Die Asyl-Industrie hat aber trotz dieser erschreckenden Zahlen keinen Verdruss, die Integration der Flüchtlinge als eine leicht zu schulternde finanzielle Mehraufwendung zu betrachten.
„Flüchtlinge werden in Deutschland mit Vorurteilen überhäuft. Oftmals heißt es, sie würden den Deutschen die Arbeitsplätze einnehmen und Milliarden von Euro verschwenden. Doch die Wahrheit sieht anders aus.
Nur 0,9 Prozent aller Asylbewerber haben einen Vollzeitjob. Asylbewerber dürfen sich erst nach drei Monaten in Deutschland auf Jobsuche machen. Die Ausländerbehörde sowie die Arbeitsagentur müssen einer Beschäftigung immer zustimmen. Asylbewerber können einem Deutschen also nicht einfach so den Job wegschnappen.
Jedem Flüchtling stehen fünf Euro Taschengeld am Tag zu. Sie kommen im Monat also auf rund 140 Euro. Ihnen steht damit nicht wie oft vermutet, mehr Geld als einem Hartz-IV-Empfänger zur Verfügung. Bei Flüchtlingskindern sind es sogar noch einmal deutlich weniger Euro.
Bund, Länder sowie Gemeinden haben 2015 von Januar bis Juli einen Rekordüberschuss von 21,1 Milliarden Euro erzielt. Nun will der Staat bis zu zehn Milliarden Euro des Geldes zur Unterstützung der Flüchtlinge nutzen. Bleiben also noch mehr als elf Millionen Euro übrig.
Die in Deutschland lebenden Ausländer haben zudem die Sozialkassen in einem Jahr um 22 Milliarden Euro entlastet. Denn jeder ohne deutschen Pass zahlte 3300 Euro mehr an Steuern und Sozialabgaben, als er vom Staat bekommen hat.
In Deutschland sind aktuell mehr als 37.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Viele Unternehmen wollen daher unbedingt Asylbewerber einstellen. Und das ist auch gut so. Denn ohne Zuwanderung würde sich das Arbeitskräfteangebot in den kommenden Jahren um 6.500.000 Menschen verringern.“[9]
Viele Ökonomen stehen diesem Schönrechnen aber skeptisch gegenüber. Im Gegenteil halten mittlerweile viele Experten die Belastung, die von den Flüchtlingen für die öffentlichen Kassen ausgeht, für überbordend und kaum schulterbar.
„Deutschland rechnet in diesen ersten Novembertagen, und es rechnet sich arm. Die Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen lässt nach, die Zahl der Bedenkenträger steigt. Das Versprechen der Kanzlerin "Wir schaffen das" wird selbst von Wohlmeinenden ergänzt durch ein: "Aber es wird sehr teuer".
Obwohl alles im Fluss ist, meinen manche Experten, ganz genau zu wissen, wie die Bilanz des Flüchtlingsjahres 2015 aussehen wird. Auffällig ist, dass vor allem die Kosten in Rechnung gestellt werden, von den Wohlstandsgewinnen für Deutschland ist kaum die Rede.
Was man sagen kann: Bei den offiziell veranschlagten 800 000 Flüchtlingen wird es nicht bleiben, bis Ende Oktober wurden bereits 758 000 Ankömmlinge registriert. So viele Leute unterzubringen, sie zu versorgen, gar zu integrieren, wird Milliarden kosten. Nur wie viele? … Das hängt von zu vielen Unbekannten ab, um es auch nur annähernd angeben zu können: Wie viele Menschen werden noch kommen? Wie viele werden bleiben? Wie lange ziehen sich die Asylverfahren hin? Wie werden sich die Maßnahmen auswirken, auf die sich die Berliner Koalitionsspitzen am Donnerstag geeinigt haben?
Für Unterbringung, Versorgung und Taschengeld, für Bewachung, Betreuung und Verwaltung eines jeden Asylbewerbers rechnen die Bundesländer mit Kosten von 1000Euro pro Monat. Je nach Zahl der Zufluchtssuchenden und Dauer der Verfahren liegen die Kalkulationen bei Beträgen zwischen sechs und 15 Milliarden Euro für dieses und auch nächstes Jahr.
Schon befürchten Skeptiker, dass die "schwarze Null" des Bundeshaushalts 2015ein letztes Hurra war und der Staat sich wieder in die Neuverschuldung flüchten oder, schlimmer noch, Steuern erhöhen könnte. Andere, wie der Deutsche Städtetag, halten die Milliarden-Belastungen angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen für "fiskalisch verkraftbar".
