»Das passiert nicht. Das liegt am Alkohol«, flüstere ich.
Ice antwortet mit einem Bellen, das klingt, als würde er lachen. Seine Finger werden länger, strecken sich über den Boden. Auch sein Gesicht schiebt sich nach vorne, und noch immer höre ich Knochen knacken und Muskeln reißen. Sultan taucht neben Ice auf und schmiegt seinen Kopf an seine Seite. Aus Ice Fingerspitzen und seinen Fußzehen wachsen Krallen, die leise über den Holzboden kratzen. Nach dem nächsten Jaulen steht ein nachtschwarzer Wolf mit leuchtenden blauen Augen vor mir. Dieser Wolf ist mindestens zwei Köpfe größer als Sultan, der ihm die Schnauze leckt, als würde er sich dem größeren und stärkeren Tier unterwerfen.
»Das meintest du also mit Wolf«, stoße ich hysterisch kichernd aus. Ich drücke mich panisch gegen die Wand hinter mir und versuche, mich an ihr entlang zum Fenster zu schieben. Ice hat recht, mein Verstand ist eben dabei, zu kollabieren. Mir muss nur gelingen, es zu öffnen und raus auf die Veranda zu steigen. Mein Gehirn sagt mir, dass es unmöglich ist, dem Wolf zu entkommen. Aber ich muss es zumindest versuchen. Auf die Veranda, ins Auto und weg hier, lege ich mir im Kopf zurecht. Ich lege meine Hand an den Fensterrahmen und will ihn nach oben drücken. Aber der Wolf ist schneller bei mir. Mit einem großen Satz springt er quer durch den Raum und über das Sofa und baut sich mit einem Knurren, das sich durch jede Zelle meines Körpers arbeitet, vor mir auf.
Da steht ein Wolf vor mir. Seine Augen sind unverwandt und drohend auf mich gerichtet, seine Zähne sind gefletscht und angsteinflößend groß. Auf seinem Rücken hat sich das Fell aufgestellt und bildet einen Kamm. Und er knurrt. Sein Atem bläst über mein Gesicht. Seine Schnauze ist nur Zentimeter von meiner Nase entfernt. Wie kann so was überhaupt funktionieren? Das hier kann nicht wahr sein. Unmöglich. Aber in mir drin regt sich etwas. Es ist die Dunkelheit. Sie bewegt sich in meinem Kopf. Diese Leere, die ich schon immer gefühlt habe. Plötzlich fühlt sie sich ganz warm an.
Das Knurren des Wolfs wird noch aggressiver, als ich mich nicht vom Fenster wegbewege, obwohl der Wolf versucht, mich rückwärts wegzudrängen. Sein gewaltiger Kopf drückt sich gegen meinen Oberkörper und dirigiert mich zurück auf die andere Seite des Zimmers. Mir bleibt nichts anderes übrig, als zu tun, was der Wolf verlangt. Erst als ich stehe, wo er mich haben will, erlaubt der Wolf es sich, sich vor meine Füße zu legen. Aber er lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Ich hole zitternd Luft. Vor meinen Augen flimmert es. Vielleicht aufgrund der Angst, die in meinen Knochen sitzt. Oder wegen meiner Schwäche, die ich noch immer in meinen Muskeln spüre. Ich stütze mich auf der kleinen Kommode ab und versuche, meine Nerven zu beruhigen. Aber angesichts der letzten Minuten wird mir das wohl nie wieder gelingen. Vielleicht stehe ich unter Drogen. Etwas muss im Bourbon gewesen sein. Mein Puls rast. Meine Hände zittern. Das Flimmern wird immer stärker. Ich bekomme einfach nicht genug Sauerstoff in meine Lunge.
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