„Okay, okay“, kam er schließlich darunter wieder hervor, nachdem es ihm zu stickig geworden war. „Bon alors“, setzte er sich dann aufrecht hin und schenkte Lafayette seine ganze Aufmerksamkeit. „Worüber reden wir?“ „Wein, Weib, nur ohne Gesang.“ „Und ohne Wein“, hob Haydn den Finger. „Wein im Flugzeug ist meist ungenießbar.“ „Huh, das schränkt das Gesprächsthema aber sehr ein.“ „Du wolltest sowieso nur von Weibern reden“, zuckte ein amüsiertes Lächeln um Haydns Mundwinkel. „Ich kenn dich ja.“ „Dabei war ich so subtil“, schnippte Lafayette und grinste dann. „Aber gut, wenn du unbedingt über Frauen reden willst…“ „Ich kann auch über Männer reden“, zuckte Haydn mit den Schultern und zog eine Schnute, dass Lafayette ihm einen Klaps gab. „Ah“, wich Haydn zurück. „Schädelhirntrauma.“ Gut, dass er so gelenkig war, so schaffte er es, im beengten Flieger nach seinem besten Freund zu treten. „Alles in Ordnung?“, beugte sich einer der Flugbegleiter zu ihnen und die beiden jungen Männer sanken auf der Stelle auf ihre Plätze zurück. „Ja“, zog Haydn seinen Kragen zurecht. „Ja, alles in Ordnung.“ Der Flugbegleiter nickte und verließ sie wieder. Haydn kletterte auf seinen Sitz und sah ihm nach. Lafayette packte ihn am Gürtel und zog ihn wieder herunter. „Assieds-toi, toutou!“ „Wuff!“, hechelte Haydn grinsend und schüttelte sich dann. „Sind wir jetzt wieder ein Mensch?“, fragte Lafayette etwas skeptisch und Haydn nickte artig. „Oui. Pardon.“ „Der Junge ist auch wirklich nichts für dich.“ „Oui, oui, j’ai compris“, zupfte Haydn an seinen Ärmeln und richtete sich dann auf. „D’accord. Reden wir über Frauen. Ich kann mir unerfreulichere Themen vorstellen, um die Stunden im Flieger totzuschlagen.“ „Hättest du dir je träumen lassen“, lehnte Lafayette sich zurück und versuchte seine langen Beine von sich zu strecken, was selbst in der ersten Klasse schwierig war, „damals, als wir auf diesem klapprigen Motorrad durch Südamerika gekurvt sind, dass wir mal erster Klasse fliegen würden?“ Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und gab ein zufriedenes Glucksen von sich. Haydn musterte ihn mit einem belustigten Blick und nickte dann. „Absolut. Es hatte nun doch wirklich alles darauf hingedeutet.“ „Na ja, du hättest immer noch Haubenkoch werden können – oder Maler.“ „Ja, Fassadenmaler. – Und du wärst ein genialer Mathematiker geworden.“ „Wahrscheinlich wäre ich Lehrer geworden und in einer Schule verendet.“ Haydn knackte mit seinen Fingern und wiegte den Kopf hin und her. „Es gibt traurigere Berufe. Ich glaube, du wärst ein ganz anständiger Lehrer. Denk daran, wie du mich ständig belehrst.“ „Ja, aber mit schwankendem Erfolg“, grinste Lafayette und Haydn beugte sich nach vor, um den Kopf auf seine Schulter zu betten. „Je suis très, très désolé. Aber ich war eben noch nie ein guter Schüler.“ „Außer wenn es um Sex geht“, tätschelte Lafayette seinen Kopf und schob ihn dann von sich. „Nein“, ließ Haydn sich zurückfallen. „Da bin ich längst zum Lehrmeister graduiert.“
„Und jetzt mal was zum eigentlichen Thema“, streckte Lafayette seine müden Glieder und verschränkte die Hände auf dem Bauch. Haydn nickte und rückte sich in seinem Sitz zurecht, soweit es möglich war. „Okay.“ „Was hältst du eigentlich von Layla?“ „Du meinst von deiner Langzeitfreundin?“ „Nein, dem Song von Eric Clapton.“ „Ich dachte, du wolltest über Weiber reden, nicht über Gesang.“ Für eine Sekunde sah Lafayette so aus, als würde er seinem Sitznachbar jeden Moment die Kehle durchschneiden, dann ignorierte er den Einwand. „So als Frau und als Partnerin.“ „Bist du sicher, dass du mich das fragen willst?“ „Ja.“ „Mich?“ „Du hast doch wohl eine Meinung dazu?“ „Natürlich habe ich eine Meinung dazu. Trotzdem finde ich, ich bin nicht unbedingt die best-qualifizierteste Person auf diesem Gebiet.“ „Aber du bist mein bester Freund und du kennst Layla besser als meine anderen Freunde.“ „Das hoffe ich für dich.“ „Das weiß ich. – Also?“ „Nun, ich mag sie.“ „Das weiß ich auch.