Das Ergebnis zählt. Anja Gust. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anja Gust
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783748559047
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muss doch etwas essen und trinken. Bald wird er aufwachen.“

      Ich warte.

      „Es kann lange dauern.

      Tage.

      Wochen.

      Vielleicht noch länger“, sagt Mama und hält Omas Hand.

      Das kann ich nicht glauben. Mama ist kein Arzt.

      Opa liegt einfach da.

      Mama weint.

      Oma weint.

      Papa guckt aus dem Fenster.

      Die Sonne scheint.

      Der Himmel ist blau.

      Die Blumen blühen.

      Die Vögel zwitschern.

      Die Autos fahren.

      Die Flugzeuge fliegen.

      Die Kinder schreien.

      Alles wie immer, nur Opa liegt im Koma.

      Auch am nächsten Tag noch.

      Und am übernächsten.

      Und noch später.

      Oma sagt, es gibt dumme Fragen.

      Das hätte Opa niemals gesagt.

      Ich singe.

      Und bete.

      Aber es hilft nicht gegen die Angst.

      Nach einer Woche fahren Papa und ich wieder nach Hause.

      Opa bleibt im Krankenhaus.

      Mama bleibt bei Oma.

      Vierzehn Tage lang.

      Das klingt länger als zwei Wochen.

      Vierzehn Tage lang ohne Mama,

      Pfannkuchen,

      Gute-Nacht-Geschichten,

      Gute-Nacht-Kuss,

      begrüßen,

      verabschieden,

      Pflaster kleben,

      trösten und lachen.

      Papa hat keine Zeit dazu.

      Er macht den Haushalt.

      Und geht zur Arbeit.

      Er bezahlt die Rechnungen.

      Und passt auf mich auf.

      Endlich hat Opa ausgeschlafen.

      „Opa hat kein Koma mehr“, rufe ich.

      Mama verkündet gute Neuigkeiten:

      Es ist ein Wunder.

      Opa kann sitzen.

      Er kann gehen.

      Er spricht.

      Und er lächelt.

      Ich habe viele Fragen:

      „Was sagt er?

      Welcher Tag ist heute?

      Warum lacht er?

      Weil er gut und lange geschlafen hat?

      Ob er noch weiß, dass er mir sein Geheimnis schenken will?“

      Dann kommt Opa endlich nach Hause.

      Mit dem Krankenwagen.

      Ich erschrecke.

      Der lange Schlaf hat ihm nicht gutgetan.

      Er presst die Lippen zusammen.

      Und schließt die Augen.

      Eine Träne rollt über seine Wange.

      Ich halte seine Hand.

      Eine Amsel fliegt auf das Dach.

      Sie zwitschert ein Lied.

      Alles ist so anders.

      Mama hat einen Kuchen gebacken.

      Es will nicht richtig schmecken.

      Ich pflücke für den Opa ein paar Gänseblümchen.

      Er lächelt mich an.

      Leise spricht er: „Morgen kommt der Frühling. Weil der Kaufmann schließt.“

      „Komm, Kumpel. Wir gehen nach Hause“, sagt Papa zu mir und steht auf.

      Jeder Tag von mir ist anders.

      Logo.

      Bei Opa nicht.

      Alles ist gleich:

      Krankengymnastik.

      Schlafen.

      Arztbesuche.

      Schlafen.

      Übungen.

      Schlafen

      Tabletten.

      Schlafen.

      Ich muss mir die Tränen verkneifen.

      Scheißmillion, denke ich.

      Oma ist die beste Köchin der Welt.

      Das hat Opa immer behauptet.

      Diese Erbsensuppe.

      Und erst der Apfelkuchen.

      Opa lobt Oma nicht mehr.

      „Was soll ich das nächste Mal kochen?“ fragt mich Oma und guckt verzweifelt.

      „Nudeln mit Tomatensoße“, sage ich, wie jedes Mal.

      Dann kommt Frau Sommer.

      Frau Sommer ist eine Meisterin.

      Sie hilft Opa.

      Beim Turnen.

      Beim Laufen.

      Vielleicht sollte ich mal mit Frau Sommer reden.

      Vielleicht turnt sie auch mit Opas Kopf.

      Und holt die Million wieder hervor.

      Heute sitzt Opa mit einer Decke im Garten.

      Ich setzte mich dazu.

      Wir blicken den Schmetterlingen nach.

      „Nun, mein Sohn. Wie geht es deiner Frau?“

      „Ich bin nicht Papa. Du verwechselst mich. Ich bin Max-Tarde.“

      „Siehst du auch die fremden Menschen in unserem Teich?“ Opa runzelt die Stirn.

      „Ich muss noch Hausaufgaben machen“, sage ich und will aufstehen.

      „Oh, ja. Schule ist wichtig.“

      Plötzlich flüstert er in mein Ohr: „Ich habe eine Million.“

      Mein Herz klopft ganz laut.

      Endlich, denke ich.

      Opa lacht.

      Dann friert er und will ins Haus.

      Nachdenklich gehe ich nach Hause.

      Eine Million, wenn ich eine Million Meter bis nach Hause laufen müsste.

      Wie viele Kilometer sind das?

      Und wie viele Schritte?

      Ob die Schule alles ist im Leben?

      Abends liege ich lange wach.

      Mir geht noch mal Opas Million durch den Kopf.

      Etwas muss ja dran sein.

      Er fing ganz von selbst davon an.

      Nach all dem langen und vielen Schlafen.