Traumata im Welpenalter:
Die Tendenz zu aggressivem Verhalten kann neurologische Ursachen haben.
Traumatische Erlebnisse während der Präge- und Sozialisierungsphase eines jungen Hundes können die Hirntätigkeit irreparabel schädigen und spätere Verhaltensabläufe nachteilig beeinflussen. Postnatale Belastungen sind deshalb so folgenschwer, weil dem jungen Hund noch keine Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen. Je einschneidender das Ereignis, desto gravierender der gesundheitliche Schaden: Verknüpfungen innerhalb des Gehirns werden gekappt und das Lernen insgesamt erschwert.
Ernährungs- und Fressgewohnheiten:
Verhaltensauffälligkeiten beim Hund entstehen häufig aus verschiedenen Fragmenten, die ungünstig zusammenwirken. Falsch abgestimmte Futtermittel oder schlechte Fressgewohnheiten können ein solches Fragment sein.
Protein: Je höher der Proteingehalt im Hundefutter, desto aggressiver der Hund. Dieses Ergebnis konnte einer Versuchsreihe zur Verhaltensforschung am Hund1 entnommen werden.
Kohlenhydrate: Kohlenhydrate wirken auf den Hund beruhigend, weil sie den Transport von L-Tryptophan unterstützen, welches sich im Gehirn zum Neurotransmitter Serotonin verändert.
Fette: Als natürlicher Energielieferant sind Fette unabdinglich. Doch auch sie können zur Synthese von Serotonin beitragen und dadurch ein Stück weit die Kohlenhydrate ersetzen bzw. ergänzen.
Futterzeiten: Gestaffelte Mahlzeiten verteilt über den Tag beugen Verhaltensauffälligkeiten vor und sorgen dafür, dass biologische Prozesse kontinuierlich ablaufen, anstatt im Laufe des Tages einzubrechen und bei der nächsten Fütterung schlagartig wieder hochzufahren.
Territorialverhalten:
Hunde in freier Wildbahn haben ein Territorium und verteidigen diesen Bereich durch Drohgebärden vor Fremdlingen.
Das Miteinander in einem Sozialverbund funktioniert aber nur, wenn der Hund seine Revieransprüche, entgegen seiner Veranlagung, nicht geltend macht. Jedenfalls in keiner Form, die gefährlich werden kann. Spätestens beim Anspringen und bei Beißereien muss der Hund zugunsten der Allgemeinheit gemaßregelt werden. Vor allem, weil nicht nur die eigenen vier Wände geschützt werden, sondern auch der Außenbereich (Parks, Wanderroute, einzelne Objekte außerhalb der Wohnung, etc.) partiell in Anspruch genommen wird.
Störverhalten bei Stress:
Stress ist ein körpereigenes Instrumentarium der Überlebenssicherung. Wird Stress empfunden setzt der Körper Stresshormone frei, die die Reaktions- und Leistungsfähigkeit optimieren (positiver Stress).
Dadurch, dass der Fokus dem Überleben gilt, stehen dem Hund aber keine weiteren Ressourcen mehr zur Verfügung, die er braucht, um sich sozialkonform zu verhalten und etwaige Leistungsanforderungen zu erfüllen. Der Zugang zu bereits erlernten Lösungsansätzen ist bei lang anhaltendem Stress blockiert, das Denken funktioniert insgesamt nur noch rudimentär und auch die Konzentrationsfähigkeit ist vorübergehend beeinträchtigt (negativer Stress).
Stress kann im Äußeren entstehen, sich also zum Beispiel aus den konkreten Haltungsbedingungen ergeben (äußerer Stress). Er kann sich aber auch unmittelbar auf den Organismus des Hundes beziehen, zum Beispiel durch Schlaflosigkeit oder Mangelernährung (innerer Stress).
Ärger mit dem jagenden Hund:
Die Jagd wird durch bestimmte Reize eingeleitet. Das können Sichtreize sein, zum Beispiel ein Eichhörnchen, das über den Boden huscht und dabei vom Hund erblickt wird. Es können aber auch Sinneseindrücke wie tierische Gerüche oder Geräusche sein, die den Hund in seinen Bann ziehen.