“ „Ja“, stutzte Haydn, „aber was willst du denn dann von mir hören?“ „Was du von ihr hältst. Als Frau, als Freundin…“ „Als Ehefrau?“ Ein zartes Rot stahl sich auf Lafayettes Wangen, war aber wieder verschwunden, bevor es die meisten bemerkt hätten. Aber Haydn war nun mal nicht die Meisten. „Denkst du ernsthaft darüber nach, jemanden zu heiraten, mit dem du eine offene Beziehung führst? Wozu der Aufwand?“ „Gut“, verschränkte Lafayette die Arme vor der Brust und schob die Unterlippe leicht nach vor. „Damit ist das Gespräch auch schon an seinem Ende angelangt.“ „Was meinst du damit?“ Er stand auf und schob sich auf den Gang hinaus. „Was meinst du damit?“, kniete Haydn sich auf seinen Sitz und versuchte ihn festzuhalten, doch er entwischte und Haydn sprang auf. „Ey, Roche!“, folgte er ihm den Gang hinunter zu den Toiletten. „Was…?“ Zuerst fiel ihnen gar nicht auf, dass sie beide in der winzigen Kabine standen, dann sahen sie sich um und fingen beide an zu lachen. „Wären wir jetzt in einem Film müssten wir so tun, als würden wir Sex haben.“ „Komm, Roche“, nahm Haydn ihn an der Hand und führte ihn zu ihren Plätzen zurück. „Wir beide brauchen was zu trinken.“
„Die Sache ist nur die, Teddybär“, nahm Lafayette sein Glas entgegen und reichte das zweite an Haydn weiter. „Ich meine, Layla und ich sind seit sieben Jahren zusammen. Das muss doch was heißen.“ „Lafayette, tut mir leid“, stellte Haydn sein Glas in die Ausbuchtung seiner Armlehne. „Ich hab das nicht so gemeint. Layla ist ein tolles Mädchen und ihr beide schafft es offensichtlich nicht andere Partner zu finden, also denke ich, ihr seid wohl irgendwie füreinander bestimmt. Außerdem habe ich immer gesagt, dass ich mir das für euch wünsche.“ „Aber du glaubst nicht daran?“ „Ich glaube nicht daran, dass Menschen tatsächlich ihr Leben miteinander verbringen sollten, das ist ein Unterschied. Manche können es, aber ich würde mich damit nicht zufrieden geben.“ „Also denkst du, es wäre eine bequeme Lösung?“ „Hör mal, Lay“, nahm er einen großen Schluck und fing dann einen der Eiswürfel aus dem Glas. „Ich finde“, nahm er ihn in den Mund. „Ich finde…“ „Tust du das, um um eine Antwort herumzukommen?“, beobachtete Lafayette ihn dabei und Haydn schloss den Mund, und ließ den Würfel zerlaufen. „Ich finde nur, ich sollte mich nicht in deine Beziehung einmischen“, schluckte er. „Es geht mich nichts an, wie andere ihr Leben leben wollen und ich werde dir sicherlich nicht meine Sicht der Dinge aufzwingen.“
„Weißt du, was mich ehrlich erschreckt?“, nahm Lafayette nun sein Glas und sah dadurch hindurch, was sein Gegenüber leicht verzerrt erscheinen ließ. „Schlangen?“ Lafayette ignoerte diesen Einwurf gekonnt und stellte das Glas wieder ab. „Dass selbst ich dich manchmal nicht durchschauen kann.“ „Qu'est-ce que tu veux dire avec ça?“ „Du hast gar keine so schlechte Meinung von Beziehungen wie du immer tust.“ „Wer hat das behauptet?“, sah Haydn hektisch um sich und Lafayette schüttelte den Kopf. „Ich glaube sogar, tief drinnen bist du ein Beziehungsjunkie. Du labst dich an Beziehungen anderer.“ „Oh, ach so!“, wischte er sich den imaginären Schweiß von der Stirn. „Ich dachte schon, ich hätte was Ernstes.“ „Das ist was Ernstes.“ „Hey, ich mische mich nicht in deine Beziehung und du mischst dich nicht in meine Affären.“
„Ich stelle mir ja momentan eigentlich nur eine Frage…“ „Ja, bitte?“ „Wieso trägt Léa deinen Ring?“ „Meinen Ring?“, sah Haydn auf seine Hände hinunter. „Ich trage meinen Ring.“ „Du trägst Léas Ring“, zeigte Lafayette darauf. „Ich trage vier Ringe“, drehte Haydn seine Hände hin und her. „Aber sie trägt dein Baby.“ „Wie kommen wir jetzt von Ring auf Baby?“ „Weil die zwei Dinge zusammenhängen – vermute ich.“ „Hast du wieder Sherlock Holmes gelesen?“ „Nein, den Film gesehen.“ „Und darin geht es zufällig darum, wie man aus Ringen und Babys Schlussfolgerungen zieht?“ „Hast du ihn gesehen?“ „Nein.“ „Dann ja.“ „Sehr witzig.“ „Erstens hab ich Augen im Kopf und zweitens rede ich mich Leuten.“ „Welchen