Deadman's Hostel. Daimon Legion. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daimon Legion
Издательство: Bookwire
Серия: Deadman's Hostel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753189505
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„Nein.“ Nach einer weiteren Pause murmelte er: „Aus Detroit.“

      Mit großen Augen kommentierte sie: „Das ist aber echt weit weg!“

       „Bin mit der Zeit ziemlich viel rumgekomm’“, nahm er es leicht.

      „Warst du schon mal in New York?“

      Schweigend nickte er.

      „Das ist cool!“, lächelte sie und wollte wissen: „Was hast du dort erlebt? Hast du dort gearbeitet? Was ist mit deiner Familie? Deine Eltern, leben die noch in Detroit? Hast du Geschwister? Was sagen die dazu, dass du hier -“

      „Ist mir egal!“, unterbrach Ace sie und wies barsch auf die Schüssel. „Biste endlich mal fertig? Muss langsam vor!“

      „Entschuldigung“, sagte sie kleinlaut und trank rasch die Milch aus.

      Neugieriges kleines Biest, dachte Ace kalt, als ihr Gesicht hinter der Schüssel verschwand. Das wird noch Ärger geben. Und wenn es Beschwerden gibt, bin ich auch dran. Dann ist sie aber fällig. Wenn sie Scheiße baut, werde ich ihr schon klarmachen, dass das nicht so geht.

      Gesittet trug Sheryl die Schüssel zum Waschbecken, spülte diese aus und legte sie zum Trocknen ab.

       „Wenn du hier rumschleichst“, ermahnte er sie mit festem Blick, „sollteste drauf achten, nie ’n andres Zimmer als dein eigenes zu betreten. Wenn ich aber hör, dass du deine verdammte Nase in fremde Angelegenheiten steckst, werd ich sauer. Und du willst nicht, dass ich sauer werd. Verstanden?“

      Mit gesenkten Kopf nickte das Mädchen.

      Eingeschüchtert verließ sie seine Wohnung.

      Dafür gab es anderen Besuch.

       Wer war denn die Kleine?

       Ace erhob sich vom Stuhl und streckte sich zu voller Größe. Dabei antwortete er: „So was wie meine Neue. Bleibt ’ne Weile hier wohnen, wenn alles klargeht.“

       Junge, biste bescheuert? Die ist noch fast ’n Kind! Wenn das einer rauskriegt, landeste im Knast!

       Er verdrehte die Augen und winkte ab. „Wär nicht das erste Mal. Außerdem ist die Kurze alt genug. Spätestens irgendwann.“

       Na, auf deine Verantwortung …

       Übrigens wartet draußen Kundschaft und Ellie sucht dich. Heute ist’s angeblich ’ne Ratte.

      „Bullshit, sag ich dir“, fluchte Ace, „die Alte kann warten.“

      Mit zwei Schachteln Zigaretten und einer vollen Flasche Bourbon betrat er sein Büro. Die ersten Gäste standen schon vor der Tür und glotzten – unwissend, was denn nun mit ihnen geschehen würde – durch die Scheibe. Da durfte er wieder vielen Deppen erklären, wie der Hase wirklich läuft. Er stellte seine Utensilien auf dem Tisch ab, ging zur Außentür, nahm sein selbst gemachtes Schild weg und öffnete offiziell für die Besucher. Die stolperten beinah über die Türschwelle.

       „Ein’ Moment, ja? Einer nach dem andren, nicht drängeln!“, wies er sie deutlich an und richtete ihre glasigen Blicke auf das Sofa. „Setzt euch! Ich hab noch ’nen Anruf zu machen. Dann geht’s los.“

      Während die neuen Mieter teils stumm, teils unter Gemurmel gehorchten, ging er zum Schreibtisch zurück, griff sein Mobiltelefon und wählte die Nummer von Mister Black Deadman.

       Und ich befürchtete schon, meine Namen wären einfallslos, dachte er zynisch von seinem Chef.

      „Ja?“, meldete sich nach drei Tönen die abscheulichste Stimme des ganzen Universums am anderen Ende der geschalteten Verbindung. Eine Stimme, die jedem noch so gestandenen Mann das Herz in der Brust erstarren ließ. Für gewöhnlich.

      „Tag“, grüße Ace dagegen leichthin, „Abteilung Arizona hier. Ich hätte ein kleines Anliegen.“

      „Dienstlich?“

      „Eher privat.“

      In der geliehenen Kluft, den leeren Rucksack unter dem Arm, schlenderte Sheryl quer über den verlassenen Innenhof. Noch immer barfuß, fühlte sie den Sand zwischen ihren Zehen kratzen.

