An den Ufern des Nebraska. Lennardt M. Arndt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lennardt M. Arndt
Издательство: Bookwire
Серия: Die Surehand-Story
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753183947
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zu sein. Ich schob mich also vorwärts an das hier dichte Unterholz heran, um zu Firehand aufzuschließen. Dann schob er am unteren Rand ein paar Äste leise auseinander und ich konnte eine allerliebste kleine Lichtung sehen, die fast etwas von einer Höhle hatte, so dicht war sie von Laubwerk umgeben. Und genau in der Mitte derselben, saß --- ein Bär.

      Ich zuckte fast zurück, so nah waren wir dem Bären gekommen. Dieser verspeiste gerade gemütlich einige Beeren, die es in dieser „Höhle“ in Massen gab. Er schien sich gerade deshalb hier zu befinden.

      Nachdem Firehand mir einige Zeit gegeben hatte, mich an dem Tier sattzusehen, tippte er mich an und gebot mir, ihm voran, wieder zurück zu schleichen.

      Wir zogen uns also zurück und ich versuchte, mich genauso zu verhalten, wie Firehand es auf dem Hinweg gemacht hatte. Als wir wieder am Waldrand angekommen waren, sagte er:

      „Es ist ein Baribal33, eher ein Pflanzenfresser, wie du gesehen hast. Vorsicht ist aber auch bei ihm geboten. Wenn er aufgeschreckt wird, greift er auch den Menschen an. Ist dann ein nicht zu unterschätzender Gegner. Zwar kein Menschenfresser, wie der Grizzly aber immerhin.“

      „Wollen wir ihn nicht auch schießen?“, fragte ich. „Soll doch einen famosen Braten geben, wie ich hörte.“

      „Nein, Meister Petz hatte heute einmal Glück. Normaler Weise würde ich mir einen Bärenbraten auch nicht entgehen lassen, aber heute haben wir schon den Hirsch geschossen und dieser gibt mehr Fleisch, als wir zurzeit benötigen. Haben hier auch nicht die Möglichkeit, das Fleisch aus dem Pelz zu bekommen. Müssten also das Tier hier liegen lassen und könnten nur einen kleinen Teil mitnehmen. Wenn wir morgen wiederkämen, um uns zusammen den Rest zu holen, würden sich die Aasfresser der Prairie schon an unserem Bären gütlich getan haben. Auch möchte ich ein Tier nur töten, wenn ich das Fleisch brauche, nicht aber um es hier verrotten zu lassen.“

      Dagegen gab es nichts zu sagen und er fuhr fort:

      „Ich hole die Pferde, geh du schon einmal zu unserem Hirsch.“

      Ich lief also die paar Schritte zu unserer Jagdbeute hinüber und schaute nach, ob ich überhaupt getroffen hatte. Da sah ich nun, dass Firehands Schuss genau dort getroffenen hatte, wohin ich zuvor gezielt hatte. Der meine lag etwa zwei Zoll weiter rechts und hatte eine Verletzung hervorgerufen, die nicht sofort tödlich gewesen war, so dass der Hirsch noch weiter springen konnte.

      Jetzt kam Firehand mit den Pferden heran. Er stieg ab und untersuchte den Hirsch auch. Dann sah er auf, und sagte: „Guter Schuss, Leo.“ Ich sagte sofort:

      „Jetzt hört aber auf, Mr. Firehand! Mein Schuss hat nicht das vorgegebene Ziel erreicht und Euer Schuss hat den Hirsch erst niedergeworfen.“

      „Jetzt mach du mal halblang, Junge.“, gab Firehand darauf zurück. „Wenn ich mich nicht irre, war dies dein erster Schuss mit einem Gewehr auf diese Entfernung und dann auch noch auf ein bewegliches Ziel. Zudem wurdest du durch den plötzlichen Sprung des Hirschs überrascht. So wie ich das sehe, war das unter diesen Bedingungen ein hervorragender Schuss. Der Hirsch wäre ein paar Sprünge weiter auch zusammengebrochen. Wenn du mir nicht glaubst, kannst du ja nachher Bulcher um sein Urteil bitten, wenn wir uns den Braten schmecken lassen. So und jetzt hilf mir, den Bock auf dein Pferd zu heben. Wird dunkel und wir sollten uns auf den Rückweg machen.“

      Ich schwieg dazu und wir machten den Hirsch, so gut es ging, auf dem Rücken meines Morgan fest, der sich dies auch gefallen ließ. Dann nahm ich hinter Firehand, auf dessen Rappen, Platz. Den Sattel hatte ich dem Morgan abgenommen, da dieser sonst von dem blutenden Hirsch besudelt worden wäre. Am Knauf haltend, trug ich den Sattel deshalb auf dem Rücken. Dies war zwar unbequem, aber zu Fuß zurück zum Lager zu gehen, wäre noch unbequemer gewesen. Zudem war es tatsächlich in den letzten Minuten schnell dunkler geworden.

      Als wir am Lager ankamen, war es schon stockfinster und die Kameraden hatten bereits ein Feuer angefacht. Die ausgestellte Wache hörte uns herankommen und rief uns aus dem Gebüsch an:

      „Halt, wer da?“

      Wir konnten auf die kurze Entfernung, trotz der Finsternis, den langen Lauf einer Rifle auf uns gerichtet sehen. Firehand hielt den Rappen an.

      „Wir sind es, Kirby. Hatten Glück bei der Jagd. Sitzen deshalb zu zweit auf meinem Pferd. Kannst die Gun also einziehen.“

      Jetzt trat Kirby, ein langer, sehr hagerer, alter Weggefährte Firehands aus dem Gesträuch und tippte sich an den Hut.

      „Konnte Euch bei der Finsternis nicht erkennen, Masters34. Stehe aber ja nicht hier, um Löcher in dieselbe zu starren, sondern, um zu wachen.“

      „Schon recht, Alter.“, meinte Firehand. „Hattest uns schön gestellt. Wären wohl nicht an euch gekommen, mit dir auf Wache, Kirby.“

      Kirby ließ jetzt, aufgrund des Lobes Old Firehands, grinsend seine schlechten Zähne sehen und winkte uns durch eine Lücke im Gesträuch, wo, einige Schritte entfernt, unsere Kameraden um ein Feuer lagerten.

      „Ah, seid ihr endlich auch wieder zurück, Mesch‘schurs?“ rief Korner. Und dann: „Oh, was sehe ich da auf dem Gaul unseres Greenhorns? Einen ausgewachsenen White-Tailed. Na, das gibt einen schönen Braten, … einen guten Braten.“

      Nun sprangen doch einige Kameraden auf und wollten sich unsere Beute näher ansehen. Bulcher war einer der ersten, die herankamen. Er packte denn auch gleich mit an, um den Hirsch vom Pferde herunter zu heben.

      „Schönes Tier.“, meinte er. „Wie geht die Geschichte zu dieser Beute?“

      Er sah mich dabei an, ich zuckte jedoch nur mit den Schultern. Daraufhin sah er zu Firehand herüber, dieser sagte:

      „Lass gut sein, Bill. Können später darüber reden. Jetzt lasst uns dem Hirsch erst einmal den Rock ausziehen, damit wir alle zu unserem Stück Fleisch kommen.“

      Das ließen sich die Jäger nicht zweimal sagen. Die Messer wurden gezogen und in kurzer Zeit brieten die ersten Stücke Fleisches an dem Spieß über dem Feuer. Als alle sich satt gegessen hatten, fragte Bulcher Firehand erneut, wie die Jagd auf den Hirsch verlaufen war. Firehand erzählte das vorgefallene, ließ aber die Begegnung mit dem Bären aus.

      Bulcher sagte dazu:

      „Habe mir schon gedacht, dass unser Neuzugang sich wieder auszeichnen würde. Hätte noch gefehlt, dass ein solcher Neuling auch hier gleich beim ersten Schuss auf ein flüchtendes Wildtier ins Herz getroffen hätte. War aber, wie du schon sagtest, Firehand, ein hervorragender Schuss. Bin sicher, dass hier keiner besser geschossen hätte, als du es heute getan hast, Leo.“

      Aus allen Richtungen wurde Zustimmung geäußert. Ich war zwar nicht davon überzeugt, dass wirklich keiner der anderen ein solchen Schuss getan hätte, war aber doch zufrieden. Wenigstens hatte Firehand nicht übertrieben, als er von einem hervorragenden Schuss gesprochen hatte.

      Jetzt entspann sich eine der lebhaften Lagerfeuer-Unterhaltungen unter Prairiemännern, wie ich sie später noch des Öfteren erlebt habe und wie ich sie immer mochte. Jeder hatte sein eigenes erstes Jagderlebnis zu berichten und so kamen einige interessante, spannende aber auch lustige Erlebnisse zur Sprache. Eben erzählte Clinton, wie er bei seiner ersten Jagd auf Büffel beinahe von einem ausgewachsenen Bullen aufgegabelt worden wäre, da stand Bulcher, der die Geschichte wohl schon des Öfteren gehört hatte, auf und sagte:

      „Werde mal draußen, den alten Kirby ablösen. Hat sicher auch noch einiges zu erzählen, der alte Waldläufer.“

      Er ging durch die bereits erwähnte Lücke im Gebüsch und bald darauf kam Kirby, um sich zu uns zu setzen.

      Er nahm sich auch ein Stück Hirschbraten und hatte kurz darauf tatsächlich einige Jagderlebnisse zu berichten. Firehand stand jetzt auch auf und sagte:

      „Das Feuerholz geht zur Neige, werde also ein wenig Nachschub holen.“

      Er entfernte sich vom Lager. Ich wollte noch einmal nach meinem Pferd sehen und stand daher auch auf, um mich