"Junge oder Mädchen?", fragte ich dann ruhig weiter, wobei Cathy mit den Schultern zuckte. "Ich weiß es nicht. So viel hat meine Quelle dann doch nicht herausgefunden. Wir werden es morgen schon sehen. Ich bin irgendwie aufgeregt. Du etwa nicht?"
"Doch, doch. Schon." Es war gelogen, weil mir der Neuling egal war. Es war viel interessanter herauszufinden, wer du warst.
"Das hört sich aber nicht so an." Cathy sah mich schräg von der Seite an, wobei ich sie nur kurz anlächelte. "Doch, wirklich. Aber es gibt Dinge, die wichtiger sind als das."
"Und die wären?" Das war ja wieder so typisch für sie. Sie interessierte sich immer schon für den neusten Tratsch und das würde wohl nie anders werden, wodurch ich sie geheimnisvoll anlächelte. "Das verrate ich dir nicht."
"SEBASTIAN! Das ist gemein!", fuhr sie auf, doch ich begann nur zu lachen und versteckte mich dann hinter meinem Eis, während sie zu schmollen begann.
Der restliche Tag verging ereignislos. Cathy schmollte weiter, wobei ich nicht darauf ansprang, ihre Laune doch noch irgendwie zu heben. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, dass ich irgendwo eine Spur von dir ausmachen konnte. Aber dies war nicht mit Erfolg gekrönt gewesen.
Wodurch ich mich schließlich am Abend von meiner Freundin verabschiedete, um dann nach Hause zu gehen. Dort angekommen, erwartete mich meine Familie schon zum Essen.
Auf dieses Zusammensein hatte ich gerade nicht wirklich Lust, doch ich wusste, dass es nur dumme Fragen geben würde, wenn ich mich jetzt ohne vernünftigen Grund zurückzog.
"Na, Sebastian? Wie war der Film?" Meine kleine Schwester erschien vor meinem Gesicht, als ich gerade ein paar Teller aus dem Schrank holte, wobei ich sie nur flüchtig anlächelte: "Zu blutig für dich. Also, brauchst du auch nicht mehr zu erfahren."
Sofort zog sie einen Schmollmund. Anscheinend war das heute meine Aufgabe: Alle Frauen zum Schmollen zu bringen.
Ich musste darüber schmunzeln, wobei ich mich dann an den Tisch setze und mit meiner Familie aß. Wir redeten über belanglose Dinge. Und es half mir sogar, dass ich mich ein wenig von dir ablenken konnte. Doch schon löste sich die Runde auf und ich ging in mein Zimmer.
Dort war ich leider nicht mehr davor bewahrt, an dich zu denken. Ich verstand nicht, wie ein Mann mich so sehr verzaubern konnte, dass ich in jeder freien Minute an ihn dachte.
Ein Seufzer stahl sich über meine Lippen und ich nahm schließlich an meinem Schreibtisch Platz. Wollte einfach nur noch etwas lernen. Auch wenn es nicht ging. So versuchte ich es. Bis ich dann irgendwann über den Heften einschlief.
Es war der Wecker, der mich schließlich aus meinem unbequemen Schlaf holte, wobei ich murrte und nur noch kurz das Bild eines roten Blitzes verspürte, bevor der Schlaf mich endlich losließ und ich das Piepen ausschalten konnte.
Mein Nacken und Rücken war verspannt, wodurch ich mich erst einmal streckte, damit diese Körperpartien wieder etwas an Gefühl und Geschmeidigkeit gewannen.
Ich gähnte, denn auch wenn ich recht fest geschlafen hatte, erholsam war er irgendwie nicht in dieser Position gewesen. Ich sah nach draußen. Erneut würde es ein warmer Tag werden, wodurch ich mir träge durch die Haare strich, stand dann auf und ging ins Bad, um kurz zu duschen und mich fertig zu machen, bevor ich nach unten ging, um dort zu frühstücken.
Irgendwie fühlte ich mich, als hätte ich die ganze Nacht durchgemacht, wobei es schon an der Tür klingelte, als ich dabei war meine Pause einzupacken. Träge schlurfte ich zu dem Störenfried und öffnete sie, wobei Cathy davor stand und mich viel zu gut gelaunt angrinste.
"Morgen, Sebastian. Na? Fit für die Schule?", fragte sie mit ihrer zuckersüßen Stimme. Ich mochte Zucker noch nie und auch jetzt bekam sie nur einen vernichtenden Blick, bevor ich missmutig grummelte, ehe ich mich dann fertig machte und anzog, bevor ich ihr erneut gähnend nach draußen folgte.
Sie begann sofort zu reden, doch ich hörte ihr nicht zu, sondern begann noch ein wenig zu dösen. Mit geöffneten Augen.
