Faust II. Johann Wolfgang von Goethe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Wolfgang von Goethe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754176894
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leisten,

      Der versteht und rasch ergreift.

      Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne.

      ARIEL.

      Horchet! horcht dem Sturm der Horen!

      Tönend wird für Geistesohren

      Schon der neue Tag geboren.

      Felsentore knarren rasselnd,

      Phöbus' Räder rollen prasselnd,

      Welch Getöse bringt das Licht!

      Es trommetet, es posaunet,

      Auge blinzt und Ohr erstaunet,

      Unerhörtes hört sich nicht.

      Schlüpfet zu den Blumenkronen,

      Tiefer, tiefer, still zu wohnen,

      In die Felsen, unters Laub;

      Trifft es euch, so seid ihr taub.

      FAUST.

      Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig,

      Ätherische Dämmerung milde zu begrüßen;

      Du, Erde, warst auch diese Nacht beständig

      Und atmest neu erquickt zu meinen Füßen,

      Beginnest schon, mit Lust mich zu umgeben,

      Du regst und rührst ein kräftiges Beschließen,

      Zum höchsten Dasein immerfort zu streben. –

      In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen,

      Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben,

      Tal aus, Tal ein ist Nebelstreif ergossen,

      Doch senkt sich Himmelsklarheit in die Tiefen,

      Und Zweig und Äste, frisch erquickt, entsprossen

      Dem duft'gen Abgrund, wo versenkt sie schliefen;

      Auch Farb' an Farbe klärt sich los vom Grunde,

      Wo Blum' und Blatt von Zitterperle triefen –

      Ein Paradies wird um mich her die Runde.

      Hinaufgeschaut! – Der Berge Gipfelriesen

      Verkünden schon die feierlichste Stunde;

      Sie dürfen früh des ewigen Lichts genießen,

      Das später sich zu uns hernieder wendet.

      Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen

      Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet,

      Und stufenweis herab ist es gelungen; –

      Sie tritt hervor! – und leider schon geblendet,

      Kehr' ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen.

      So ist es also, wenn ein sehnend Hoffen

      Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen,

      Erfüllungspforten findet flügeloffen;

      Nun aber bricht aus jenen ewigen Gründen

      Ein Flammenübermaß, wir stehn betroffen;

      Des Lebens Fackel wollten wir entzünden,

      Ein Feuermeer umschlingt uns, welch ein Feuer!

      Ist's Lieb'? ist's Haß? die glühend uns umwinden,

      Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer,

      So daß wir wieder nach der Erde blicken,

      Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier.

      So bleibe denn die Sonne mir im Rücken!

      Der Wassersturz, das Felsenriff durchbrausend,

      Ihn schau' ich an mit wachsendem Entzücken.

      Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend,

      Dann abertausend Strömen sich ergießend,

      Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend.

      Allein wie herrlich, diesem Sturm ersprießend,

      Wölbt sich des bunten Bogens Wechseldauer,

      Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfließend,

      Umher verbreitend duftig kühle Schauer.

      Der spiegelt ab das menschliche Bestreben.

      Ihm sinne nach, und du begreifst genauer:

      Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.

      Kaiserliche Pfalz. Saal des Thrones.

      Staatsrat in Erwartung des Kaisers. Trompeten. Hofgesinde aller Art, prächtig gekleidet, tritt vor. Der Kaiser gelangt auf den Thron, zu seiner Rechten der Astrolog.

      KAISER.

      Ich grüße die Getreuen, Lieben,

      Versammelt aus der Näh' und Weite; –

      Den Weisen seh' ich mir zur Seite,

      Allein wo ist der Narr geblieben?

      JUNKER.

      Gleich hinter deiner Mantelschleppe

      Stürzt' er zusammen auf der Treppe,

      Man trug hinweg das Fettgewicht,

      Tot oder trunken? weiß man nicht.

      ZWEITER JUNKER.

      Sogleich mit wunderbarer Schnelle

      Drängt sich ein andrer an die Stelle.

      Gar köstlich ist er aufgeputzt,

      Doch fratzenhaft, daß jeder stutzt;

      Die Wache hält ihm an der Schwelle

      Kreuzweis die Hellebarden vor –

      Da ist er doch, der kühne Tor!

      MEPHISTOPHELES am Throne knieend.

      Was ist verwünscht und stets willkommen?

      Was ist ersehnt und stets verjagt?

      Was immerfort in Schutz genommen?

      Was hart gescholten und verklagt?

      Wen darfst du nicht herbeiberufen?

      Wen höret jeder gern genannt?

      Was naht sich deines Thrones Stufen?

      Was hat sich selbst hinweggebannt?

      KAISER.

      Für diesmal spare deine Worte!

      Hier sind die Rätsel nicht am Orte,

      Das ist die Sache dieser Herrn. –

      Da löse du! das hört' ich gern.

      Mein alter Narr ging, fürcht' ich, weit ins Weite;

      Nimm seinen Platz und komm an meine Seite.

      Mephistopheles steigt hinauf und stellt sich zur Linken.

      GEMURMEL DER MENGE.

      Ein neuer Narr – Zu neuer Pein –

      Wo kommt er her? – Wie kam er ein? –

      Der alte fiel – Der hat vertan –

      Es war ein Faß – Nun ist's ein Span –

      KAISER.

      Und also, ihr Getreuen, Lieben,

      Willkommen aus der Näh' und Ferne!

      Ihr sammelt euch mit günstigem Sterne,

      Da droben ist uns Glück und Heil geschrieben.