Die Jagd ist eine Verkettung einzelner Teilelemente. Zu ihnen zählen das Ausschauhalten, das Aufnehmen von Fährten und das Aufstöbern von Wild gefolgt vom Treiben und Hetzen, dem Packen und Apportieren sowie dem Töten und Fressen. Der letzte Punkt schließt die natürliche Jagdsequenz ab, ist in der Arbeit mit geschulten Jagdhunden aber strikt verboten.
Im Alltag sind besonders die Jagdaspekte Ausschauhalten und Hetzen ein Problem. Befindet sich der Hund tief in einem der beiden Modi, ist er kaum noch abrufbar. Er entfernt sich aus dem Sicht- und Handlungsbereich seiner menschlichen Bezugsperson und widmet seine ganze Aufmerksamkeit dem Jagdprozess.
Der Hund jagt normalerweise nicht, weil er einen Ernährungsmangel kompensieren muss. Häufig ist es ganz einfach die Freude, die ihn währenddessen überkommt.
Ein Großteil der jagdlichen Ambition wird aber auch vererbt. Unabhängig von der Jagdbereitschaft, die dem Hund seit Anbeginn der Zeit in den Knochen steckt, weil er vom Wolf abstammt und nur durch das Erlegen von Wildtieren überdauern konnte, entscheidet die Veranlagung darüber, wie intensiv das Jagdverhalten zutage tritt.
Jagdrassen reagieren verstärkt auf Jagdreize. Sie können ihre Emotionen weitaus schlechter zügeln, als Hunde, denen dieses genetische Gepräge fehlt.
Zu den Hunderassen, die jagdlich besonders ambitioniert sind, gehören unter anderem die Weimaraner, die Setter, die Magyar Vizslas, Dackel, Bracken oder die Deutschen Wachtelhunde.
Es gibt Jagdhunde, die in enger räumlicher und kommunikativer Abhängigkeit zum Jäger arbeiten und andere, die in Eigenregie tätig sind. Hunde, die der ersten Gruppe angehören, sind in der Regel umgänglicher und weniger problematisch.
Wer Jagd- oder Hütehunde favorisiert, aber selbst in einem familiären Zusammenschluss lebt, den Hund also nicht beruflich entsprechend dessen Jagdkompetenz einspannen will, muss sich darauf einstellen, die Erziehung mit einer Menge Durchhaltevermögen betreiben zu müssen. Wichtig ist es, die Triebe des Hundes nicht ins Leere laufen zu lassen oder vollständig zu unterbinden, sondern alternative Beschäftigungen zu finden.
Neurologische Abläufe im Zusammenhang mit Kontrollverlust
Wie der Hund denkt, ist abhängig von den Funktionen, die das Gehirn übernimmt, den übrigen organischen Vorgängen, dem Erbgut sowie den Erfahrungen und den Einflüssen, denen der Hund ausgesetzt ist und war. Aufgrund dessen, dass die Liste aller einflussgebenden Faktoren kontinuierlich wächst und damit niemals abschließend aufgeführt werden kann, sollen nachfolgend nur exemplarisch jene Abläufe im Gehirn benannt werden, die maßgeblich an der Impulsproblematik beteiligt sind.
Allgemeine Funktionsweise:
Das Gehirn ist im Prinzip ein riesiger Schaltkreis, der ständig neue Verbindungen knüpft. Die Verbindungspunkte sind die sogenannten Neuronen. Zwischen den einzelnen Neuronen befindet sich der synaptische Spalt. Das ist der Ort, an dem eine Information, die ihre Reise durchs Gehirn als elektrisches Signal startet, in ein chemisches Signal umgewandelt wird. Die Übertragung des chemischen Signals erfolgt durch Botenstoffe, die von der nächstgelegenen Zelle empfangen werden. Die Botenstoffe können dazu führen, dass der Informationsfluss unterbrochen wird oder eben nicht.
Wird eine ähnliche Information mehrmals nacheinander übertragen, verbessert sich die Verbindung und es bilden sich eigene Transportwege, damit die Übertragung der gleichen Signale für die Zukunft möglichst effektiv ist. Die Stärkung der neuronalen Pfade ist genau das, was im Hundetraining passieren soll. Der Hund wiederholt gewünschte Verhaltensweisen und polt sein Gehirn darauf um. Der Informationsfluss zu dem neuen Reaktionsmuster kann dadurch mit jeder Wiederholung leichter abgerufen werden, wohingegen die alten Übertragungswege allmählich verblassen.
Botenstoffe: