Tara. Nancy Omreg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Nancy Omreg
Издательство: Bookwire
Серия: Tara und Tristan
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742770189
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die letzte Chance Tristan je wiederzusehen.

      In meinem Elend versunken spürte ich, wie mich etwas anstupste. Wieder und wieder bohrte sich etwas Spitzes in meinen Arm. Ich versuchte mit dem Ärmel mein Gesicht abzuwischen, eh ich aufblickte.

      Eine sehr alte Frau stieß mich immer wieder mit ihrem Gehstock an. Als ich sie anschaute, erschrak sie kurz. Doch dann kam sie erneut näher.

      Zunächst verstand ich kaum, was sie sagte. Ihre Stimme war leise und ihr Akzent war für meine ungeübten Ohren sehr schwer zu verstehen. Doch nach und nach begriff ich, was sie mir mitteilen wollte.

      Sie fragte, ob ich den früheren Bewohner dieses Hauses suchte. Als ich dies bejahte, berichtete sie, dass eine junge Frau mit blonden Haaren vor einigen Jahren bei Pietro gewesen war. Sie hatte nur Wortfetzen gehört, aber die junge Frau schien ihm etwas gesagt zu haben, woraufhin Pietro erschrak und meinte, er würde ihn von dieser “Dummheit” abbringen. Irgendeine “Dummheit” hatte Tristan also geplant.

      Ich war schockiert. Zum einen, dass mir eine wildfremde Frau so etwas erzählen konnte, wovon sie wahrscheinlich nie etwas hätte wissen sollen. Zum anderen, dass meine Vermutung richtig gewesen war. Pietro wusste wo Tristan ist. Doch wohin war er gegangen?

      Die alte Frau meinte, dass Pietro noch in derselben Nacht Hals über Kopf Erice verlassen hatte und das Haus seitdem vermietet wurde. Wohin er aufgebrochen war, wusste sie nicht.

      Ich musste unbedingt wissen, wie sie darauf kam, dass ich nach Pietro suchte. Daraufhin fing die alte Frau an noch leiser zu reden. Nur ein Flüstern vernahm ich, als sie nah an meinem Ohr sagte, dass sie mich erkannt hatte. Ich wäre wie er, wie Pietro. Ich würde genauso wenig altern wie der, den ich suchte.

      Ich starrte die Frau an. Wusste sie Bescheid? Oder ahnte sie nur etwas? Und warum hatte sie keine Angst?

      Stattdessen lächelte sie mich aufmunternd an. Dann entschuldigte sie sich, dass sie nicht weiter behilflich sein konnte und setzte ihren Weg fort.

      Ich bedankte mich mehrfach bei ihr und versicherte dabei, dass sie mir mehr geholfen hatte, als sie annahm.

      Denn was sie nicht wusste, mir war ein Geistesblitz durch mein Gehirn geschossen. “Dummheit”…, dass er in den Ätna gesprungen war, schloss ich aus, sonst hätte ich die Visionen von ihm nicht gehabt. Somit blieb nur eine Möglichkeit, die Pietro mit “Dummheit” gemeint haben konnte: Elisabeth!

      Wahrscheinlich wollte Tristan wieder zu ihr zurück um den Schmerz über meinen Verlust nicht mehr spüren zu müssen. Vielleicht wollte er nie wieder fühlen müssen, so wie er es einst in ihrer Gesellschaft gehalten hatte.

      Sagte die Alte nicht, dass sie eine junge Frau mit blonden Haaren bei Pietro gesehen hatte? War sie es gewesen, die Pietro aufgesucht hatte, um über ihren Siegeszug zu berichten und hatte er sich daraufhin aufgemacht, Tristan ins Gewissen zu reden und ihn zurückzuholen?

      Die Eifersucht übermannte ich. Ich schwur mir Elisabeth umzubringen, sollte sie tatsächlich meinen Tristan berührt haben.

      Doch wo konnte ich Elisabeth aufspüren? Ich blickte über die Mauern von Erice hinweg. Als ich den Blick über Trapani gleiten ließ, kam mir ein Gespräch mit Tristan in den Sinn. Elisabeth hatte Freunde in Rumänien. Dort war ihr Rückzugsort.

      Folglich stand mein nächstes Reiseziel fest. Es würde nach Rumänien gehen.

      Auf ins Unbekannte

      Es machte keinen Sinn noch weiter in Erice zu bleiben. Daher nahm ich die nächste Gondel und fuhr wieder nach unten. Ich stürzte in den Fiat und fuhr die ganze Strecke zurück zum Flughafen.

      Im Rückspiegel sah ich, wie meine Augen dunkler wurden. Ich bekam Hunger. Mit der Abwesenheit von Pietro war auch ein weiterer Plan von mir gestorben: Ernährung. Ich hatte gehofft, bei ihm meine Mahlzeit einnehmen zu können. Eine Verpflegung hatte ich schließlich auf meiner Reise nicht mitnehmen können.

