Coronagangster. Alex Mann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alex Mann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754171295
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Ranken überwucherten gusseisernen Zaun entlang ging, der das Grundstück umgab. Von außen machte die Villa einen etwas heruntergekommenen Eindruck. Die Fenster waren mal erneuert worden, aber es fehlte an frischer Farbe, der Putz bröckelte an einigen Stellen. Der Garten war ungepflegt, das Gras stand hoch und fing an zu vertrocknen, da es bereits seit mehreren Tagen nicht mehr geregnet hatte. Es hätte Jascha keine Mühe gekostet, dass alles mit einem Gärtner und einer Hausfrau auf Vordermann zu bringen. Doch ihm gefiel es so. Er war es von zu Hause nicht anders gewohnt, wo man Häuser bewohnte und nicht ständig renovierte. Allenfalls verbesserte man sie durch den Kauf eines moderneren Kühlschranks oder eines größeren und besseren Fernsehers.

      Mirko hörte das Planschen von Wasser und als er vor der gusseisernen Gittertür neben dem Tor stand, erkannte er ein halbes Dutzend Kinder in Badesachen, die um einen großen, aquablauen Pool herumsprangen, der in dem unkrautüberwucherten Garten mit Blick auf den Fluss aufgebaut war. Mirko drückte auf die elektrische Klingel, auf der mit Kugelschreiber ROBAKIDSE geschrieben stand, und wartete. Als das elektrische Surren ertönte, welches die ganze Gittertür unter Strom zu setzen schien, stieß er vorsichtig mit seinem Fuß dagegen. Die Tür schwang auf und Mirko ging, leicht nervös durch den Garten.

      Am hinteren Ende des Hauses befand sich eine großzügige Veranda, von der aus die Bauherren ebenso wie der neue Besitzer den Blick auf die Elbe genossen. Etliche Radfahrer zogen am Flussufer entlang. Nur Dampfer waren seit einer Weile keine mehr zu sehen, denn auch die Weiße Flotte hatte pandemiebedingt ihren Betrieb einstellen müssen und das, obwohl der Fluss ausreichend Wasser führte, was durchaus nicht in all den letzten Jahren der Fall gewesen war.

      Auf der Veranda stand ein Campingtisch der billigsten Sorte, umgeben von drei weißen Plastikstühlen. Ein kleines Radio stand in einem Fensterrahmen und spielte Ostrock. Jascha Robakidse saß mit einer aufgeschlagenen Zeitung in der Hand in einem der Stühle. Er trug eine grüne Badehose, deren Bund von seinem herabhängenden Bauch verdeckt wurde, denn zumindest seiner Körperfühle konnte man den Wohlstand ein wenig ansehen. Jascha war nicht sehr groß. Als junger Kerl musste er einmal recht ansehnlich gewesen sein, doch davon war nicht mehr viel übrig geblieben. Sein schütteres weißes Haar war streng nach hinten gekämmt. Die große Hakennase war das Einzige, was in seinem sonst etwas eingefallen wirkenden Gesicht noch die Form gewahrt hatte. Er trug eine Steve McQueen Sonnenbrille, die wohl jedermann gestanden hätte, nur nicht ihm und die er sich jetzt von der Nase zog, als Mirko die drei Stufen zur Veranda erklomm.

      „Mirko, mein Bester“, sagte Jascha gut gelaunt und wies auf einen der Plastikstühle. „Setz dich. Willst du was trinken? Einen Eistee?“

      „Sehr gern“, sagte Mirko und setzte sich.

      Jascha wandte den Kopf um und schrie durch die geöffnete Flügeltür ins Innere des Hauses: „Daria, bring mal noch ein Glas raus. Und einen Aschenbecher.“ Dann wandte er sich wieder Mirko zu. „Rauch ruhig eine. Dir erlaube ich das.“

      Mirko nickte dankend. Jascha erlaubte es durchaus nicht allen seinen Gästen auf seiner Veranda oder gar in seinem Haus zu rauchen und es war ein Zeichen der Wertschätzung für Mirkos Arbeit, welches ihm zumindest ein bisschen die Angst nahm.

      Als er sich eine Zigarette anzündete, erschien eine Frau von Mitte dreißig in einem weiten geblümten Sommerkleid, welches die wenigen kleinen Rundungen geschickt verdeckte, die sie nach sechs Schwangerschaften an Bauch, Hüfte und Hintern angesetzt hatte. Dennoch war Daria immer noch eine viel zu schöne Frau für einen hässlichen Mann, wie Jascha einer war und es war offensichtlich, das Geld die Grundlage dieser Ehe bildete. Allerdings musste man es Jascha zugutehalten, dass seine liebevolle Art als Ehemann und Vater durchaus dazu beigetragen hatte, den Respekt, den Daria ursprünglich nur seinem Geld entgegengebrachte, auch auf ihn übergehen zu lassen.

      Sie begrüßte Mirko mit einem Lächeln, stellte den Aschenbecher neben ihm ab und füllte das Glas aus der bereits bereitstehenden Karaffe mit Eistee, ehe sie wieder im Haus verschwand.