Ich konnte im Nachhinein nicht sagen, wie ich es geschafft hatte, in einem Stück in mein Klassenzimmer zu kommen und dann auch noch auf meinen Platz. Verdankte ich wohl alles Cathy, die dafür gesorgt hatte, dass mich niemand umfuhr und dass ich nirgendwo dagegen rannte.
Ich hörte das Getuschel um mich herum. Es ging um den neuen Mitschüler. Oder Mitschülerin. Anscheinend war die Person das Gesprächsthema Nummer eins, wobei ich dann doch nicht vermeiden konnte, dass ich langsam neugierig wurde.
Wenn so viele über sie sprachen, dann musste da wirklich etwas Großes kommen. Und so war es auch. Zumindest für mich persönlich.
Als der Lehrer das Zimmer betrat, sah ich dich in seinem Schlepptau. Ich konnte es nicht glauben. Sah dich an. Merkte, dass du es warst. So perfekt, wie ich dich im Kino wahrgenommen hatte. So verführerisch, wie du neben mir den Film angeschaut hattest.
Mir war es fast so, als würde ich erneut deinen Duft riechen, der mich trunken machte.
"Sein Name ist Oliver Reichert" Du wurdest vorgestellt, wobei sich der Name sofort in mein Gedächtnis brannte. Der Name der Person, die mich vollkommen einnahm und jetzt sogar den Schlafmangel von meinen Schultern riss.
Du warst hier. Hier in meiner Klasse. Meine Kehle trocknete aus. Was sollte ich tun? Ich wollte dir näher kommen. So unfassbar nah. Doch ich wusste nicht, wie, und ich spürte, wie ich zu zittern begann, als du dich mir langsam nähertest und schließlich vor mir Platz nahmst, weil der Tisch frei war.
Mein Herz schlug unglaublich hart und schnell in meiner Brust. Ich schluckte, weil ich Angst hatte, dass es bald auf den Tisch sprang und dir in die Arme. Dein Duft drang in meine Nase. Umnebelte meine Sinne. Ich spürte, wie ich erneut zitterte und musste trocken schlucken.
Ruhig bleiben. Ganz ruhig. Doch das ging nicht, denn als du dich zu mir umdrehtest und ich dein Lächeln sah, waren alle Vorsätze wie in den Wind geblasen. Das erste Mal sah ich dich lächeln und ich spürte, wie mir Flügel wuchsen, die mich noch mehr in deine Arme trugen.
"Hallo, ich heiße Oliver." du reichtest mir deine Hand, wodurch ich sie ergriff. Wie warm fühlte sie sich an und wie sanft deine Haut war. Ich zitterte erneut und schluckte trocken, bevor ich mich räusperte. "Sebastian."
Ich bekam nicht mehr raus. Ich war einfach zu nervös, wodurch du abermals lächeltest. So sanft. "Schön. Ich hoffe, dass wir gute Banknachbarn - oder wie man das nennt – werden." Dann drehtest du dich um und folgtest dem Unterricht. Im Gegensatz zu mir. Ich beobachtete deine Bewegungen und ließ mich immer mehr von dir einfangen, denn entkommen, das wollte und konnte ich nicht mehr.
"Hey, Sebastian." Die Stunde war vorbei, als du dich zu mir umdrehtest und ich dein Lächeln erneut sah. "Wie sieht es aus? Willst du mir in der Pause vielleicht die Schule zeigen?"
Mein Herz begann wie wild zu schlagen. Das war nicht wahr. Nein, das konnte nicht wahr sein. Du wolltest wirklich, dass ich dich herumführte. Dass ich die Pause mit dir verbrachte. Sofort legte sich ein Lächeln auf meine Lippen und ich nickte viel zu schnell und überschwänglich. "Natürlich. Ich bin sofort dabei. Gerne zeige ich dir die Schule."
"Gut, ich freu mich." Das Lächeln wurde sanfter und du drehtest dich wieder nach vorne, weil der nächste Lehrer den Raum betrat, wobei er sich kurz mit dir unterhielt, um dich kennenzulernen, während ich in meine eigene Traumwelt abdriftete.
Ich würde dich herumführen. Bei dir sein können und vielleicht den ersten Stein für eine Freundschaft legen können. Wie sehr freute ich mich darauf. Ich wollte dich besser kennen lernen. Vollständig in mein Leben integrieren. Es war perfekt. Super perfekt. Ich würde diese Chance nutzen. Ja, das würde ich. Und dann würde ich vielleicht irgendwann dein Herz gewinnen.
Auch diese Unterrichtseinheit ging wie im Flug vorbei, wobei ich kaum etwas vom Stoff mitbekam, doch es war mir egal. Ich würde es dann irgendwann einfach nachlernen. Es war viel