      Sie widerstand dem mächtigen Drang, zurück zur Rezeption zu gehen und durch die Fensterscheiben Ace bei der Arbeit zu beobachten. Irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass er so viel zu tun hatte.

       Womit denn? Hätte sie gestern Abend nicht selbst die Lichter in den Wohnungen brennen sehen, würde sie glauben, hier wäre kein Mensch. Vielleicht waren ihre Sinne auch nur von der Hitze getäuscht … oder Ace war im Haus herumgerannt und hatte dort und da das Licht eingeschaltet – was ihr ziemlich dämlich vorkam.

      Gut, wenn er das jeden Abend machen würde, wäre das zumindest eine Erklärung für seine Fitness. Bei dem schlechten Lebenswandel, den er an den Tag legte, wunderte sie sich wirklich über den Körper, auf welchen er derart stolz war. Am Ende arbeitete er jetzt überhaupt nicht, sondern trainierte in aller Seelenruhe für sein Ego.

      Ihre Gedanken kreisten auch um das Gespräch, das sie in der Küche geführt hatten. Es hatte schon viel über ihn verraten. Mit seiner Familie stand er auf Kriegsfuß und musste Detroit verlassen haben, um sein altes Leben, seine Kindheit, weit hinter sich zurückzulassen. Was war wohl der Auslöser für den Streit?

      Vielleicht schlechte Noten. Zu hohe Erwartungen waren oft ein Grund für Konflikte und Sheryl hatte Probleme, in Ace einen guten Schüler oder gar College-Absolventen zu sehen. Er schien keineswegs dumm zu sein, weil er im Beruf kaufmännische Fähigkeiten vorwies. Dennoch glaubte sie nicht, dass er ein einfacher Junge gewesen war. Die Lehrer an seiner Schule hatten bestimmt ganz schön mit ihm zu kämpfen und wenn es in der Schule nicht funktionierte, führte das zu Krach im Elternhaus. Ob er davor in die Wüste floh?

      In der Hofmitte blieb das Mädchen stehen und sah sich um. Hinter keinem der unzähligen Fenster bewegte sich ein Gast. Niemand sah nach draußen oder lehnte sich gar hinaus. Sie hörte keine Musik, keine Stimmen. Gerade mal das Holz vom Schild des Hostels arbeitete leise knarzend im warmen Wind.

       Das ist die gähnende Einsamkeit … Kein Wunder, dass Ace so nuschelt. Ohne Kontakt zu anderen Menschen verlernt man das saubere Sprechen.

      Wie sie so unschlüssig herumstand, durchfuhr Sheryl plötzlich unerwartet ein kaltes Frösteln. Mit schnellen Schritten lief sie zur Treppenhaustür, um nach oben in ihr Zimmer zu gelangen.

      Dort angekommen atmete sie erst einmal kräftig durch und sortierte ihre Gedanken. Wahrscheinlich hatte sie das verlorene Gefühl erschreckt. Das Mädchen ließ sich in den Sessel fallen, legte die Tasche auf dem Boden ab und betrachtete eingehend die Zimmerdecke. Eine Leuchte mit blauem Glaslampenschirm hing dort.

       Das war jetzt ihre Lampe. Sie saß in ihrem Sessel. Dort stand ihr Bett.

      Alles in diesem Raum gehörte nun ihr. Solange sie mit Ace Sex hatte.

      Sheryl stand auf und begutachtete ihre Umgebung genauer. In den Küchenschränken fand sie natürlich keinen essbaren Inhalt, aber ein paar Utensilien. Ein wenig Gästebesteck, einen Topf, eine Pfanne, zwei Teller – flach und tief – und eine Tasse. Obwohl genug Platz vorhanden war, befanden sich die Dinge in einem Fach. Am Spülbecken betätigte sie kurz den Hahn, sah zu, wie das Wasser im Abfluss verschwand und schloss die Leitung dann wieder. Der kleine Kühlschrank war nicht in der Steckdose. Sobald sie etwas zum Essen besaß, würde sie ihn in Benutzung nehmen.

      In dem Kleiderschrank im Wohnbereich fand sie jeweils zwei weiße Bade- und Handtücher. Im Bad selber gab es kleine Fläschchen mit Duschgel und Haarlotion, Handseife und verschiedene Salben. Auf dem Waschbecken stand ein nagelneuer Zahnputzbecher, eine noch abgepackte Zahnbürste und die passende Krem dazu. Und im Gegensatz zu Aces Wohnchaos fand sie keinerlei tote Tiere.

      Zufrieden