      Nun war ich gezwungen mich auf traditionelle Art zu ernähren. Dies bedeutete, ich musste jagen.

      Angewidert von der Idee verzog ich die Mundwinkel. Auch nach den vielen Jahren war es mir immer noch ein Grauen mich einem Menschen anzunähern, um an sein Blut zu kommen.

      Ja, ich hatte oft von Menschen getrunken, aber dies stets mit Sex verbunden. Es war die Lust, die im Vordergrund gestanden hatte und nicht der Hunger.

      Auf einer Reise, die zum Ziel hatte Tristan zu finden, fand ich Sex mit anderen Männern mehr als unpassend. Daher war eine reine “Jagd” unausweislich.

      Ich seufzte. Am besten würde ich dies noch vor dem Flug nach Rumänien hinter mich bringen.

      An einer kleinen Autobahnraststätte hielt ich an. Ich beobachtete vom Auto aus, wer allein unterwegs war. Meine Aufmerksamkeit wurde von einem LKW-Fahrer angezogen, der sich an seinem Truck zu schaffen machte.

      Ich stieg aus dem Fiat aus und ging zu dem Mann hinüber. Natürlich freute er sich, als ich ihn begrüßte. Seinen leuchtenden Augen entnahm ich, dass er mich ausgesprochen attraktiv fand. Es war daher ein leichtes ihn in ein Gespräch zu verwickeln und ihn um seinen Truck herum zu locken, wo wir vor anderen Augen geschützt waren.

      Da ich mit ihm nicht schlafen wollte, ersparte ich mir weitere Flirtereien. Ich packte seine Handgelenke, hielt sie auf seinem Rücken fest und bog seinen Kopf zur Seite, sodass sein Hals entblößt war.

      Erschrocken versuchte er sich zu wehren. Doch er hatte gegen meine Kraft keine Chance. In der nächsten Sekunde drangen meine Zähne bereits durch seine Haut.

      Ich trank gierig in großen Zügen. Der Mann wimmerte, doch hielt er still.

      Als ich fertig war, sank er bewusstlos in meine Arme. Sein Puls war schwach, aber stabil. Ich war mir sicher, dass er diesen Vorfall unbeschadet überstehen würde. Daher legte ich ihn in seine Fahrerkabine und ging zurück zu meinem Auto.

      Ich fuhr zurück auf die Autobahn und erreichte frisch gestärkt den Flughafen.

      Der Autoverleiher war mehr als überrascht mich so schnell wiederzusehen, da ich das Auto für eine Woche gemietet hatte. Ich erzählte ihm, dass mein Freund mit mir Schluss gemacht hatte und ich daher wieder abreisen wollte.

      Er stellte keine weiteren Fragen. Wir erledigten die Formalitäten und kurz danach stand ich bereits am Flughafen, um mir einen Flug nach Rumänien zu buchen.

      Doch wo genau wollte ich hin? Bukarest? Siebenbürgen? Târgoviște? Oder war es zu weit hergeholt, dass sich Elisabeth an den Orten aufhielt, die mit Dracula in Verbindung gebracht wurden?

      Ich begann zu grübeln. Rumänien war groß. Wo sollte ich anfangen? Tristan und Pietro hatten einmal erzählt, dass sie und ihre rumänischen Freunde unter sich lebten und Menschen ausschließlich als Nahrung betrachteten, welche sie mit großen Freuden in hohem Maße verzehrten.

      Demzufolge mussten sie sich in der Nähe von großen Städten aufhalten. In der Abgeschiedenheit hätten sie zu wenig Nahrungsangebot.

      Ich entschied daher meine Suche in Bukarest zu beginnen. Die Meute auf Schloss Bran anzutreffen war doch zu klischeehaft.

      Also buchte ich einen Flug von Palermo nach Bukarest über Rom. Ich würde mich noch zum Vielflieger entwickeln, wenn diese Reise so weiterging.

      Innerhalb eines Tages saß ich erneut im Wartebereich für das Boarding und wartete auf die Lautsprecheransage. Ich hatte keine großen Pläne über den Ablauf dieser Suchreise gemacht, aber so hätte ich mir diese dennoch nicht vorgestellt.

      Die Kosten störten mich nicht. Ich hatte genug Geld. Was mich störte war dieses wachsende, nagende Gefühl, dass meine Suche niemals das Ziel erreichen würde. Selbst wenn ich in Bukarest ankam, hatte ich keinen Anhaltspunkt dafür, wie ich die Suche dort fortsetzen sollte.

      Mir war so, als würde ich in einem tiefen Meer schwimmen ohne vom Fleck zu kommen und langsam würde ich immer mehr sinken.

      Ja, das sinnvollste wäre