem Mal life einer Mzungu … Danke, ich will trotzdem was Essen. Supu, Rice, Chipsi? Egal was, was Rasches, irgendwie vergassen wir zu Essen heute & ich bin müde. Ndjyo, ja, er werde mir kochen – endlich! Wartend, mache ich es mir mit Buch, Trinkwasser und Moskitospray bequem wie möglich auf dem roten Gartenplastikstuhl.
Ich warte, und warte, … und warte.
Ich warte. Himmelsfeld, müssen die Kartoffeln erst gepflanzt und die Eier gelegt werden? Eine halbe Stunde, eine Stunde, eineinhalb Stunden. Irgendwie mag ich nicht Nachhaken, möchte nur gerne ins Bett trollen. Die Lektüre lenkt vom Magenknurren und den Stechmücken ab. Auch Alisha leistet kurz Gesellschaft; hübsch, die junge Kellnerin mit dem pagengeschnittenen Kunsthaar. Mit ihrem einzigen englischen Vokabular umschmeichelt sie: „I love you“. Die Crew wird zusammengerufen - zum Essen! Wie bitte, die kriegen was, wo bleibt mein Diner? Der Kellner schlendert vergnügt in meine Richtung. Chipsi-Mayai, endlich. Oh, aber was ist das? 'Kuku'! Ein ganzes halbes Huhn! Alles klar, das musste zuerst geschlachtet und gerupft werden!
Tagsdarauf ziehe ich ein, ins Häuschen Nummer 255. Chapati wird es selten zum Frühstück geben, Lunch bleibt Tagesprogramm abhängig und das Abendessen bei Mary vorprogrammiert. Die frischen Lebensmittel ergattere ich zum fröhlichen Gelächter der Frauen an den kleinen Markständen im Village. Weder Kosten noch Zahlen sind mir in Suhaeli bekannt. Ich werde überraschend feststellen, dass sie die lokalen Preise verlangen. Auf Mzungu-Profitgedanken sind diese feinen Menschen in Kiseke (noch) nicht aus. Wir verständigen uns mit Gesten oder ‘schriftlich’. Dazu gebrauchen wir weder Stift noch Papier, sondern unsere Mobiles. Mein zukünftig Frühstück-Gebrutzeltes besteht lecker aus Kochbananen salzig oder süss, (Honig-)Bananen, Rührei oder einer Schoko-, Milchpulvershake-Bombe, dazu tiefrote Tomaten und saftiggelbe Ananas.
Mein Häuschen
Einfach nett & goldig ... Ende April
Einfach nett & goldig... Zurück zum nächtlichen Überraschungs-Swimmingpool. Mein Häuschen strahlt repariert blitzeblanke, dafür gib es zwei Tage lang keinen Strom. Am dritten Morgen stoppt wiederum das Wasser, wo ich mitten meiner Dusche bin! Himmel! Nein, es bleibt trocken von oben. Also vollständig aufgeschäumt eingeseift (please, nichts in die Augen), heisst es vorsichtig auf dem Fliessenboden in die Küche, wasserschnapp, tapptapp retour und mit der einzigen Petflasche Shampoo&Seife rausbringen, eine Meisterleistung! Ein wasserreicher Folgetag. Ich koche den Morgenkaffee, ehm, möchte diesen kochen… Ich drehe den Küchenhahn auf, sssspppffsschhhhh!, knallt‘s den weg! Eine filmreife Wasserfontaine lässt mächtig Dampf ab. Ich, eine Lachhundertselschreckenssekunde mit dem aufgefangenen Hahnenknopf in der Hand, versuche diesen an seinen Platz zu drücken – no chance – zu starker Wasserdruck! Was mache ich jetzt? Ohhooo. Stehe ich schwertropfend klitschnass breitbeinig da und klemme handlings das Wasser ab - bis vielleicht per-äxgüsi Irgendjemand vor meinem Küchenfenster vorbeiläuft? Dieser Wasserstrahl, ich entleere den Viktoriasee, Himmelgrummel! Grinsknurz, ich werde das doofe Teil draufkriegen… Erscheint wirklich Keiner da draussen? Gosh... Geistesgedankenblitz, der kleine rote Drehhahn in der Erde da draussen an der Wand könnte zur Wasserleitung gehören. Et voilà! Es schletzt mich ums Eck driftend auf dem Plättliboden knapp am Hintern vorbei, doch zumindest hört es auf! Wenigstens aus dem Hahnenteil. Rundum, von den Wänden, von der Diele tropft es unablässig. Nun bin ich ein begossener Pudel mit Lachanfall. Erneute Wasserpause. Es dauert zwei Tage, bis ein Fundi repariert. Dafür gibt’s ein - wenn auch knapp zu kurzes - Hähnchen in Gold!
Mary is back. Wir fahren in unsere City. Es steht eine Sitzung an für das erste öffentliche Büro ’Info Tourismus Office’ von Mwanza. Mary kämpfte eineinhalb Jahre für den Standort. Die behördliche Bewilligung flog ein. Das Gebäude liegt perfekt eingangs Stadt zwischen der bekannten Ghandi-Hall und der auch bekannten, jedoch mittelminderbeschäftigten Feuerwehr. Der Raum stand lange leer, bzw. wird als ‘Altpapierlager’ missbraucht. Der Standort wird uns für vorerst 18 Monate zugesprochen,