      Jascha sah ihr zufrieden hinterher und wandte sich dann Mirko zu, der schnell einen Schluck Eistee nahm.

      „Und, hat der kleine Hipster geweint, als du ihm die Finger gebrochen hast?“, fragte er mit einem vorfreudigen Lächeln. Obwohl Jascha sehr vielen Leuten Geld verlieh und bei weitem nicht mit allen persönliche Bekanntschaft machte, wusste er doch sehr genau über sie Bescheid. „Oder hat er irgendwoher Geld beschafft?“

      „Weder noch“, sagte Mirko bedächtig und zog hastig an seiner Zigarette, weil er eine Reaktion abwarten wollte und auch immer noch nicht richtig wusste, wie er sagen sollte, was er zu sagen hatte.

      Doch zu seiner Überraschung und Verwunderung bestand Jaschas einzige Reaktion darin, die rechte Augenbraue hochzuziehen und als Mirko einen weiteren Schluck Eistee nahm, um die sich ausbreitende Trockenheit in seinem Rachen zu bekämpfen, deutete er mit einer drehenden Bewegung der rechten Hand an, dass er doch endlich fortfahren solle.

      „Er hat kein Geld und wenn ich ihm die Finger breche, hat er nächste Woche auch noch keins“, sagte Mirko langsam, woraufhin sich Jaschas Gesicht verfinsterte.

      „Ja, solche Typen gibt es“, sagte der Gangsterboss. „Bei manchen geht die Kohle verloren. Das heißt aber nicht, dass wir ihnen nicht trotzdem die Knochen brechen.“

      „Wenn du das willst, fahre ich gleich wieder los und hole das nach. Allerdings hatte Sebastian zwei gute Vorschläge, die dir ordentlich Geld einbringen können und mit denen er seine Schulden begleichen will.“

      Jascha beugte sich ein wenig über den Tisch und stützte sich auf seinen linken Unterarm. „Mirko, wenn ich Geschäfte mit dem kleinen Hipster machen wollte, hätte ich meinen Buchmacher hingeschickt. Aber mit solchen Typen macht man keine Geschäfte. Man bricht ihnen die Knochen und holt aus ihnen heraus, was geht, denn zu mehr taugen sie einfach nicht. Der kleine Penner ist ein Versager.“ Er machte eine kurze Pause. „Und er ist dir auf der Nase herumgetanzt.“

      Mirko straffte sich ein wenig im Versuch, Selbstvertrauen zurückzugewinnen. „Vielleicht. Aber für mich haben sich seine Vorschläge gar nicht mal so dumm angehört, weswegen ich mich dazu entschieden habe, dir erst davon zu erzählen, ehe ich das mache, was wir immer machen, was uns aber letztlich kein Geld einbringen wird.“

      „Na dann schieß mal los“, sagte Jascha seufzend und lehnte sich wenig hoffnungsvoll in seinem Stuhl zurück, wobei er die Arme über dem dicken weißen Bauch verschränkte.

      „Also zum Einen wohnen bei ihm im Haus haufenweise Studenten, denen er wohl schon ab und zu mal was von seinem Stoff vertickt hat.“

      „Du meinst wohl meinen Stoff, denn er hat ihn ja nicht bezahlt.“

      „Das ist doch genau der Punkt. In dem Haus gibt es einen Markt und den hat er schon erschlossen. Wir müssen ihn nur mit mehr Stoff versorgen und er vertickt ihn weiter an diese Studenten. Na und die haben doch ihre eigenen Netzwerke. Es wird nicht bei dem Haus bleiben. Studenten haben Geld, selbst jetzt und so kommen wir in einen Markt rein, in den wir schon lange rein wollten.“

      „Auf dem die Tschechen und die Italiener ihre Hände haben.“ Jascha rieb sich nachdenklich das Kinn. „Gerade zu diesen Zeiten werden die bestimmt nicht vor Freude in die Luft springen, wenn denen da jemand Konkurrenz macht.“

      „Das kann schon sein, aber wie sollen die das herausbekommen? Ich meine, Seb stellt sich ja nicht irgendwo auf die Straße, er macht es von zu Hause aus. Die Tschechen und die Ithaker werden es gar nicht mitbekommen und wenn doch, dann können wir immer noch behaupten, dass Sebastian sein eigenes Ding durchgezogen hat.“

      Wenig überzeugt wog Jascha den Kopf hin und her. „Ganz schlecht ist die Idee nicht. Ich werde eine Nacht darüber schlafen. Und der zweite Vorschlag?“

      „Er hat da so ´n Kumpel, der ´n Diner betreibt, das Arizona. Wie alle in dem Geschäft steht ihm das Wasser gerade bis zum Hals. Er hat Schulden bei der Bank, die er nicht zurückzahlen kann, weswegen es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sie ihm den Laden wegnehmen. Sebastian meinte, du könntest ihm das Geld leihen und dann, wenn er es dir nicht zurückzahlen kann, den Laden übernehmen.“

      Jascha