Noch nicht eingerechnet in die Kalkulationen sind freilich die Ausgaben für jene Menschen, die - erst einmal als Flüchtlinge anerkannt - in Deutschland bleiben werden. So gehen die Wirtschaftsforscher des Berliner Instituts DIW in einer neuen Studie davon aus, dass mindestens die Hälfte, womöglich sogar zwei Drittel der anerkannten Flüchtlinge selbst nach zwei bis fünf Jahren keine Beschäftigung finden und auf Sozialleistungen angewiesen sein werden.“[10]
Es wird immer wieder behauptet, dass noch nie so viele Steuereinnahmen geflossen sind, wie in den letzten Jahren. Der Normalbürger fragt sich dann nur, wer denn in diesem Land so viel Steuern zahlen kann. Und warum die Kassen jetzt so voll sind?
Es gibt in Deutschland nämlich nur sehr wenige Menschen, die mit den Steuern den Staatshaushalt konsolidieren.
„Der deutsche Fiskus steuert auf ein weiteres Rekordjahr zu. Die Steuereinnahmen im September stützen die Erwartung konjunkturbedingter Mehreinnahmen von Bund und Ländern. Sie sind im vergangenen Monat um 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen. Das geht aus den Zahlen hervor, die das Bundesfinanzministerium an diesem Donnerstag veröffentlichen wird und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegen. Der Zuwachs bewegt sich zwar nur im Rahmen der Erwartung, aber über die ersten neun Monate hat sich insgesamt ein beachtliches Plus aufgebaut. „Vom ersten bis zum dritten Quartal des Jahres stieg das Steueraufkommen insgesamt (ohne reine Gemeindesteuern) um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum“, heißt es.
Der September gilt als wichtiger Monat für den Fiskus. Dann sind Vorauszahlungen von Unternehmen und Selbständigen fällig. Außerdem sind es die letzten Ist-Zahlen vor der Steuerschätzung Anfang November. Dieses Mal beraten die Fachleute in Nürnberg über die neue Prognose bis 2020. Die Mitglieder des Steuerschätzarbeitskreises diskutieren über die Werte für jede Steuer, bis ein Konsens erreicht worden ist. Am 5. November wird das Ergebnis bekanntgegeben. Es ist Grundlage für die Finanzplanung von Bund und Ländern. In der aktuellen Flüchtlingskrise können sie jeden Cent zusätzlich dringend gebrauchen.
Die Finanzminister können sich Hoffnungen machen. „Die Mehreinnahmen im laufenden Jahr dürften sich auf 5 Milliarden belaufen“, sagte der Finanzwissenschaftler Alfred Boss, der lange an den Steuerschätzungen mitgearbeitet hat, der F.A.Z.. Nach den Eckdaten sei auch auf mittlere Sicht ein höheres Aufkommen zu erwarten. Doch müsse berücksichtigt werden, dass es Steueränderungen wie die Erhöhung des Grundfreibetrags gegeben haben. Dies müsse gegengerechnet werden.“[11]
Wenn man sich dann aber einmal das Verhältnis ansieht, das die potenten Steuerzahler von den weniger solventen Steuerzahlern trennt, stößt man auf einiges Gefälle im sozialen Gefüge.
„Die Vermögen in Deutschland sind zunehmend ungleich verteilt. Zehn Prozent der Haushalte verfügten einem Zeitungsbericht zufolge über mehr als die Hälfte des Nettovermögens. Über lediglich ein Prozent verfügten dagegen die unteren 50 Prozent der Haushalte.
Die Kluft zwischen Arm und Reich wird auch in Deutschland immer größer. Im Jahr 2013 verfügten zehn Prozent der Haushalte über 51,9 Prozent des Nettovermögens, wie die "Passauer Presse" unter Berufung auf Zahlen des Bundessozialministeriums berichtete. 15 Jahre zuvor waren es dagegen noch 45,1 Prozent. Nur über ein Prozent des Vermögens verfügten dagegen die unteren 50 Prozent der Haushalte im Jahr 2013. 1998 waren es noch 2,9 Prozent.
Die Zahlen sollen in den neuen Armuts- und Reichtumsbericht eingehen. Grundlage ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die alle fünf Jahre erhoben wird.“[12]
Wenn man sich gar die Umverteilung und Verteilung weltweit ansieht, ist dieses Gefälle noch höher.
„Oligarchen, Ölscheichs oder Milliardenerben: Die 62 reichsten Menschen der Erde besitzen laut einer Studie der internationalen Hilfsorganisation Oxfam mittlerweile "genauso viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung". Vor einem Jahr habe dies noch dem Vermögen der 80 Reichsten entsprochen.
Fast überall nehme die soziale Ungleichheit dramatisch zu, beklagte Oxfam in einer nun veröffentlichten Untersuchung. Zu den Ursachen gehören nach Ansicht der Autoren eine völlig unzureichende Besteuerung großer Vermögen und Kapitalgewinne sowie die anhaltende Verschiebung von Profiten in Steueroasen.“[13]